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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Mangel an Auszubildenden im Handwerk ist dort hausgemacht

DGB-Vize Ingrid Sehrbrock konterte dieser Tage dem Klagen des Handwerkspräsidenten Kentzler: „Der Azubimangel ist hausgemacht“. Zum Jahreswechsel hatte Otto Kentzler geklagt, in diesem Winter würden 7.000 Auszubildende fehlen und hatte damit auf einen Bewerbermangel hingewiesen.

Frau Sehrbrock hält in einer Mitteilung des DGB dagegen, dass in 2010 alleine 72.000 junge Menschen ohne Ausbildungsplatz geblieben seien. In den 6 Jahren des Ausbildungspaktes verfügten 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren (und damit 17%) über keinerlei abgeschlossene Berufsausbildung.

„In der Tat hat sich das Handwerk beim sogenannten „Facharbeitermangel“ selbst an die Nase zu fassen“ meint dazu Oliver Steinkamp vom BUH und weiter: „Das Handwerk hat die Ausbildung eigener Fachkräfte in den vergangenen Jahren zunehmend vernachlässigt.“

So werfen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes ein schlechtes Bild auf die Ausbildungsleistung des Handwerks. Zum einen ist die Zahl der Auszubildenden im deutschen Handwerk in den vergangenen 10 Jahren um 161.303 (26,15%) zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum (1999-2009) stiegen dagegen Ausbildungszahlen bei Industrie und Handel um 76.055 (9,13%). Das vorliegende Resultat belegt zum einen, dass das Handwerk die eigenen Anstrengungen, Facharbeiter zu schaffen sträflich vernachlässigt hat. Zum andern wird vor dem Hintergrund des Ergebnisses die geschickte, aber doch mit stark verzerrten Tatsachen arbeitende Lobbyarbeit des ZDH deutlich.

Sasha Arnold bei seiner Arbeit

Zahlenquelle: www.destatis.de

1999 2000200120022003200420052006200720082009
Hand werk616872596162564481527852502365489171477183476615475066471039455569
Ind./Handel833016860812876141850158838369837914848217872804910319934220909071


Mit der Novellierung der Handwerksordnung (HWO) im Jahre 2004 wurde für 12 Berufe das Kriterium einer hohen Ausbildungsbereitschaft aufgestellt. Gewerke, die hier hervorragende Zahlen lieferten, blieben in der Anlage A der HWO gelistet. D.h., für diese 12 Berufe gilt eine hohe Ausbildungsleistung als Schlüssel, um weiterhin dem Meisterzwang unterworfen zu bleiben. Heute muss die Frage gestellt werden, wie stark die betroffenen Gewerke nach der Novelle an ihren Ausbildungsbemühungen festhielten, bzw. inwiefern das Merkmal hoher Ausbildungsleistung als Voraussetzung für den Meisterzwang geeignet ist.

Hintergrund:

Wenn das Handwerk weiterhin Menschen in „ausreichender“ Zahl für eine Mitarbeit gewinnen will, dann muss es sich selbstkritisch betrachten. Dabei dürfen vor allem die verschiedenen Gesichtspunkte der sinkenden Bereitschaft vieler Menschen, eine Ausbildung im deutschen Handwerk anzutreten nicht außer Acht gelassen werden:

1. Teamwork

Das Handwerk lebt immer noch als streng hierarchisch gegliederte Institution. Die Strukturen sind seit Jahrhunderten folgendermaßen festgeklopft:
Praktikanten - Helfer - Arbeiter - Auszubildende - Gesellen - Vorarbeiter - Meister.

Darauf ist das Handwerk stolz. Die öffentliche Diskussion fordert andererseits aber flexible Menschen. Kaum jemand, so heißt es, wird künftig noch einen einzigen Beruf sein Leben lang ausüben. Hier stoßen also zwei Denkmodelle aufeinander. Auf der einen Seite ein seit Ewigkeiten durch strukturiertes Berufsmodell mit strenger Hierarchie und sehr begrenzten Karrierechancen. Auf der anderen Seite das Bild einer modular aufgebauten, hoch wandlungsbereiten Arbeitswelt, bei der die Klebemasse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr aus Tradition besteht, sondern sich zusammensetzt aus Lohnhöhe, Fairness, reellen Karrierechancen und einem Teamwork, das Entscheidungsprozesse auf Augenhöhe ermöglicht.

