Hallo Bauhandwerkerinnen* und Freundinnen*! Seid alle herzlich willkommen zum 30. BauHandwerkerinnen*Treffen!
Das jährliche Treffen der Frauen* aus dem Bauhauptgewerbe findet seit 1987 jährlich statt.
Es entstand aus einer Initiative gegen das bis 1994 in der BRD geltende Beschäftigungsverbot für Frauen im Bauhauptgewerbe. Dieses diskriminierende Verbot erscheint wie aus der Zeit gefallen, weshalb es in diesem Beitrag genauer dargestellt werden soll. Ob sich seit der Aufhebung des Beschäftigungsverbots die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für Frauen im Bauhauptgewerbe verbessert haben? Dieser Frage wollen wir ebenfalls nachgehen. Zum Schluss stellen wir Euch das Programm des diesjährigen Treffens vor.
Das Bedürfnis von Bauhandwerkerinnen* und solchen, die es werden wollen, sich einmal im Jahr zu einem bundesweiten Treffen zu versammeln, ist stetig gewachsen. Wir treffen uns jedes Jahr in einem anderen der 16 Bundesländer Deutschlands, um uns auszutauschen, praktisch zusammenzuarbeiten, um uns fortzubilden, zu organisieren und unsere Meinung zu beruflichen und politischen Themen zu bilden, aber auch um uns zu erholen, zu feiern und Spaß zu haben unter Bauhandwerkerinnen*.
Heute ist das BHT ein Berufsnetzwerk von und für Frauen, transsexuelle/ trans* und intersexuelle Menschen im Baugewerbe. Es steht also außer Frauen auch allen „dritten Geschlechtern“ offen, die ihre geschlechtliche Identität weder als Frau noch als Mann oder sowohl als Frau und Mann bezeichnen oder deren Geschlechtsidentität von dem bei der Geburt registrierten Geschlecht abweicht. Für diese geschlechtliche Bandbreite steht das Sternchen hinter Bauhandwerkerinnen*. Handwerkerinnen* aller Bauberufe, also nicht mehr nur des Bauhauptgewerbes, und Freundinnen* können zu den Treffen anreisen.
Das Beschäftigungsverbot für Frauen im Bauhauptgewerbe als Kristallisationspunkt der Treffen soll im Folgenden näher betrachtet werden.
Zur Geschichte des Beschäftigungsverbots für Frauen im Bauhauptgewerbe
Die Geschichte des Beschäftigungsverbots lässt sich bis ins Deutsche Kaiserreich zurückverfolgen.In der Baubranche waren seit Ende des 19.Jahrhunderts viele Frauen als Bauhelferinnen tätig. Als „Mörtelweiber“ mischten und transportierten sie Mörtel, Steine und andere Baustoffe auf den Baustellen, als Arbeiterinnen waren sie in Ziegeleien, Kokereien, Bergwerken und mit anderen schweren und gefährlichen Arbeiten beschäftigt. Überlange Arbeitszeiten, schwere körperliche Belastung und geringe Löhne führten zur Verelendung und Gesundheitsschäden von erwerbstätigen Frauen, denen die Regierung mit Beschäftigungsverboten beizukommen suchte. Besondere Frauenarbeitsschutzvorschriften waren erstmals in der Gewerbeordnung von 1878 enthalten. In der Folgezeit wurden dann auf dieser Grundlage für einzelne Gewerbezweige generelle Beschäftigungsverbote für Frauen erlassen. Die Novelle der Gewerbeordnung von 1912 untersagte Gewerbetreibenden u.a., Arbeiterinnen zum Transport von Materialien auf Bauten aller Art zu verwenden.
Unerwünscht waren Frauen auch bei dem Deutschen Bauarbeiterverband, dem Vorläufer der heutigen Gewerkschaft IG BAU, der die Auffassung vertrat, „dass die Frauen wegen der Schwere der Arbeit und der damit verbundenen sittlich-sanitären Gefahren nicht auf Bauten gehörten.“
Der Reichsarbeitsminister der NS-Regierung übernahm das Beschäftigungsverbot von 1912 und fügte es in die Arbeitszeitordnung (AZO) von 1938 ein. In der Ausführungsverordnung zur AZO verbot er darüber hinaus, Frauen „bei Bauten aller Art mit den eigentlichen Betriebsarbeiten“
zu beschäftigen, womit er das Beschäftigungsverbot für Frauen im Baugewerbe ausweitete und faktisch ein Berufsverbot für Frauen in den Bauberufen festbetonierte.Während und nach den beiden Weltkriegen galten andere Regeln, die Verbote wurden zeitweilig außer Kraft gesetzt. Im ersten Weltkrieg kamen Frauen bei kriegswichtigen Bauarbeiten zum Einsatz. Im zweiten Weltkrieg räumten u.a. ausländische KZ-gefangene Frauen Trümmer nach Bombenangriffen. Nach dem Weltkrieg gestattete die alliierte Kommission den deutschen Behörden, Frauen bei der Enttrümmerung einzusetzen oder dies zu erlauben.
