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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Niedersachsens Landesregierung kriminalisiert Handwerksbetriebe

BUH lehnt die niedersächsische Bundesratsinitiative zur Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und des Telekommunikationsgesetzes als völlig unangemessen und wettbewerbsverzerrend ab.

Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH) lehnt eine Bundesratsinitiative der niedersächsischen Landesregierung (BR 356/11) ab, nach der Kommunen künftig für die Bekämpfung der Schwarzarbeit mit weitreichenden strafrechtlichen Befugnissen zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ausgestattet werden sollen.

Der Gesetzentwurf ermächtigt kommunale Ordnungsbehörden unter anderem dazu, unangemeldet und ohne richterlichen Beschluss (grundgesetzlich geschützte) Wohn- und Geschäftsräume zu betreten und Unterlagen zu beschlagnahmen. Solchen Maßnahmen hatte das Bundesverfassungsgericht 2008, nach zahlreichen Klagen von Handwerkern enge Grenzen gesetzt, die der jetzt vorliegende Entwurf gänzlich missachtet. Außerdem sollen die Ordnungsämter auf Personen- und Telefondaten von Handwerkern zugreifen können, wenn diese verdächtigt werden vermeintlich "unerlaubte Werbemaßnahmen" für ihr Handwerk zu betreiben.

"Die Bundesratsinitiative stellt Handwerker mit oder ohne Meisterbrief wieder einmal unter den Generalverdacht der Schwarzarbeit, sie behindert das Gewerbeleben und führt zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung", kritisiert BUH-Vorstandsmitglied Oliver Steinkamp. "Anstatt legal arbeitende und steuerzahlende Handwerker zu verfolgen und einzuschüchtern, soll Wirtschaftsminister Jörg Bode lieber dafür sorgen, dass die Behörden Existenzgründer rechtssicher beraten und sie bei der Gewerbeausübung unterstützen", fordert Steinkamp weiter.

Die kritisierte Gesetzesvorlage hatte das Kabinett Anfang Juni 2011 auf einer Klausur beschlossen. Eine weitgehend inhaltsgleiche Bundesratsinitiative des Landes Niedersachsen scheiterte 2005 an der Ablehnung der Großen Koalition. Begründung damals: Werbeverbote und Bußgelder widersprächen der Liberalisierung des Gewerbelebens und den Absichten der Handwerksnovelle von 2004.

Protest vor dem Bundesfinanzministerium

Protest vor dem Bundesfinanzministerium, März 2011

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150ster Tag der Gewerbefreiheit

Jubiläum: 150ster Jahrestag der Gewerbefreiheit, 4.April 2011 in Bremen

Hintergrundinformationen:

Zuständigkeiten

Die Zuständigkeit für die Aufdeckung von Schwarzarbeit im umgangssprachlichem Sinne, wie etwa "Steuerhinterziehung" oder "Sozialmissbrauch" liegt bei den Zollbehörden. Demgegenüber verfolgen die Bundesländer und kommunalen Ordnungsbehörden lediglich unkorrekt angemeldete Betriebe, sowie Handwerksunternehmen, die keinen Meistertitel führen. Hier handelt es sich nicht um Straftaten (wie z. B. Steuerhinterziehung), sondern allenfalls um Ordnungswidrigkeiten. Trotz der geringeren Schwere der Vergehen fordert die Gesetzesinitiative ähnlich harte Verfolgungsinstrumente wie bei Straftaten.

Unerlaubte Werbemaßnahmen

Die Ordnungswidrigkeit einer unerlaubten Werbemaßnahme liegt nach der neuen Gesetzesinitiative vor, wenn ein Handwerker ohne Meisterbrief mit Tätigkeiten wirbt, die ein zulassungspflichtiges Handwerk darstellen. Ausschließlich dafür schreibt die Handwerksordnung das Führen eines Meisterbriefs vor. Die genaue Abgrenzung ist in der Praxis (zum Beispiel bei der Werbung in einer Kleinanzeige) allerdings sehr schwierig, da es mehr als 50 zulassungsfreie Handwerke und fast 60 weitere - ebenfalls nicht zulassungspflichtige - handwerksähnliche Gewerbe gibt. Die Grenzen zu den zulassungspflichtigen Handwerken sind selten eindeutig zu ziehen

Rechtmäßigkeit von Maßnahmen bei der Aufdeckung von Schwarzarbeit

In mehr als 20 Klageverfahren nach Hausdurchsuchungen bei meisterfreien Handwerkern haben die Richter am Bundesverfassungsgericht ab 2007 sehr hohe Maßstäbe für behördliche Betretungen von Betrieben aufgestellt. Die aktuelle Bundesratsinitiative Niedersachsens missachtet diese höchstrichterlichen Vorgaben gänzlich.Hausdurchsuchungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung

Kritik am Gesetzentwurf

Kritik am Gesetzesentwurf: An vielen Stellen hat die niedersächsische Landesregierung die Kritik der Bundesregierung aus 2006 im neuen Gesetzentwurf unberücksichtigt gelassen. So hatte die Bundesregierung damals, das auch schon 2005 begehrte Werbeverbot mit einer ganzen Reihe von Gründen abgelehnt. Beispielsweise widerspräche ein solches Verbot einer Liberalisierung des Gewerbelebens und der Intention der Handwerksnovelle von 2004. Zum andern hätten die Verfasser den wesentlichen Unterschied zwischen Prüfungs- und Ermittlungsaufgaben nicht erfasst. Insgesamt missachten die Autoren sowohl des alten, als auch des aktuellen Entwurfs den Unterschied zwischen Ordnungswidrigkeits- und Strafverfahren. Bundestagsdrucksache (S. 10 - 12).

Die Landesregierungen haben ihre Kommunen darin zu unterstützen, das örtliche Gewerbeleben zu festigen und Gewerbebetriebe bei Problemen zu unterstützen. Jedem Betrieb muss umfangreiche Beratung und Förderung zu Gute kommen. Stattdessen setzen die Regierenden in Hannover wieder einmal alles auf neue, noch repressivere Gesetze. Demnach sollen Gemeinden ihre Haushaltslöcher eher mit Bußgeldern aus Gewerberechtsverfahren stopfen, als Gewerbeförderung zu betreiben. Es ist ein Skandal, dass die Landesregierung in Hannover tatenlos zuschaut, wie zahlreiche Kommunen immer noch regelmäßig unkorrekte Gewerbegenehmigungsverfahren durchführen.

Drei Sachverhalte zum Grübeln:

1.Warum darf jeder meisterfreie Eisdielen-Betreiber (zu Recht) auf Unterstützung der Gewerbebehörden hoffen, während der (ebenfalls mit Milch und Eiern hantierende) Konditor in Niedersachsen verfolgt wird, wenn er keinen Meistertitel vorweist?

2.Warum sollen - nach dem Entwurf der Niedersachsen - meisterfreie Bäckerbetriebe nicht mehr für sich werben dürfen, während jedes Restaurant ohne Meistertitel für seine Küche werben kann, wie und so viel es möchte?

3.Warum unterstützt Niedersachsen Industriebetriebe und per "Einheitlichem Ansprechpartner" jeden Europäischen Handwerksbetrieb beim Marktauftritt zwischen Harz und Küste, während es mit der neuen Bundesratsinitiative auf meisterfreie Betriebe in den Gemeinden einprügeln möchte?

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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