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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Meisterzwang ist verfassungswidrig, Regelungszweck des Meisterzwang, Meisterzwang verlangt ein Übermaß, Meisterzwang ist unbestimmt, Meisterzwang diskriminiert im Inland erworbene Erfahrungen, Meisterzwang Verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz

Unklare Handwerksrechtliche Abgrenzungskriterien

Im Sommer 2000 hat der BUH die Wirtschaftsministerien von Bund und Länder angeschrieben mit der Bitte um praxistaugliche Abgrenzungskriterien.

Aus diesem Briefwechsel geht eindeutig hervor, daß die Wirtschaftsministerien keine praxistauglichen Hinweise geben können oder wollen, welche Tätigkeiten als unerlaubte Handwerksausübung gelten und daher nach der geplanten Gesetzesverschärfung in Zukunft mit einem Bußgeld von Euro 300.000,- belegt werden sollen.

Zur Dokumentation im folgenden einige Zitate aus den Schreiben:

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom 18.09.00:

Um in den Fällen des "unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs" in der Sache unnötige Verfahren nach dem Schwarzarbeitsgesetz [d.h. dem § 1 Abs. 1 Nr. 3 Schwarzarbeitsgesetz, der ja dramatisch verschärft werden soll] oder nach § 117 HwO zu vermeiden und um der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere dem Beschluss vom 31.03.2000 stärker Rechnung zu tragen, soll in geeigneter Weise näher präzisiert werden, wann die Voraussetzungen der Unerheblichkeit eines handwerklichen Nebenbetriebes vorliegen." (Ergebnisse hierzu sind bis heute nicht veröffentlicht! Der PStP Siegmar Mosdorf im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat im beigelegtem Brief vom 25.04.01 mitgeteilt, daß weder von den Ländern noch vom Handwerk Vorschläge für eine Präzisierung vorliegen.)

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom 04.09.00:

Soweit für handwerkliche Nebenbetriebe die sog. Unerheblichkeitsgrenze bedeutsam ist, werden entsprechend den Vorgaben in § 3 Abs. 2 HwO und unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der handwerkliche Umsatz und die Arbeitszeit ermittelt und diese mit den einschlägigen Daten der Ein-Mann-Vergleichsbetriebe verglichen; hinsichtlich der Umsatzzahlen wird grundsätzlich auf die Ergebnisse der Handwerkszählung von 1995 zurückgegriffen.

(Im dem oben genannten Schreiben vom PStP Mosdorf wird ausführlich auf die Problematik der Zahlen aus der 1995er Handwerkszählung eingegangen. Insbesondere berücksichtigt diese Zählung nicht die Gesetzesänderung von § 3 Abs. 2 HwO, nach der seit 01.04.98 als Vergleich nur Vollzeit arbeitende Betriebe herangezogen werden dürfen. In Bayern werden also systematisch legal arbeitende Unternehmer mit dem Vorwurf der unerlaubten Handwerksausübung verfolgt. Zitate aus dem Brief siehe unten.)

Berlin, Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie vom 04.09.00:

Allerdings ist die Problematik [der handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen] zu komplex, um Ihnen vorweg genau mitteilen zu können, was noch tolerierbar ist und was die Grenzen des Erlaubten übersteigt. Es kommt hier in der Regel auf viele Nuancen des Einzelfalles an, die in einem Schreiben gedanklich nicht vorwegnehmbar sind.

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 30.08.00:

Allerdings bleiben gleichwohl im konkreten Einzelfall viele Fragen offen. Hier hilft oft nur eine Überprüfung der Rechtsprechung zu einem konkreten Handwerk, um eine abschließende Entscheidung treffen zu können. Ob der von Ihnen erwähnte Vermerk des Bundeswirtschaftsministeriums hier weiterhelfen kann, überlasse ich Ihrer Wertung. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich mich nicht zu dessen Inhalt äußern kann.
...
"Grundsätzlich wird die Umsatzgrenze [unerheblicher handwerklicher Nebenbetriebe] anhand der Daten der letzten Handwerkszählung ermittelt.
(Die Daten dieser Zählung berücksichtigt jedoch nicht die letzte Gesetzesänderung vom 01.04.98 für unerhebliche handwerkliche Nebenbetriebe. Es werden also auch in Hessen systematisch legal arbeitende Unternehmer mit dem Vorwurf der unerlaubten Handwerksausübung verfolgt.)

Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 24.08.00:

Bei der Komplexität dieses Themas, das sich auf alle Handwerkszweige und handwerksähnlichen Gewerbe erstreckt, erscheint es jedoch schwierig, entsprechende allgemein anwendbare Abgrenzungskataloge zu erstellen. Letztlich kann eine Entscheidung über die jeweilige Zuordnung nur unter Berücksichtigung der Aspekte des konkreten Einzelfalls getroffen werden.

Nordrhein-Westfalen vom 24.08.00:

Die Frage, ob eine wesentliche Tätigkeit eines Handwerks ausgeübt wird oder nicht, kann vielmehr nur unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände beantwortet werden.

Nordrhein-Westfalen Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr vom 21.09.00:

Im übrigen würde es die Möglichkeiten eines Ministeriums übersteigen, für 94 Vollhandwerke der Anlage A sämtliche im Rahmen dieser Handwerke möglichen Tätigkeiten abstrakt daraufhin zu untersuchen, ob sie wesentlich sind oder nicht. (Dem einzelnen juristisch nicht vorgebildeten Unternehmer wird dies aber für mehrere Handwerke auferlegt! § 2 Schwarzarbeitsgesetz erlegt diese Frage sogar den handwerklichen und juristischen Laien auf. Bei Fehlern in dieser Frage drohen in Zukunft 300.000,- Euro Strafe)

Schleswig-Holstein Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 15.08.00:

Auch die Frage, welche handwerklichen Tätigkeiten dem Vorbehaltsbereich des Vollhandwerks zuzurechnen sind und ob ein handwerklicher Nebenbetrieb vorliegt, der in unerheblichem Umfang tätig ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden; zuständig hierfür sind die Handwerkskammern.

Zu den Umsatzgrenzen für unerhebliche handwerkliche Nebenbetriebe hat der PStS Mosdorf in einen Brief vom 25.04.01 Stellung genommen (vgl. Mirbach, Die neue Handwerksordnung, Ziff. 7/4.5):

Dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sind in rechtstaatlicher Weise verbindlich festgelegte Umsatzgrenzen über "unerhebliche" handwerkliche Nebenbetriebe nicht bekannt.

Durch die Handwerksnovelle von 1998, ..., ist mit Wirkung vom 1. April 1998 § 3 Abs. 2 HwO geändert worden, um sicherzustellen, daß bei der Anwendung der handwerklichen "Unerheblichkeitsgrenzen" nunmehr ausschließlich auf einen "Vollzeit- Arbeitenden" abzustellen ist. Damit entfällt seitdem die Absenkung der Umsatzgrenzen durch das statistische Gewicht der "Feierabendhandwerker", die nach bis dahin geltendem Recht berücksichtigt wurden. ...(Ds. 13/9388 zu Artikel 1 Nr. 3 (§ 3 Abs. 2), Seite 18).

In der Praxis wird jedoch die Entscheidung, ob ein handwerklicher Nebenbetrieb im Hinblick auf den getätigten Umsatz nicht der Handwerksordnung unterfällt und deshalb ohne Meisterprüfung geführt werden darf, von statistischen Angaben abhängig gemacht, die der geltenden Rechtslage nicht Rechnung tragen:

Dem Bundesministerium für Wirtschaft liegt ein Schreiben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks vom 14. Februar 1997 an die Zentralfachverbände und Regionalen Vereinigungen der Landesverbände des Handwerks vor, mit dem eine "Zusammenstellung der Unerheblichkeitsgrenzen der Handwerksumsätze für das Jahr 1994" übermittelt worden ist. ... Es handelt sich nach dem Schreiben "um Werte, die auf Basis der neuen Handwerkszählung von 1995 ermittelt worden sind und die der gesetzlichen Definition der Unerheblichkeitsgrenze des § 3 Abs. 2 HwO entsprechen"
Hierzu ist zu bemerken:

