Tag des Handwerks
Das Bundesverwaltungsericht in Leipzig hat in einer Entscheidung am Mittwoch unter anderem deutlich gemacht, dass der Meisterzwang als Voraussetzung für eine Existenzgründung im Handwerk in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz steht - diese Entscheidung kritisiert der BUH in aller Schärfe.
Das Gericht verwies aber auch die Handwerkskammern in ihre Schranken und stellte klar, dass die Kammern gegenüber den Handwerkern nicht regelungsbefugt sind und Menschen die Ausübung bestimmter Tätigkeiten nicht untersagen dürfen, wenn sie nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden wollen. Allein die kommunalen Verwaltungsbehörden haben darüber zu befinden.
Pressemitteilung des Berufsverbandes unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e.V.
Oliver Steinkamp vom Vorstand des BUH: "Eine Zementierung des europaweit einmaligen Meisterzwangs durch das Bundesverwaltungsgericht werden wir als unabhängige Handwerker nicht hinnehmen und weiter dafür kämpfen, dass nicht ein vergilbter Meisterbrief darüber entscheidet, ob jemand sein Handwerk selbständig in Deutschland ausüben darf. Wir wollen, dass Handwerker ihre hochwertigen Leistungen unabhängig vom Vorliegen eines Meistertitels dem Kunden anbieten dürfen. Dort wo gefahrengeneigte Tätigkeiten verrichtet werden, müssen Sicherheitsbestimmungen natürlich berücksichtigt werden - das gewährleistet der Meisterbrief aber in keiner Weise!"
Der Berufsverband unabhängiger Handwerker und Handwerkerinnen - BUH e.V. tritt für die Gewerbefreiheit im Handwerk ein, berät Handwerker im Reisegewerbe und bietet Seminare für Existenzgründer im Handwerk mit und ohne Meisterbrief.
Hintergrundinformationen:
Weltweit fast einzigartig
Handwerker in Deutschland müssen in zulassungspflichtigen Gewerken einen Meisterbrief vorweisen - in keinem anderen EU-Land außer Luxemburg ist dieser die Voraussetzung für eine Existenzgründung. Möchte ein selbständiger Handwerker aus dem EU-Ausland in Deutschland ein Unternehmen gründen, so muss er z.B. 6 Jahre als Selbständiger in seinem Heimatland gearbeitet haben. Diese Möglichkeit ist den Handwerkern in Deutschland verwehrt, weil sie ohne Meisterbrief nicht selbständig arbeiten dürfen. So bleibt Ihnen nur der Nachweis einer vierjährigen Tätigkeit in einer 'leitenden Position, die ihnen jedoch von ihrem Chef wegen Furcht vor Konkurrenz regelmässig verweigert wird. Von gleichen Chancen kann hier also keine Rede sein.
Kompetenzbeschneidung aller Handwerkskammern
Die vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ergangene Entscheidung zur Meisterpflicht im Handwerk stellt 7 Jahre nach der entscheidenen Änderung der Handwerksordnung - klar, dass Handwerkskammern gegenüber Handwerkern nicht reglungsbefugt sind, wenn diese ausserhalb der Handwerksordnung ein Handwerk selbständig gewerbsmässig betreiben möchten. In jedem Falle ist die aufsichtführende Verwaltungsbehörde zuständig. Ein Initiativrecht der Kammern, ein Gewerbeuntersagungsverfahren einzuleiten, gibt es nicht mehr, so die Entscheidung heute.
Insofern konnte das Verfahren einer Frisörin, gegen die Handwerkskammer Köln keinen Erfolg haben, da ausschliesslich die aufsichtführende Verwaltungsbehörde, also die kommunale Ordnungsbehörde zuständig gewesen wäre, so der 8. Senat in Leipzig heute.
Handwerkskammern können nur intern, also gegenüber Behörden Stellungnahmen verfassen, haben sich gegenüber den Antragstellern aber in keinster Weise zu verhalten. Insofern ist diese höchstrichterliche Klarstellung ein Erfolg für alle freien Handwerker in Deutschland.
Das Gericht hat explizit nicht gesagt, "dass bestimmte Tätigkeiten ohne einen solchen Qualifikationsnachweis und ohne Eintragung in die Handwerksrolle (nicht) ausgeübt werden dürfen...", sondern lediglich festgestellt, dass die Frisörin ihr Begehren hätte gegen die Verwaltungsbehörde - in diesem Falle dem Ordnungsamtes oder der Gewerbebehörde ihres Heimatortes hätte richten müssen.
Sofern die Ausübung eines Handwerks vom Bestehen einer Meisterprüfung abhängig sei, sei der Meistzerwang weiterhin verfassungsgemäss. Das aber hatte die Friseurin auch gar nicht in Frage gestellt. Es ging ihr darum, einzelne Tätigkeiten des Frisierens ausüben zu dürfen.
Inländerdiskriminierung
Aufgrund europarechtlicher Regleungen sind in Deutschland auch Handwerker tätig, die ein niedrigschwelligeres oder gar kein Berufszeritfikat vorweisen können. Diese grosszügigen Bestimmungen verpflichten den deutschen Gesetzgeber jedoch nicht - so die Verwaltungsrichter heute, den Berufszugang für im Inland ausgebildete Handwerker ebenso auszugestalten. Während also Franzosen, Portugiesen und Tschechen in Deutschland meisterfrei handwerken können, wird dies einheimischen Menschen, mit oder ohne hier erworbenen Gesellenbrief versagt.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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