Auf unseren Brief an Minister Bode - siehe unten - kam mit Datum vom 2.April 2012 nun folgende kurze Antwort des Referatleiters im niedersächsischen Wirtschaftsmnisterium, Herrn Ralf Borchers: "Ihr Schreiben vom 13.3.2012 ist hier eingegangen und zur Kenntnis genommen worden. Eine Stellungnahme dazu wird nicht erfolgen."
Hier nun unser Brief:
Im Juli 2011 brachte Niedersachsen eine Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes in den Bundesrat. Landesminister Bode hielt dazu im Bundesrat eine Rede. Im Folgenden wendet sich der BUH mit Anmerkungen und Fragen zu seiner Rede an den Minister
Sehr geehrter Herr Minister Bode,
seit nunmehr vielen
Jahren konnten Sie ein Gesprächstermin mit uns nicht möglich machen.
Nichtsdestotrotz vertreten Sie öffentlich immer wieder Positionen, die den Kern der Ziele unseres Verbandes betreffen. Weil Sie uns aber auf üblichen Wegen keine Kommunikation ermöglichen, haben wir uns jetzt dazu entschlossen, uns mit einigen offenen Briefen öffentlich an Sie zu wenden.
Antworten darauf erwarten wir schriftlich, geben aber die Hoffnung nicht auf, dass es vielleicht daneben auch noch zu einer persönlichen Unterredung kommt. Den Anfang machen wir heute mit Fragen und Bemerkungen zu Ihrer Rede vor dem Bundesrat, anlässlich Ihres Entwurfes zur Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und des Telekommunikationsgesetzes vor dem Bundesrat, am 08.07.2011:
"zu Punkt 6 der Tagesordnung Schwarzarbeit stellt nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem für Betriebe und Arbeitnehmer dar. Sie gefährdet nicht nur legale Beschäftigung und verhindert die Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern verzerrt auch den Wettbewerb zu Lasten gesetzeskonformer Unternehmen, schmälert die Steuereinnahmen des Staates und verringert die Sozialversicherungseinnahmen."
Das ist falsch, Herr Minister: Schwarzarbeit meint in diesem Fall nicht die Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben. Wer meisterfrei ein Handwerk als Gewerbetreibender ausführt, der leistet Sozialabgaben für sich und seine Beschäftigten und zahlt Steuern. Zudem bereichert er das Gewerbeleben und steigert die Angebotsvielfalt. Verwaltungen die begehren, diese Betriebe zu bestrafen oder zu behindern, schmälern nach gerade die Steuereinnahmen des Staates und verringern die Sozialversicherungseinnahmen. Damit wird also genau das Gegenteil von dem erreicht, was Sie zu erreichen vorgeben. Die in dem Gesetzentwurf geforderten Änderungen betreffen nämlich den Bereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, der sich mit Steuerhinterziehung und dem Missbrauch der Sozialabgaben befasst, gar nicht.
"Es ist eine der vordringlichen Aufgaben des Staates, illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit zurück zu drängen. Der Bundesrat hat bereits in seinem Beschluss zur Gesetzesnovelle des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes im Sommer 2004 bekräftigt, dass dies am wirkungsvollsten durch die Beseitigung der Ursachen erfolgen kann."
Der Staat übernimmt diese Rolle im Rahmen des Zolls mit der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit", insofern es um die Straftatbestände "Steuerhinterziehung" und den falschen Umgang mit "Sozialabgaben oder -ausgaben" geht. Im Bereich von bloßen VERDACHTSFÄLLEN auf ORDNUNGSWIDRIGKEITEN, wie etwa der unerlaubten Handwerksausübung, sind die Bundesländer zuständig. Dazu empfehlen wir einen Blick auf unsere Übersicht zum Aufgabenbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.
"Eine nachhaltige Senkung der Lohnnebenkosten und ein einfaches und transparentes Steuersystem mit niedrigeren Steuersätzen sind deshalb wichtige Ziele."
Wo ist die Bilanz entsprechender Unternehmungen des Landes Niedersachsen hierzu verzeichnet?
