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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Stellungnahme des BUH e.V. zum Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Schwarzarbeit (Bundestagsdrucksachen 14/8221 und 14/8288)

Zu den geplanten Gesetzesänderungen nehmen wir wie folgt Stellung:

Vorbemerkung

Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker e.V. vertritt Personen und Unternehmen, die ohne Meisterbrief legal handwerkliche Tätigkeiten ausüben oder dies beabsichtigen. Von dem geplanten Gesetzentwurf sind unsere Mitglieder existentiell betroffen, weil die Abgrenzungen zwischen meisterpflichtigen und freien Tätigkeiten äußerst unklar sind.

Entsprechend den Interessen unserer Mitglieder nehmen wir im wesentlichen zu den geplanten Verschlechterungen im Bereich der Handwerksausübung ohne Handwerksrolleneintragung Stellung.

Die Bundesregierung stimmt in Ds. 14/8288 den Vorschlägen Nummer 18 (neue §§ 2a - 2d SchwArbG) und Nummer 32 (Neufassung von §§ 17 und 118 HwO) des Bundesrats nicht zu. Würden diese Vorschläge wider erwartend doch umgesetzt, dann würden mit Sicherheit in kürze diese Regelungen in entsprechenden Verfahren gerügt.

In seiner Entscheidung zum Handwerksrecht 1 BvL 44/55 vom 17.7.1961 hat das Verfassungsgericht unter der Voraussetzung, daß Ausnahmeregelungen großzügig angewendet werden, in einer filigranen Abwägung der Verhältnismäßigkeit von Einschränkungen des Grundrechts auf Berufsfreiheit gegenüber wirtschaftspolitischen Zielen, unter den damaligen Voraussetzungen keine Bedenken gegen den Meisterzwang geäußert.

In neueren Entscheidungen hat das Verfassungsgericht die Möglichkeiten ohne Meisterbrief handwerklich Leistungen auszuführen deutlich gestärkt (1 BvR 608/99 vom 31.03.00 unerheblicher Nebenbetrieb und 1 BvR 2176/98 vom 27.09.00 Reisegewerbe). In beiden Entscheidungen wurden die Rügen von Grundrechtsverletzungen durch die Handwerksordnung nicht geprüft. (1 BvR 2176/98, Randnummer 32: Ob auch die weiteren vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen Erfolg haben könnten, bedarf unter diesen Umständen keiner Prüfung." und 1 BvR 608/99, Randnummer 15: "Die Frage, ob die Anforderungen der Meisterprüfung angesichts geringerer Anforderungen an EU-Handwerker noch gerechtfertigt sind, kann hier dahingestellt bleiben.)

Heute ist der Meisterzwang und damit auch seine Verteidigung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG) verfassungswidrig. Vgl. Hamann-Lenz, GG, 3. Aufl., Art 12 Anm. 5 c; Manssen in v. Mangoldt/Klein/Starck, GG I, 4. Aufl., Art 12 Rdnr. 243; Wieland in Dreier [Hrsg.], GG I, Art. 12 Rdnr. 138; Arndt in Steiner [Hrsg.], Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Aufl, VII Rdnr. 290; Reuß, DVBl. 1961, 865, 967 ff.; Czybulka NVwZ 1991, 145, 148, Mirbach, Die neue Handwerksordnung, Ziff. 7/4.1.

Die wichtigsten Argumente für die Verfassungswidrigkeit des Meisterzwangs sind:

Die in dem vorgelegten Gesetzentwurf vorgesehene Strafverschärfung bei angeblichen Vergehen gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG ist unverhältnismäßig und daher verfassungswidrig.

Auch die in Diskussion befindliche (Ds. 14/8221 Nummer 17, Seite 27) Ausweitung des Meisterzwangs ist verfassungswidrig. Durch die Neufassung des § 2 SchwArbG können keine handwerksähnlichen Gewerbe, keine Minderhandwerker und keine unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebe für gewerbliche Auftraggeber Handwerksleistungen ausführen. Auch wird die Möglichkeit ohne Reisegewerbe nach § 55b GewO handwerkliche Tätigkeiten auszuüben beseitigt.

Für diese weiteren Grundrechtseinschränkungen gibt es keine Rechtfertigung.

Praktische Auswirkungen durch das Gesetz

Artikel 9 Nr. 1 und 2 bedroht Verstöße gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG (unerlaubte Handwerksausübung und deren Beauftragung) in Zukunft mit 300.000,- Euro Bußgeld. Schon durch diese Strafverschärfung werden alle gesetzlichen Varianten ohne Meisterbrief Handwerk auszuüben, mindestens unverhältnismäßig erschwert, wenn nicht tatsächlich unmöglich gemacht.