  1. Es ist dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nicht bekannt, wie die in dem Schreiben genannten Unerheblichkeitsgrenzen für Handwerksumsätze errechnet worden sind.
  2. Die Handwerkszählung 1995 betrifft Daten des Jahres 1994. Mit der Handwerkszählung 1995 sind alle Handwerksunternehmen erfaßt und nach der Zahl ihrer Beschäftigten und ihrem im Jahr erzielten Umsatz befragt worden. Die Daten berücksichtigen deshalb nicht, daß durch die Handwerksnovelle 1998 zahlreiche Handwerke zusammengefaßt und darüber hinaus bestehende Vorbehaltsbereiche einzelner Handwerke auch einer Anzahl anderer Handwerke zugeordnet worden sind mit dem Ergebnis, daß seit dem 1. April 1998 sich die Tätigkeitsbereiche der Handwerke, soweit betroffen, und damit auch deren Umsatz unterschiedlich und zum Teil erheblich verändert haben. Außerdem ist bei der Erhebung durch das Statistische Bundesamt nicht die Zahl der Teilzeitbeschäftigten erfaßt worden. Die Umsätze der Erhebung umfassen deshalb Voll- und Teilzeitbeschäftigte, wobei es sich bei Letzteren vermutlich vorrangig um sogenannte Feierabendhandwerker handeln dürfte; dies führt dazu, daß die Umsatzgrenzen, die zur Anwendung der Handwerksordnung und damit zum Erfordernis der Meisterprüfung führt, abgesenkt wird und handwerkliche Nebenbetriebe ggf. unter engeren Voraussetzungen zur Handwerksausübung zugelassen werden, als dies vom Gesetzgeber gewollt und durch die Handwerksnovelle von 1998 geregelt ist.
  3. [Beschreibung der Unklarheit, wie sich die Handwerksumsätze in der Liste des ZDH errechnen in Verbindung mit der BVerfGE 1 BvR 608/99 vom 31.03.2000] ...
  4. Des Weiteren ist dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie nicht bekannt, ob und in welcher Weise die Umsätze des Jahres 1994 auf das Jahr 2001 "fortgeschrieben" und hochgerechnet worden sind. ... Nach den dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vorliegenden Informationen gibt es Handwerkskammern, die nach wie vor die Umsätze des Jahres 1994 der Anwendung einschlägiger Vorschriften zugrunde legen.
  5. Eine amtliche Feststellung von Umsatzgrenzen durch die Bundesländer nach Maßgabe des geltenden Rechts liegt bisher nicht vor. Das praktizierte Zahlenwerk ist weder vom Zentralverband des Deutschen Handwerks noch von den Bundesländern veröffentlicht worden. Es ist deshalb den der Anwendung der Vorschriften Betroffenen nicht zugänglich"

Resümee:

Diese Zitate zeigen, daß auch die Spezialisten für Handwerksrecht in den zuständigen Ministerien keine allgemeinen Kriterien angeben können oder wollen, wann die Eintragung in die Handwerksrolle gefordert werden muß. Bei der Frage der "nicht wesentlichen" Tätigkeiten, die zwar anspruchsvoll sind, aber im Rahmen des Gesamtbildes des betreffenden Handwerks eine nebensächliche Bedeutung haben, wurden nicht einmal Fragestellungen benannt, die bei Entscheidungen über die "Wesentlichkeit" eine Rolle spielen. Keinen Hinweis konnten die Ministerien geben, wonach sich die Anlernzeiten für einfache Tätigkeiten bestimmen und ab welcher Anlernzeit nun von nicht einfachen Tätigkeiten ausgegangen wird. In der BVerwGE 1 C 27/89 vom 25.2.1992 wurde ja nur entschieden, daß Tätigkeiten, die in zwei bis drei Monaten erlernt werden können, jedenfalls als einfach anzusehen sind; die Obergrenze blieb offen!

Wenn manche Bundesländer als Alternative zur Meisterprüfung die Kenntnis der gesamten Rechtsprechung und Kommentarliteratur zur Handwerksordnung für die Ausübung einfacher handwerklicher Tätigkeiten verlangen ist dies unverhältnismäßig und wird dem Schutz des Grundrechts auf freie Berufsausübung (Artikel 12 GG) nicht gerecht.

Mindestens folgende Fragen sind bei den handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen relevant, die von den Wirtschaftsministerien allesamt nicht beantwortet worden:

Hinzu kommt, daß der Meisterzwang, der ja mit den Bestimmungen über angeblich unerlaubte Handwerksausübung verteidigt wird, von Gesellen nicht verstanden wird. Warum dürfen EU-Ausländer in Deutschland ohne Meisterbrief selbständig arbeiten und hervorragend ausgebildete einheimische Handwerker nicht? So fragen einheimische Handwerker. Der Meisterzwang wird als Beschäftigungsbremse empfunden und Wirtschaftsforschungsinstitute bestätigen regelmäßig diesen Eindruck (Deregulierungskommission 1992, Monopolkommission 1998, Monopolkommission 2001). Der Fortbestand des Meisterzwang verhindert rund 500.000 neue Arbeitsplätze!

Für den Vorstand des Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e.V.

Anmerkung des Webmasters:

Dieser Untersuchung war als Anlage Bestandteil der Stellungnahme des BUH in der Anhörung des Bundestagsausschuß für Arbeit und Soziales zur Verschärfung des Schwarzarbeitsgesetzes am 12.03.2002.

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