"Aber auch die Bemühungen, Schwarzarbeit zu bekämpfen, sollten nicht nachlassen. Trotz erster Erfolge, die sich in einem leichten Rückgang der Schwarzarbeit zeigen, kann sich der Staat bei einem geschätzten Volumen der Schattenwirtschaft von 347,6 Milliarden Euro im Jahre 2010 noch lange nicht zurücklehnen."
Schwarzarbeit ist nur einer von mehreren Teilbereichen der sog. Schattenwirtschaft. Denjenigen Anteil der Schwarzarbeit wiederum, welche die Länder - unter dem Signet der unerlaubten Handwerksausübung - zukünftig noch intensiver verfolgen sollen, verursachen allerdings - anders, als Sie fälschlich behaupten - keinerlei Steuerhinterziehung oder eine Unterschlagung von Sozialabgaben! (Ich bitte mich mit konkreten Zahlen zu widerlegen!)
"(A) Mit der Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes möchte Niedersachsen einen Beitrag leisten, um handwerks- und gewerberechtliche Verstöße wirkungsvoller zu bekämpfen."
Welche Motivation treibt Niedersachsen dazu an, Herr Minister?
"Bei der Neufassung der gesetzlichen Grundlagen für die Schwarzarbeitsbekämpfung im Jahr 2004 verfolgte die damalige Bundesregierung das Ziel, handwerks- und gewerberechtliche Verstöße nicht mehr als Schwarzarbeit zu ahnden. Begründet wurde dies mit dem Hinweis auf die bereits bestehenden Bußgeldvorschriften in der Handwerks- und Gewerbeordnung."
Das damalige Ziel hält der BUH nach wie vor für sinnvoll und erstrebenswert, weil es endlich zu einer - längst überfälligen - Rücknahme der pauschalen Stigmatisierung von Gewerbetreibenden ohne Meisterbrief als "Steuerhinterzieher" oder auch "gegen die Grundregeln des Sozialstaates Verstossende" beitragen würde.
"Eine darüber hinausgehende Verfolgung hielt die Bundesregierung für unzweckmäßig."
Herr Bode, bitte führen Sie einmal aus, warum Ihnen die "Verfolgung" hingegen zweckmäßig erscheint. Ein Termin zu diesen und anderen Fragen konnten Sie uns nun schon im 4. Jahr nicht einräumen, daher bitten wir Sie auf diesem Wege nochmals um konkrete Angaben dazu.
"Im Rahmen der Behandlung des Gesetzentwurfs im daraufhin einberufenen Vermittlungsausschuss ist es den Ländern gelungen, dass ein Teil der gewerbe- und handwerksrechtlichen Verstöße doch in das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz aufgenommen wurde. Um auch für die Verfolgung dieser Verstöße bestmögliche Voraussetzungen zu schaffen, sollen nun die Befugnisse von Zollverwaltung und der nach Landesrecht zuständigen Behörden im erforderlichen Maße angepasst werden. Ebenso wie der Zollverwaltung muss es den Kommunen erlaubt sein, unmittelbar gegen Schwarzarbeiter und deren Auftraggeber vorzugehen."
Warum sind die Erfolge im Vorgehen GEGEN steuerzahlende Betriebe, die aktiv am Gewerbeleben in der Fläche teilnehmen und gegen die nicht auf Grundlage von Klagen ihrer Kunden ermittelt wird für Sie wichtig und erstrebenswert?
"Die Ermittlungsbefugnisse der kommunalen Behörden sollen deshalb dahin gehend erweitert werden, dass sie Personen und Geschäftsunterlagen direkt in den Geschäftsräumen und auf Grundstücken von Arbeitgebern und Auftraggebern überprüfen dürfen."
Ich halte an dieser Stelle fest: Um festzustellen, ob jemand möglicherweise etwas getan hat, dass als "unerlaubte Ausübung handwerklicher Dienst- oder Werkleistungen" bewertet werden könnte, werden jetzt Betretungsrechte ohne Richterbeschluss gefordert.