Weder Auftragnehmer noch Auftraggeber können abschätzen, wann sie gegen die unbestimmten Abgrenzungskriterien der HwO verstoßen. Im Sommer 2000 hat der BUH die Wirtschaftsministerien von Bund und Länder und auch den ZDH angeschrieben mit der Bitte um praxistaugliche Abgrenzungskriterien. Aus diesem Briefwechsel geht eindeutig hervor, daß die Wirtschaftsministerien und auch der ZDH keine praxistauglichen Hinweise geben können oder wollen, welche Tätigkeiten als unerlaubte Handwerksausübung gelten. Im Anhang habe ich Ihnen einige Zitate aus diesen Briefen zusammengestellt. Die Abgrenzungsregeln sind so unklar, daß die Verfolgung von angeblichen Verstößen gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG gegen das Bestimmtheitsgebot (Artikel 103 Abs. 2) verstößt.

Hierzu Verweise ich auf die Anlage "Unklare Handwerksrechtliche Abgrenzungskriterien".

In Folge der Unklarheit der Abgrenzungskriterien und der - von der HwO und Rechtsprechung abweichenden - Formulierung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG, geben Behörden, Handwerkskammern und BfA häufig falsche und irreführende Informationen, bei welchen Tätigkeiten Verstöße gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG (unerlaubte Handwerksausübung) vorliegen und welche Tätigkeiten in welchen Umfang erlaubt sind.

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG sollte - da verfassungswidrig - gestrichen werden. Mindestens muß die Formulierung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG an die Tatbestände der HwO und die Rechtsprechung angepaßt werden.

Siehe auch Anlage "Offizielle Falschinformationen zu Schwarzarbeit".

Die Änderungsvorschläge des Bundesrates zu Artikel 9 und 11 sind zum großen Teil verfassungswidrig. Z.B. wollen die Länder durch die Einführung des § 2b so etwas wie eine Ermächtigung zu verdachtsunabhängigen Durchsuchungen ohne richterlichen Durchsuchungs-beschluß. Mit diesen Vorschlägen wollen anscheinend verschiedene Bundesländer ihre verfassungswidrige Praxis bei der Verfolgung von Gewerbetreibenden legalisieren. Wir weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, daß zur Zeit zwei Verfassungsbeschwerden gegen Hausdurchsuchungen wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung in Karlsruhe anhängig sind (2 BvR 1006/01 und 2 BvR 1332/01). Bei beiden Verfassungsbeschwerden wurden mittlerweile die zuständigen Länder zu Stellungnahme aufgefordert. Niedersachsen hat auf diese Möglichkeit verzichtet. Weitere Verfassungsbeschwerden zu diesem Thema werden in den nächsten Wochen eingereicht werden.

Die von Bundesrat vorgeschlagene Neufassung des § 2 SchwArbG ist vor dem Hintergrund der ungelösten Eintragung in die Handwerksrolle von Unternehmen aus dem EU-Ausland (vgl. EuGH C-58/98 vom 03.10.00) europarechtlich äußerst bedenklich. In dem Urteil hat der EuGH entschieden, daß das bis dahin gültige Verfahren für die Eintragung in die Handwerksrolle von Unternehmen aus anderen EU-Staaten gegen EU-Recht verstößt. Eine neue Regelung wurde noch nicht verabschiedet.

Durch die vom Bundesrat gewünschte Änderung Nummer 17 von Artikel 9 Nr. 2 (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit) wird die Möglichkeit ohne Eintragung in die Handwerksrolle Handwerke zu betreiben (z.B. im unerheblichen Nebenbetrieb, im handwerksähnlichen Gewerbe oder einfache handwerklich Tätigkeiten) wesentlich beschränkt.

Diese Änderung würde zur Verdrängung von mehreren zehntausend Betrieben im handwerklichen Umfeld führen. Es ist das durchsichtige Interesse der Handwerkskammern diese Konkurrenz vom Markt verdrängen zu wollen. Wir erwarten, daß in dem Maße, wie die Möglichkeiten ohne Eintragung in die Handwerksrolle legal tätig zu sein beschränkt werden, Steuerhinterziehung zunehmen wird. Die betroffenen Handwerker werden nur noch ohne Rechnung arbeiten können. Insofern wird das geplante Gesetz die Schattenwirtschaft fördern!

Kosten des Gesetzes:

Wie die Monopolkommission in ihrem 12 Hauptgutachten und im Sondergutachten vom Mai 2001 eindrucksvoll darlegt, verhindert der Meisterzwang in großem Umfang die Entstehung von neuen Unternehmen und Arbeitsplätzen.