1955 wurde das Beschäftigungsverbot in der BRD uneingeschränkt wieder in Kraft gesetzt.
Die Gleichstellungspolitik der DDR, die auf die Berufstätigkeit der Frau als Normalfall und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgerichtet war, unterschied sich deutlich von der Frauen- und Familienpolitik in der BRD. In der DDR gab es kein Beschäftigungsverbot für Frauen in der Baubranche. Der Gesundheitsschutz für Frauen bei Bauarbeiten wurde durch Vorschriften wie z.B. niedrigere Gewichtsgrenzen beim Tragen schwerer Lasten geregelt. Zwar blieben auch in der DDR die Baufacharbeiterinnen Ausnahmeerscheinungen auf den Baustellen, es gab aber Baggerfahrerinnen und über den meisten Kranbaustellen der DDR steuerten Kranführerinnen die Kräne.
Ab etwa 1965 wurde in der BRD Kritik an den Beschäftigungsverboten für Frauen vorgetragen. Ihre Bedeutung als Frauenarbeitsschutzbestimmungen wurde in Frage gestellt und auf die berufliche Diskriminierung von Frauen hingewiesen, die ohne Rücksicht auf ihre individuelle Eignung durch solche Beschäftigungsverbote von bestimmten Berufen und Tätigkeiten ausgeschlossen wurden. Bereits 1970 verpflichtete sich die Bundesregierung, die Beschäftigungsverbote zu überprüfen. 1980 erstellte der Bundesarbeitsminister eine Liste der für Frauen zugelassenen Bauberufe. Alle Tätigkeiten im Bauhauptgewerbe, das Fahren und Warten maschineller Betriebseinrichtungen eingeschlossen, blieben Frauen aber weiterhin verschlossen.
Trotz Verbots gelang es Frauen, Berufe des Bauhauptgewerbes zu erlernen und diese auszuüben. Ab 1987 taten sich Frauen aus dem Bauhauptgewerbe in der BRD zu einem jährlichen Treffen zusammen. In vielen, teils sehr kontroversen Diskussionen, in Interviews, Artikeln und Aktionen setzten wir uns für unsere unbeschränkte Berufsausübung ein. Gegenüber der hartnäckigen Widerrede u.a. aus der IG Bau vertraten wir unseren Standpunkt, wie sich Gesundheitsschutz für alle mit dem freien Zugang von Frauen zum Bau vereinbaren lässt.
1991 machte der Beitritt der neuen Bundesländer zur BRD, auch „Wiedervereinigung“ und auf dem Gebiet der ehemaligen DDR auch „Wende“ genannt, eine rechtliche Vereinheitlichung der ehemals getrennten Staaten erforderlich. Weiter stellten eine Reihe grundlegender Gerichtsurteile das Beschäftigungsverbot von Frauen auf Baustellen und das Nachtarbeitsverbot für Frauen in Frage. 1992 sprach die Zimmerin Pia Wahl für sich und uns im Bundestag. Der Bauboom Anfang der 1990er Jahre erhöhte die Nachfrage nach Bauarbeitskräften. Diese verschiedenartigen Kräfte wirkten in der Summe in eine Richtung: 1994 wurden das Beschäftigungsverbot im Bauhauptgewerbe und das Nachtarbeitsverbot für Frauen im Rahmen einer großen Novelle der Arbeitszeitordnung aufgehoben.
Was hat sich getan, seit das Verbot aufgehoben wurde? Gibt es jetzt mehr Frauen im Bauhauptgewerbe?
Das Beschäftigungsverbot stand Frauen bis zum 30.Juni 1994 als bürokratisches Hindernis im Weg, wenn sie im Bauhauptgewerbe einen Beruf erlernen oder eine Stelle als Fach- oder Hilfskraft antreten wollten. Trotzdem zählte die Bundesanstalt für Arbeit an diesem Tag allein im Bundesgebiet West unter den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen 800 Maurerinnen (0,2 % aller Maurer*innen), 1.166 Zimmerinnen (1,5 %) und 338 Dachdeckerinnen (0,5 %).