"Nur so kann eine optimale Verfolgung auch der handwerks- und gewerberechtlichen Verstöße gewährleistet werden, die dem Schutz der gesetzestreuen Unternehmer und Arbeitnehmer vor der rechtswidrig arbeitenden Konkurrenz und der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen dient."
Abgesehen davon, dass ich die faktische Abschaffung des Richtervorbehaltes (hier durch Einfügung von § 4a) für grundgesetzwidrig halte, fordere ich eine umgehende Veröffentlichung der Liste mit denjenigen "Dienst- oder Werkleistungen", die als unerlaubte Handwerksausübung gelten. Solange es diese Liste nicht gibt, kann - aus meiner Sicht - auch niemand dagegen verstoßen. Wer nicht im Einzelnen und konkret benennen kann was gesetzwidrig ist, kann darauf keine Verfolgungsmaßnahmen gründen. Bitte widerlegen Sie mich.
"Es muss jedem klar sein, dass diejenigen, die schwarz arbeiten oder arbeiten lassen, gegen die Grundregeln unseres Sozialstaates verstoßen. Mit den nun vorgeschlagenen neuen Mitteln geben wir den Kommunen die Möglichkeit, noch effektiver hiergegen vorzugehen."
Wer so etwas mit einem "muss jedem" verstärkt, der "müsste" zunächst seine Begründung mitliefern. Wer konkret leistet unerlaubte Handwerksausübung und wodurch verstößt dieser dann gegen die Grundregeln unseres Sozialstaates? Bitte stellen Sie dar, wie genau die Kommunen mit den neu geforderten Befugnissen der nach Landesrecht zuständigen Stellen Verstöße gegen unseren Sozialstaat effektiver bekämpfen können (sollen)?
"Darüber hinaus hat die Erfahrung gezeigt, dass der Verzicht auf die Bußgeldbewehrung der "unerlaubten Werbemaßnahmen" seit der Neuordnung der Schwarzarbeitsbekämpfung im August 2004 zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl entsprechender Verstöße geführt hat."
Was eine (nicht näher bezeichnete) "Erfahrung" zeigt, ist immer so eine Sache. Ich bin oft an der Nordsee. Dort gibt es (wenige, aber die gibt es) Menschen, die "Haben die Erfahrung gemacht", die Nordsee sei ein trocken gefallene Wattenlandschaft. Es gibt aber (ebenso wenige) Menschen, die "haben die Erfahrung gemacht", dass die Nordsee ein ständig mit Wasser beflutetes Weltmeer ist. Den einen, wie den anderen kann man durch Einsichtnahme und durch Belege überzeugen, dass er nur die halbe Wahrheit verkündet. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber diese als allgemeine Erfahrung getarnte Behauptung ist völlig unzureichend, für die Wiedereinführung eines Ordnungswidrigkeits-Tatbestands.
"Deshalb soll die unlautere Werbung wieder als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. So kann man auch präventiv etwas gegen unerlaubte Handwerks- und Gewerbeausübung tun."
Herr Bode, bitte belegen Sie Ihre Erfahrung eines Anstiegs von "unerlaubter Werbung" und nennen Sie die konkrete Zahlen entsprechend vermuteter und bewiesener Verstöße.
"Ich habe mich über die breite Unterstützung, die unsere Initiative bereits in den Ausschüssen des Bundesrates gefunden hat, gefreut und möchte Sie heute um ein positives Votum zur Einbringung des Gesetzentwurfs beim Deutschen Bundestag bitten."
In der Begründung des von Ihnen eingebrachten Gesetzesentwurfes heißt es u.a.
"Hinzu kommt, dass sich die Situation seit 2004 dramatisch zu Lasten des Handwerks verschärft hat. Mit der Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie zum 28. Dezember 2009 hat das Handwerk zusätzlichen erheblichen Konkurrenzdruck durch die Dienstleistungsfreiheit erfahren. Umso mehr muss es gelten, unlautere Konkurrenz vom Marktgeschehen fern zu halten."