2. Faire Karrierechancen, wie in andern Staaten (bei uns bremst der Meisterzwang)

In Deutschland stehen Handwerker mit dem Meisterzwang vor einer zusätzlichen Karrierebremse. Egal wie genial die Idee, wie stark das Engagement, wie tief das Fachwissen auch ist - wer keinen Meistertitel hat, darf im Handwerk seine Ideen nicht selbständig verwirklichen. Innovation findet bei uns (weltweit anerkannt) in der Industrie statt – nicht im Handwerk Wer sich einen Beruf überlegt und dabei Karrierechancen betrachtet, wird sich einen Berufsstart im Handwerk nicht wirklich wünschen. Dies gilt umso mehr in unserer modernen Informationsgesellschaft, wo Schulabgänger sich umfangreich zu Ausbildungsangeboten informieren können.

3. Gerechte Marktzutrittschancen statt Marktbeschränkung durch Zulassungsverfahren

Bei uns engen vielerlei Zwangssysteme den Marktzugang ein. So ist die Mitgliedschaft in Kammern Pflicht. Zur Selbständigkeit benötigt der Handwerker einen Meistertitel. Dazu lässt sich der Prüfling von seinen künftigen Konkurrenten prüfen.

Ein zukunftsorientiertes Handwerk muss ohne Zwangssystem auskommen und gerade eine freie berufliche Selbständigkeit fördern, statt sie einzuengen oder zu verhindern. Dazu ist es erforderlich, Behörden zu Dienstleistern am Unternehmer und Bürger umzubauen und beschränkende Zulassungsverfahren abzuschaffen. Das Handwerk kann viel tun, um junge Berufseinsteiger und ehemals im Handwerk tätige Menschen zur aktiven Teilnahme zu motivieren. So muss eine Marktteilnahme künftig grundsätzlich jedem möglich sein, wie in Industrie und Handel schon heute. Das würde auch das Ungleichgewicht auf europäischer Ebene ausgleichen. Gegenwärtig haben Unternehmen aus allen EU Staaten (u.a. im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit) einen leichteren Marktzugang in Deutschland, als hier lebende und ausgebildete Handwerker.

4. Facharbeitermangel und Zeitarbeit – wie geht das zusammen?

Warum verweigern sich die Zeitarbeiter ihren Herkunftsbetrieben?

Die Zeitarbeit in unserm Lande boomt. Viele Menschen mit einer oder gar mehreren Berufsausbildungen im Handwerk arbeiten heute über Zeitabseitsfirmen in Industrie und Handel. Andererseits klagt der ZDH über einen Fachkräftemangel. Warum aber kehren die ausgebildeten Handwerker nicht zurück in Ihre erlernten Berufe? Warum nehmen Zeitarbeiter in Kauf weniger zu verdienen, häufig die Arbeitsumgebung zu wechseln und mit immer neuen Kollegen zusammenzuarbeiten? Das Handwerk muss sich und der Öffentlichkeit auch beantworten, welche Hürden zwischen ihm und seinen ehemaligen Mitarbeitern bestehen.

Oder ist es vielmehr so, dass Handwerksbetriebe ausgebildeten Facharbeitern eine Beschäftigung in ihren erlernten Berufen verweigern? Das würfe allerdings die Frage auf, warum dann der ZDH einen Facharbeitermangel ausruft!

Das Verhältnis von Ausbildungsplatzsuchendem zu offenen Ausbildungsplätzen beträgt 10:1 (72. 000 : 7.000 ) Industrie und Handel steigerten Ihre Ausbildungsanstrengungen kontinuierlich, während das Handwerk durchgängig zurückfiel. Die Meisterlobby des Handwerks wurde 2004 von der Politik für „hohe Ausbildungsleistung“ mit der Beibehaltung eines geschützten Marktes belohnt. Für 41 Berufe bildet weiterhin der Meisterzwang gleichsam den Zaun dieses Schutzraums.

Trotz alledem kommt die Ausbildung im Handwerk nicht in Gang. Vor dem Hintergrund eines drohenden oder eingetretenen „Fachkräftemangels“ ist zu konstatieren: Die Organisation des deutschen Handwerks ist nicht in der Lage den eigenen Erhalt zu gewährleisten. Hier muss eine verantwortliche Wirtschaftspolitik UMGEHEND einschreiten und die Handwerksordnung umfangreich überarbeiten. Vorwerfen muss man den Wirtschaftspolitikern, dass bis heute keine (lange versprochene) Evaluierung der letzten Novellierung durchgeführt wurde.

Das ist zu tun!


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