Wegen der undurchsichtigen Abgrenzungskriterien werden durch die Strafverschärfung mehrere zehntausend legal arbeitende Unternehmen vom Markt verschwinden und in die Schattenwirtschaft gedrängt. Außerdem wird die an Schutzgelderpressung erinnernde Praxis der "Scheinmeister" (der angestellten Meister einer GmbH, die nur Ihren Namen hergeben, aber in der Firma nicht arbeiten) erheblich zunehmen.

Auch werden weitere Betriebe in das EU-Ausland überführt und von dort nach einfacheren Regeln den Marktzugang in Deutschland zu erlangen. Dabei werden schon heute einfache Handwerker von windigen Steuerberatern in wacklige Konstruktionen getrieben und dabei finanziell über den Tisch gezogen. Rechtlich sichere Konstruktionen über das EU-Ausland kosten viel Geld. Diese wird weiter dazu führen, daß nur mit viel Kapital, Unternehmen gegründet werden können.

Die Inländerdiskriminierung durch die Handwerksordnung wird zunehmen.

Zusammenarbeit und Erweiterung der zuständigen Behörden

Die Regelungen der Zuständigkeit von Behörden und deren Zusammenarbeit bei der Verfolgung angeblich unerlaubter Handwerksausübung geht an der schon heute praktizierten Realität vorbei.

Realität ist:

Diese Praxis spottet jeder Rechtsstaatlichkeit. Die Vermischung von Partialinteressen mit hoheitlichen Aufgaben bei Handwerkskammern, Innungen und Kreishandwerkerschaften muß beendet werden.

Generalunternehmerhaftung

Die Generalunternehmerhaftung bedeutet für Generalunternehmer ein Risiko, das sie nicht ohne Einnahmen tragen werden. Teilweise wird dies dazu führen, daß Generalunternehmer mehr Arbeiten in eigener Regie ausführen. Teilweise werden diese Risikokosten auf die Nachunternehmer abgewälzt werden, da höhere Preise derzeit nicht am Markt durchsetzbar sind.

Im Ergebnis wird diese Haftung dazu führen, daß viele kleine Betriebe vom Markt verschwinden werden.

Vorgesehene Sanktionen

Problematisch an dem Gesetzentwurf ist, daß nicht differenziert wird, zwischen sozial schädlichen Tatbeständen, wie Hinterziehung von Sozialabgaben und illegaler Beschäftigung 1 Abs. 1 Nr.1 SchwArbG auf der einen Seite und unerlaubter Handwerksausübung auf der anderen Seite, die nur dem Schutz einer (bessergestellten) Gruppe etablierter Handwerksunternehmen vor dem Wettbewerb durch kleinere Konkurrenten dient und eher mit Ordnungswidrigkeiten aus der GewO vergleichbar ist, die mit Strafen unter 25.000,- Euro belegt sind. Schon die bestehenden Strafen, erst recht aber die geplanten Strafen, sind also offensichtlich unverhältnismäßig.

Die Nr. 3 in § 1 Abs. 1 SchwArbG (Handwerksausübung ohne Eintragung in die Handwerksrolle) sollte genauso wie § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO gestrichen werden. Die Gewerbeausübung ohne Anmeldung (§ 1 Abs. 1 Nr.2 SchwArbG) bleibt dabei weiterhin eine Ordnungswidrigkeit.

Über die Unbestimmtheit der Umsatzgrenzen für unerhebliche handwerkliche Nebenbetriebe hinaus hat ein Auftraggeber von handwerklichen Leistungen an einen handwerklichen Nebenbetrieb keinen Einfluß darauf, ob sein Auftragnehmer am Ende des Jahres unbekannte Umsatzgrenzen überschritten hat. Deswegen ist die Strafandrohung in diesem Fall eindeutig verfassungswidrig und muß gestrichen werden.

Angesichts der erheblichen Unsicherheiten hinsichtlich verschiedener, die Handwerksordnung essentiell betreffender Rechtsfragen (z.B. Unbestimmtheit des Handwerksbegriffs, Unklarheit der Unerheblichkeitsgrenzen, Beteiligung von Handwerksorganisationen an Ermittlungen) bittet der BUH, zusätzlich eine Sachverständigenanhörung durchzuführen, in der Rechtssachverständige aus der obersten Gerichtsbarkeit, der Wissenschaft, der Verwaltung und den betroffenen Verbänden zu den zweifelhaften Rechtsfragen gehört werden sollten.

Anlagen

Weitere Informationen


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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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