Sie begründen Ihren Gesetzentwurf also mit einem Schutzbedürfnis eines Teils der Wirtschaft vor Konkurrenz. Das ist in keiner Weise Regelungszweck des Handwerks, wie es die Handwerksordnung vorsieht.
"Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und des Telekommunikationsgesetzes - Antrag des Landes Niedersachsen - (Drucksache 356/11) Eine Erklärung zu Protokoll*) hat Minister Bode (Niedersachsen) abgegeben.
Zur Abstimmung liegen Ihnen die Ausschussempfehlungen vor. Bitte das Handzeichen für: Ziffer 1! - Mehrheit. Ziffer 2! - Mehrheit."
Damit hat der Bundesrat beschlossen, den Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen. Wir sind übereingekommen, Herrn Minister Bode (Niedersachsen) zum Beauftragten zu bestellen."
Unsere Fragen sind damit allerdings nicht beantwortet, also hier noch einmal im Überblick:
1.Bitte erläutern Sie, auf welche Weise die Verfolgung und Schließung von steuerzahlenden, meisterfreien Handwerksbetrieben das Aufkommen an Steuern und Sozialabgaben steigert.
2.Welche Maßnahmen wurden während ihrer Amtszeit als Minister umgesetzt, die zu einer nachhaltigen Senkung "der Lohnnebenkosten" und zu einem "einfachen und transparenten Steuersystem mit niedrigeren Steuersätzen" beigetragen haben?.
3.Auf welche Weise ist im Einzelnen der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf dazu in der Lage, ein "geschätztes Volumen der Schattenwirtschaft von 347,6 Milliarden Euro" zurückzudrängen?
4.Welche Motivation der niedersächsischen Landesregierung steckt hinter dem Bemühen handwerks- und gewerberechtliche Verstöße zurückzudrängen, wenn es der Ausfall von Steuer- und Sozialabgaben ja nicht sein kann - wie wir oben feststellen konnten?.
5.Warum sind die Erfolge im Vorgehen GEGEN steuerzahlende Betriebe, die aktiv am Gewerbeleben in der Fläche teilnehmen und gegen die nicht auf Grundlage von Klagen ihrer Kunden ermittelt, wird für Sie wichtig und erstrebenswert?
6.Warum ist die Einräumung von Betretungsrechten wie sie nicht einmal die deutsche Polizei in Strafverfahren hat, notwendig, um auf Landesebene in handwerksrechtlichen und gewerberechtlichen Dingen zu ermitteln, nur um einen "Schutz vor Konkurrenz" zu gewährleisten?
7.Sie sagten im Bundesrat
"Es muss jedem klar sein, dass diejenigen, die schwarz arbeiten oder arbeiten lassen, gegen die Grundregeln unseres Sozialstaates verstoßen."
Bitte erklären Sie uns: Wodurch verstoßen Betriebe, die angemeldet sind, Steuern zahlen und Sozialabgaben leisten, gegen die Grundregeln unseres Sozialstaates?
8.Bitte liefern Sie uns -in Form einer entsprechenden Zeitreihe von 1995 bis heute-konkrete Zahlen für Ihre Behauptung, die Zahl der Verstöße im Bereich unerlaubter Werbung sei sprunghaft gestiegen.
Sehr geehrter Herr Minister Bode, für Ihre Antworten bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen...
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Mit dem Gesetzentwurf wird die Abschaffung des Richtervorbehaltes für Maßnahmen der kommunalen Behörden eingestielt - jeder Ordnungsbeamte Deines Wohnortes soll künftig Betriebe oder Baustellen kontrollieren können und das Recht haben Deine Geschäftsunterlagen uneingeschränkt einzusehen, ohne dass ein Richter das vorher beauftragt hat. Heinz Müller vom Ordnungsamt in Handwerksdorf darf dann mehr als jeder Polizeibeamte in Deutschland! Außerdem soll Betrieben, die keinen Meistertitel haben, die Werbung verboten werden und die kommunalen Behörden sollen bei den Telefonunternehmen die Stammdaten zu einer Telefonnummer.
Niedersächsische Gesetzesinitiative
Ein Grundgesetz für Ministerpraesident Wulff
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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