21 Jahre später, am 31.März 2016 weist die Berufsstatistik der Bundesagentur für Arbeit für das gesamte Bundesgebiet 194 Maurerinnen (0,2 %), 613 Zimmerinnnen (1,2 %) und 224 Dachdeckerinnen (0,4 %) aus. Es gibt also nicht mehr sondern in absoluten Zahlen sehr viel weniger Jobs für Frauen in typischen Berufen des Bauhauptgewerbes und auch der prozentuale Anteil ist leicht zurückgegangen. Dieser Verlust an Arbeitsplätzen spiegelt die allgemeine Entwicklung im Baugewerbe wider und zeigt keine positive Entwicklungstendenz für Frauen im Bauhauptgewerbe auf.
Seit 1994 hat sich der Arbeitsmarkt im Bauhauptgewerbe stark gewandelt. Dem Bauboom Anfang der 1990er Jahre folgte ab 1994 ein stetiger und dramatischer Verlust von Arbeitsplätzen. Bis 2009 ging die Hälfte der mehr als 1,4 Mio. Arbeitsplätze im Bauhauptgewerbe verloren. Danach stabilisierte sich die Beschäftigung wieder. 2014 gab es knapp 750.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse im Bauhauptgewerbe, wobei der Anteil ausländischer Arbeitskräfte zugenommen hat und mit 11,3 % im Vergleich zur übrigen Wirtschaft hoch ist. Weiter wurden 2013 164.000 Selbstständige im Bauhauptgewerbe erfasst.
Der Anteil von Frauen an allen Erwerbstätigen im Baugewerbe allgemein und im Bauhauptgewerbe im Besonderen ist mit 13 % im Vergleich zur Gesamtwirtschaft niedrig, wobei in diese Zahl alle Beschäftigten von Baubetrieben eingehen, ob sie nun auf der Baustelle oder im Büro arbeiten. Der Frauenanteil an den Selbstständigen im Baugewerbe beträgt 5 %, im Bauhauptgewerbe 7 %. Bei den Bauberufen, also allen Berufen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes, den ausführenden, planenden und leitenden Berufen, ist der Anteil erwerbstätiger Frauen mit 6 % sehr gering. Nur 2 % der Erwerbstätigen, die Bauarbeiten ausführen, sind Frauen. Unter den nichtakademischen Führungskräften (Techniker*innen, Meister*innen, Restaurator*innen, Polier*innen, Aufsichtskräfte) sind 5 % Frauen, unter den akademischen Führungskräften ((Bau-)Ingenieur*innen, Architekt*innen, (Bau-)Planer*innen) sind es dagegen 26 %.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Baugewerbe und insbesondere das Bauhauptgewerbe in Deutschland bis heute in weiten Teilen eine Männerdomäne geblieben ist. In der Bauausführung auf der Baustelle sind bis heute nur sehr wenige Frauen zu finden, dagegen sind Frauen häufig in der Verwaltung anzutreffen und Planerinnen*, Architektinnen* und Bauingenieurinnen* besetzen jede vierte Stelle beim akademischen Führungspersonal. Mit steigender Qualifizierung verbessern sich die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen im Baugewerbe und eröffnen mehr Möglichkeiten in der Bauplanung und -leitung. Die Faktoren, die Frauen von der praktischen Bauausführung fernhalten, sind nach wie vor wirksam. Es handelt sich sicher nicht zuletzt um die Nachwirkungen des Beschäftigungsverbots, das die meiste Zeit im 20. Jahrhundert im Deutschen Reich und dann in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft war.
