BUH-Pressemitteilungen, BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang
Die Berufsfreiheit ist im Grundgesetz verankert – im Handwerk ist dieses Grundrecht jedoch bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt. Das Bundesverfassungsgericht hat in den vergangen 60 Jahren mehrfach die Chance vertan, dieses Grundrecht auf für Handwerker ohne Meisterbrief zur Geltung zu bringen.
"Seit die Nazis den Meisterzwang im Handwerk 1934 wieder eingeführt haben, wird Handwerkern ohne Meisterbrief ihre Berufsfreiheit genommen. Die Errungenschaft der Aufklärung, nämlich dem Menschen zuzugestehen, dass er sein Wissen und seine Fertigkeiten auf die ihm wohlgefälligste Weise gebrauchen und so seine Persönlichkeit möglichst frei entfalten kann, wurde damals in totalitärer Gesinnung platt gemacht“, meint Oliver Steinkamp vom BUH e.V. Nach dem Krieg wurde zwar in der amerikanischen Zone die Gewerbefreiheit auch im Handwerk wieder eingeführt, in der französischen und englischen Zone blieb der Meisterzwang bestehen.
Das Verfassungsgericht hat es schon Anfang 1953 unterlassen gegen den Meisterzwang aus der Besatzungszeit einzuschreiten. Unmittelbar nach Einführung der Deutschen Handwerksordnung hat Konrad Adenauer dem Hohen Kommissar der Vereinigten Staaten Conant zugesichert, die Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwangs bei nächster Gelegenheit vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen. Schon kurze Zeit später waren auch Verfassungsbeschwerden zum Meisterzwang anhängig. Der Bundesgerichtshof ging in seiner Stellungnahme von einer unzulässigen Einschränkung der Berufsfreiheit durch den Meisterzwang aus. Soweit ersichtlich, wurden die ersten Verfassungsbeschwerden gegen den Meisterzwang nicht zur Entscheidung angenommen. Erst 1961 entschied das BVerfG über einen Fall, in dem es den Meisterzwang mit der Berufsfreiheit vereinbar ansah, wenn Ausnahmebewilligungen großzügig erteilt würden. Der damalige Beschwerdeführer hat in der Folge auch tatsächlich eine Ausnahmebewilligung bekommen. In der juristischen Literatur wurde diese Handwerksentscheidung als gefährlicher Rückfall in ständestaatliche Auffassungen heftig kritisiert.
In der Folge wurden aber Ausnahmen – entgegen aller offiziellen Beteuerungen – immer engherziger erteilt. Regelmäßig wird diese Engherzigkeit durch Urteile von Verwaltungs-, und Landgerichten abgesegnet – und damit die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht berücksichtigt. Das BVerfG sah sich vor dem Hintergrund der Rechtssprechung zu Ausnahmebewilligungen Ende 2005 genötigt festzustellen, dass es dem Bürger nicht zuzumuten ist, diese Bewilligungen erst vor Gerichten zu erstreiten.
In dieser Entscheidung von 2005 hat das BVerfG sich intensiv mit den Argumenten gegen den Meisterzwang auseinandergesetzt und angedeutet, dass der Meisterzwang bis 2003 verfassungswidrig war. Zur neuen Rechtslage nach Inkrafttreten der Handwerksnovelle 2004 hat es sich ausgeschwiegen. Andere Verfassungsbeschwerden, die zur gleichen Zeit anhängig waren und für die das BVerfG Stellungnahmen eingeholt hatte, hat das Gericht am Ende nicht zur Entscheidung angenommen. In diesen Verfassungsbeschwerden wäre es auch um die nun aktuelle Rechtslage gegangen.
Steinkamp kritisiert: "Wir Handwerker erleben eine Rechtsverweigerung durch Gerichte und Verwaltung. Das Verfassungsgericht verweigert eine Entscheidung zu der offenen verfassungsrechtlichen Streitfrage, ob der Meisterzwang gegen die Berufsfreiheit verstößt. Die Verwaltung und die Handwerkskammern verweigern weiterhin eine großzügige Anwendung der Ausnahmeregelungen. Handwerker ohne Meisterbrief werden von Konkurrenten und Ordnungsbehörden kriminalisiert und mit Hausdurchsuchungen und Bußgeldverfahren überzogen. 2007/2008 hat das BVerfG in 21 Entscheidungen die Rechtswidrigkeit von solchen Durchsuchungsbeschlüssen festgestellt. In der Folge hören die Behörden aber nicht mit diesem systematisch betriebenen Grundrechtsraub auf, sondern verlangen von den Betroffenen mit einem Durchsuchungsbeschluss in der Hand die Herausgabe von Unterlagen. Dieses erpresserische Vorgehen akzeptieren Gerichte regelmäßig und tun so, als hätten die Betroffenen freiwillig Ihre Unterlagen herausgegeben. Mit diesen Dokumenten in der Hand verlangen die ermittelnden Behörden dann unberechtigte Bußgelder. Darüber hinaus drohen die Ämter den bedrängten Unternehmen mit betriebsschädigenden Kundenbefragungen den Betrieb zu zerstören, wenn die Unterlassungserklärungen nicht anerkannt würden."
Ab Ende 2009 dürfen Handwerker aus anderen EU-Staaten ohne jegliche Auflagen Handwerksleistungen in Deutschland anbieten. Von Einheimischen wird der Meisterbrief verlangt. Eine Antwort auf die Frage, wie dies vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgebots zu rechtfertigen ist, bleiben Politiker und Gerichte den Betroffenen schuldig.
Für Handwerker sind 60 Jahre Grundgesetz kein Grund zum Feiern einer freiheitlichen Ordnung. Die Realität sind 75 Jahre erpresserischer Grundrechtsraub. Die Gerichte beteiligen sich daran, das Verfassungsgericht schaut weg und Politiker wundern sich über Politikverdrossenheit.
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