Ermittler ohne Rechtsgrundlage? / Bekämpfung konkurrierender Handwerker / Behörde mauert seit einem Jahr
Verden - Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH e.V.) fordert vom Landkreis Osnabrück die inhaltliche Offenlegung von Verträgen mit der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer.Darin geregelt sind die Modalitäten der Beschäftigung eines gemeinsamen Ermittlers, der seit März 2012 beim Gemeindeverband angestellt ist. Eingesetzt wird er im Außendienst, speziell für Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der "unerlaubten Handwerksausübung". Bezahlt wird er unter anderm mit Geldern der Kreishandwerkerschaft und der Handwerkskammer, die möglicherweise sogar an den Einnahmen aus verhängten Bußgeldern beteiligt sind.
Die Beantwortung kritischer Fragen, etwa zur Zulässigkeit der besonderen Finanzierungs-form oder dem Verbleib von Bußgeldern, lehnt der Landkreis seit rund einem Jahr, mit dem lapidaren Verweis auf datenschutzrechtliche Bedenken, ab.
"Die Finanzierung eines Fahnders mit Geldern der "Interessenvertretung von Meisterbetrieben" untergräbt die Neutralität und die Unabhängigkeit der Ordnungsbehörden. Ich halte diese Regelung für rechtlich fragwürdig", sagt BUH-Vorstand Jonas Kuckuk.
Hintergrundinformationen:
Nach dem Gesetz sind (neben dem Zoll) allein die kommunalen Ordnungsbehörden (Ordnungsämter) für die Ermittlung, Aufdeckung und Ahndung bestimmter Formen von Schwarzarbeit ("unerlaubte Handwerksausübung", z.B. wegen fehlendem Meisterbrief) zuständig. Eine Übertragung dieser hoheitlichen Aufgaben oder eine Beteiligung Anderer an deren Finanzierung, ist nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber wollte so sicherstellen, dass jegliche Einflußnahme auf Ordnungswidrigkeitenverfahren oder die Festsetzung von Bußgeldern ausgeschlossen ist. Ebenso gehört es, nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung), nicht zu den Aufgaben der Kreishandwerkerschaft, sich in einer solchen Weise an der Bekämpfung von Schwarzarbeit zu beteiligen.
"Ich frage mich, wie jemand vorurteilslos ermitteln kann, der auf der Gehaltsliste von Kreishandwerkerschaft und Handwerkskammer steht", so Kuckuk. Die Erfahrung des BUH hat gezeigt, dass solche Fahnder aufgrund ihrer Nähe zu Kreishandwerkerschaften und Handwerkskammern, oft nicht neutral ermitteln und nur in den seltensten Fällen auch entlastende Tatbestände prüfen.
"Handwerks- und Gewerbeordnung sehen zahlreiche Ausnahmen von der Meisterpflicht vor, doch die Fahnder nehmen Sie einfach nicht zu Kenntnis!", stellt Kuckuk fest.
So dürfen etwa Trockenbauer in gewissen Umfang (unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb) auch klassische Maurerarbeiten durchführen, also zum Beispiel eine Wand neu verputzen. Ebenso dürfte ein Handwerker, der hauptsächlich genormte Baufertigteile, wie Fenster- Türen oder Küchen einbaut, auch einmal selbst einen Wandschrank konstruieren und einbauen. Und auch Reisegewerbetreibende dürfen ganz legal und ohne Meisterbrief als Zimmerleute oder Tischler tätig sein.
"Viele Fahnder erklären jedoch kurzerhand jegliche Handwerksausübung ohne Meisterbrief zur "unerlaubten Handwerksausübung", welche die Odnungsämter dann als Schwarzarbeit verfolgen und mit hohen Bußgeldern belegen. Und das obwohl die Betroffenen regelmäßig Steuern und Abgaben zahlen. Diese Art der Bekämpfung von legal arbeitenden Handwerkern ohne Meisterbrief muss endlich aufhören", fordert Kuckuk.
Die unklare Rechtslage, die besondere Form der Finanzierung sowie der ungeklärte Verbleib der Bußgelder bilden einen Zustand, den der BUH nicht länger hinnehmen will. Der Berufsverband fordert die Behörde deshalb auf, endlich die Fakten offen zu legen, anstatt sie fortgesetzt zu verschleiern. "Die Behörde sollte selbst beherzigen, was sie ganz selbstverständlich täglich von Gewerbetreibenden fordert: Offenheit und Transparenz", sagte Kuckuk.
Bis dahin rät der BUH e.V. allen Handwerkern unbedingt Rechtsmittel einzulegen, falls gegen sie ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eröffnet oder ein Bußgeldbescheid wegen "unerlaubter Handwerksausübung" erlassen wird.
Betroffenen Handwerkern empfiehlt der BUH, sich an seine Geschäftsstelle in Verden zu wenden.
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Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH e.V). tritt für die Gewerbefreiheit im Handwerk ein, berät Handwerker im Reisegewerbe und bietet Seminare für Existenzgründer im Handwerk an - mit und ohne Meisterbrief.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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