Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
In Niedersachsen und wohl auch in anderen Bundesländern werden
"Ermittler" von Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und
Innung unter Vertrag genommen.
Daran wäre nichts zu beanstanden, wenn diese "Ermittler" wie
Detektive tätig wäre.
Diese "Ermittler" wurden jedoch häufig von Städten und Kreisen
mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet.
Gemäss § 46 Abs.2 OWiG gilt : "Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten". Bei der Verfolgungsbehörde handelt es sich also - wie bei der Staatsanwaltschaft - um ein "Organ der Rechtspflege". Dies aber stellt an das Personal, seinen Status und sein Handeln, besondere rechtsstaatliche Anforderungen.
"...zum Rechtsstaat (gehört) zwangsläufig eine gewisse Neutralität ..." (Hamann-Lenz, GG, 3. Auflage, Vorbemerkung D. 1 B 5 (S. 61) ), in staatlicher Funktion Handeln ist wesensgemäss unvereinbar mit einem "Handeln in eigener Sache" (vergleiche hierzu z.B. die Regelungen in den Gemeindeordnungen der Länder betreffend Gemeinderatsmitglieder bei Beschlussfassungen des Gemeinderates, in denen ihre "eigenen Angelegenheiten" berührt sind (z.B. durch einen zu beschließenden Bebauungsplan, der auch ein Grundstück des Gemeinderatsmitglieds oder eines seiner Angehörigen enthält). Solche Gemeinderatsmitglieder sind in der Regel von der Beschlussfassung ausgeschlossen. Stimmen sie doch mit, so sind die Beschlüsse zumindest anfechtbar).
Die besonderen rechtsstaatlichen Anforderungen an die Neutralität, an die Nicht-Interessiertheit der Organe der Rechtspflege an einem bestimmten Ausgang der Verfahren sind d i e maßgebliche Begründung zur Rechtfertigung eines Berufsbeamtentums und einer Berufs-Richterschaft. Richter oder Staatsanwälte mit Ein-Jahres-Kettenarbeits-verträgen und "Kopfprämien" für erfolgte Verurteilungen - je höher desto günstiger - wären das Horrorbild eines absoluten Unrechtsstaates. Ein solcher Status von Richtern und Staatsanwälten ist daher - soweit bekannt - in Deutschland nie ernsthaft erwogen worden, auch nicht im "Dritten Reich".
Es ist nicht erkennbar, warum diese Beurteilung - die für den Bereich des Normal-Strafrechts wohl auf einhellige Zustimmung stoßen dürfte - für den Bereich des Bagatell-Strafrechts - d.h. das Ordnungswidrigkeitenrecht - nicht auch zutreffend sein sollte. § 46 OWiG stellt Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich gleich, in Absatz 2 ausdrücklich bezogen auf die Verfolgungsbehörde, und vollzieht damit, was sich aus Art. 20, 19 Abs.4 GG bereits mit Verfassungsrang ergibt. Die gleichfalls mit Verfassungsrang ausgestattete "Unschuldvermutung" (Art. 1, 20, 103 GG) liefe leer, wenn durch einseitige, interessengebundene Ermittlungen das Ergebnis (organisatorisch legal) verzerrt werden könnte. Was nicht korrekt ermittelt wurde, kann von späteren Beurteilungen nicht erfasst werden. Daher sieht § 160 Abs.2 StPO ja ausdrücklich vor :
"Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist".
Nur eine personelle und verfahrensmäßige Organisation der Strafverfolgung, die - im Großen wie im Kleinen - Neutralität, Interessen-Ungebundenheit und gleichmäßige Sorgfalt im Detail der Ermittlungsarbeit sicherstellt, entspricht der "Unschuldsvermutung" wie den allgemeinen Grundsätzen rechtsstaatlicher Strafrechtspflege. Irgendwelche "Sherifs" oder andere Wild-West-Gestalten haben hier keinen Platz.
Die Vorschriften des Niedersächsischen Gefahrenabwehrgesetzes (NGefAG) und der Vollzugsbeamtenverordnung (VollzBeaVO) sind in erster Linie für die Fälle normaler Verwaltungsarbeit gemacht, nicht für die Strafrechtspflege. Dies macht das Gesetz u.a. durch die verschiedenen deutlich unterscheidenden Vorschriften für die Polizei (als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft) und spezifisch polizeiliche Tätigkeiten klar, so auch bei der Regelung der sachlichen Zuständigkeit in § 101 Abs.1 - 3 NGefAG. In § 101 Abs.4 werden dann - als eigenständige Aufgaben ! - "Aufgaben ... wegen der Nichtbeachtung von Gebots- und Verbotsvorschriften des Bundes- und Landesrechts" angesprochen - also die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten - und der Behörde zugeordnet, "der die Ausführung dieser Vorschriften obliegt ...". Diese Besonderheit der "Aufgaben ... wegen der Nichtbeachtung von Gebots- und Verbotsvorschriften des Bundes- und Landesrechts" als "Strafrechtspflege" muss sich auch bei den ausführenden Vollzugsbeamten widerspiegeln. § 2 Abs.1 1.Hs VollzBeaVO ("Zu Verwaltungsvollzugsbeamtinnen oder Verwaltungsvollzugsbeamten sollen nur Personen bestellt werden, die in einem Beamten- oder Dienstverhältnis stehen; ...") entspricht dem grundsätzlich, wenn man berücksichtigt, dass die in § 1 VollzBeaVO genannten Aufgaben zunächst einmal reine Verwaltungsaufgaben sind und in der Regel keine Aufgaben der Rechtspflege. Im Rahmen des in § 2 Abs.1 1.Hs VollzBeaVO genannten - bereits erheblich eingeengten - Spektrums von Anstellungsformen kommt danach für Strafrechtspflege-Aufgaben wesensgemäß nur ein Berufsbeamtenverhältnis in Frage, wie bei der Staatsanwaltschaft.
Da es sich bei den "Anstellungsverhältnisen" vieler "Ermittler" in Niedersachsen gerade nicht um ein geschütztes Lebenszeit-Beamtenverhältnis handelte sondern um ungesicherte kurzfristige freie Dienstleistungsverhältnise, entspricht es nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Anstellungsverhältnisse von Organen der Rechtspflege.
Dadurch, dass diese "Ermittler" von Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und Innungen bezahlt werden wird in eklatater Weise das staatliche Gewaltmonopol außerkraft gesetzt.
Faire Verfahren, sind durch diese rechtswidrigen Ermittlungsmethoden nicht mehr gegeben.
Immerhin zeigt sich, daß die von den Ordnungsbehörden aufgrund solcher "Ermittlungen" verhängten Bußgelder vor Oberlandesgerichten keinen Bestand haben. (siehe)
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