BauHandwerkerinnen*Treffen heute
Die Notwendigkeit und das Bedürfnis, sich als Bauhandwerkerinnen* zu organisieren, sind nicht verschwunden sondern größer geworden. Die Berufe des Bauhauptgewerbes bilden nach wie vor den Kern des beruflichen Spektrums der Teilnehmerinnen* auf den BauHanderkerinnen*Treffen. Stark vertreten sind die Holzberufe Zimmerei und Bautischlerei, bei den Berufen mit Stein und Erden finden sich Maurerinnen*, Steinmetzinnen*, Lehmbauerinnen*, Töpferinnen* und Stuckateurinnen*, Metallerinnen* gibt es bei der Elektroinstallation, im Solaranlagenbau und als Schmiedinnen, weiter kommen Dachdeckerinnen*, Malerinnen* und andere Berufe. Eine Reihe von Teilnehmerinnen* hat sich weitergebildet zur Meisterin*, Restauratorin*, zur Technikerin*, Bauingenieurin*, Architektin*, Landschaftsplanerin* oder -ökologin*. Mit dem Bau verbunden bleibt die Berufsschullehrerin für Bauberufe. Öfters erlernen die Teilnehmerinnen* mehr als einen Beruf und wechseln zwischen verschiedenen Berufsfeldern, wobei die aktive Bautätigkeit einen wichtigen Teil der Erwerbsbiografie ausmacht. Nach der Ausbildung suchen sich viele Teilnehmerinnen* bald Alternativen zur abhängigen Beschäftigung in einem Baubetrieb. Sie gehen auf Wanderschaft, gründen kleine Baubetriebe mit oder ohne Beschäftigte oder als Baukollektiv oder finden Beschäftigung bei öffentlichen oder gemeinnützigen Arbeitgeber*innen. Die Treffen werden auch gerne besucht von Frauen*, die noch auf der Suche nach dem für sie passenden Bauberuf sind, sowie von generell am Bauhandwerk interessierten Sympathisantinnen*.
Neben den jährlichen Treffen verbindet ein E-Mail-Verteiler die Teilnehmerinnen* während des laufenden Jahres.
Das 30.Treffen findet im Ferienpark Thüringer Wald, Im Waldgrund 1,96528 Schalkau, www.ferienpark-thueringer-wald.de statt.
Vom Sonntag, den 19.2., bis Mittwoch, den 22.2., gibt es eine Frauen*-Soli-Baustelle im Haus der Solidarität des Ferienparks im Innenausbau (Wände und Fußböden), organisiert vom BHT zusammen mit dem Ferienpark. Alle interessierten Bauhandwerkerinnen* und die, die es werden wollen, können sich einbringen. Anreise ist am Sonntag, dann folgen drei Tage Arbeit, Unterkunft und Verpflegung sind frei. Mit der Arbeit wird das Projekt des Ferienparks zur Inklusion von Geflüchteten unterstützt. Weiteres dazu unter http://www.ferienpark-thueringer-wald.de/haus-der-solidaritaet/
Am Donnerstag, den 23.02.2017, ist die Anreise zum BHT 2017. Ab Freitag werden praktische Workshops, Vorträge, Führungen, Vernetzung und Gespräche zu verschiedenen spannenden Themen im Baugewerbe stattfinden. Hier eine Auswahl:
Workshops zum Schnitzen von Holzskulpturen mit der Kettensäge und zum Strohballenbau. Führungen durch den Ferienpark, zur nahegelegenen Baustelle der neuen ICE-Trasse und zu wwoof. Einsatzstellen. Vorträge und Diskussion zur lokalen Flüchtlingsarbeit des Ferienparks und über die Lage der Bauwanderarbeiter aus Südosteuropa, die häufig im Ferienpark zu Gast sind. Ein Vortrag zum gemeinschaftlichen Wohnprojekt baumhausweimar.com aus Weimar. Informationen zu den aktuellen Auseinandersetzungen um den Weiterbestand der Sozialkassen im Baugewerbe (SOKA-BAU) und zum SOKA-Mindestbeitrag für Soloselbstständige. Heike Notz, Mitbegründerin des BUH, berichtet über die Zimmerin und erste freie Architektin Deutschlands Emilie Winkelmann (1875-1951). Zur Verbesserung unserer eigenen Strukturen wollen wir über eine Vereinsgründung diskutieren. Außerdem soll es ein Kultur- und Sportprogramm geben.
Am Samstagabend feiern wir die Jubiläumsparty. Am Sonntag, den 26.02., findet traditionell die Versammlung der Teilnehmerinnen* mit Beschlussfassungen für die weitere Arbeit und das nächste Treffen des BHT statt.
Das genaue Programm mit Teilnahmebeitrag wird auf unserer Webseite und über den E-Mail-Verteiler bekannt gegeben. Ihr könnt euch schon jetzt unter bhwt@web.de anmelden oder Kontakt aufnehmen.
Wir freuen uns auf ein spannendes und ertragreiches BHT 2017 mit euch in Thüringen!
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
Startseite | Aktuelles | Handwerkspolitik | Presse | Handwerksrecht | Archiv/Suche | Links | Kontakt/Impressum