BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Leserbrief zum Artikel "Verachtet mir die Meister nicht" im Tagesspiegel vom 17.07.03
Sehr geehrte/r Herr/Frau Diening,
niemand verachtet die Meister, schon gar nicht Männer mit überdurchschnittlichem Können und Idealismus wie den Fleischermeister Staroske. Verachtet von den Meistern werden aber die gut ausgebildeten Gesellen, die hierzulande seit dem Mittelalter nicht selbständig tun dürfen, was sie am besten können.
Das von Ihnen dargestellte Wurstküchenidyll ist nicht repräsentativ für die Ausbildungssituation im Handwerk. In der Realität geht es meist viel weniger romantisch zu - vielleicht machen Sie mal eine Umfrage unter Auszubildenden zum Thema "Wer bildet aus- Meister oder Geselle".
Ich zum Beispiel habe zum Beginn meiner Tischlerlehre in Bayern Ende der 80er Jahre Monate mit einem Gesellen auf Baustellen verbracht. Den Meister sah ich dort nie, die Werkstatt betrat er 2 mal täglich für 10 - 15 Minuten.
Körperliche und charakterliche Anpassungen an einen Beruf sind weder auf die 94 Handwerksberufe, noch auf Deutschland beschränkt und solche Tugenden wie Fleiß, Geduld und Hingabe an die Arbeit treten auch außerhalb des Handwerks auf und werden durch den Meisterzwang nicht weiter gefördert.
Um es klarzustellen: Tatsächlich strebt niemand in Deutschland eine Abschaffung oder auch nur Veränderung des bewährten Berufsausbildungsmodells im Handwerk an. Es sind nur die Interessenverbände des Meisterhandwerks selbst, die mit Ausbildungsboykott drohen für den Fall, daß ihr Monopol auf billige Hilfskräfte angetastet wird.
Ob ein Meister oder ein Geselle dem Lehrling zeigt, wie er das Werkzeug halten muß, ist nicht entscheidend für den Lernerfolg. Das weiß jeder, der schon mal eine italienische Salami oder ein französisches Brot gegessen hat. Darum müssen endlich auch in der Sonderwirtschaftszone Handwerk die gleichen Regeln gelten wie in der freien Wirtschaft. Das gilt gleichermaßen für den Zugang zur Selbständigkeit wie auch für die Ausbildungsberechtigung.
Tätigkeiten wie das Legen von Eisbein in Lake oder das Kochen von Würsten, die vor wenigen Jahrzehnten noch jeder Bauer selbstverständlich selbst ausführte, können nicht "Eigentum" der Meisterverbände sein. Halbe und ganze Huftiere werden auch von Fachfremden jeden Sonnabend im Tiergarten zerlegt und zubereitet.
Wenn Sülze und Eisbein aus der Hand des Meisters besser schmecken als die Bulette vom selbständigen Gesellen, wer muß sich denn dann verteidigen? Und falls doch der Geselle besser oder billiger Rinder zerlegt als der Meister, dann ist das zwar schlecht für den Meister, aber gut für uns alle.
Bernd Kuhn
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