Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
Der Beschluss des Landgerichts Kassel bezieht sich auf ein ............. Bußgeld nach der Handwerksordnung in der alten Fassung.
Aktenzeichen: 2 Qs 154/11
im Ermittlungsverfahren
gegenhier: Durchsuchung der Geschäftsräume und Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen
hat die 2. große Strafkammer des Landgerichts Kassel - als Beschwerdekammer - auf die Beschwerde des Betroffenen vom 07.09.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eschwege vom 19.05.2011 - 73 Gs 16/11 -
am 27.10.2011
beschlossen:
Der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts ...... vom 19.05.2011 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Durchsuchung der Geschäftsräume des Betroffenen vom 12.08.2011 rechtswidrig gewesen sind.
Die beschlagnahmten vier Ordner sind an den Betroffenen herauszugeben.
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden dem -- auferlegt.
Gründe:
I. Nachdem der Kreishandwerkerschaft..... durch ein Innungsmitglied zugetragen worden war, dass der Betroffene an einem Haus in .... Wärmedämmarbeiten ausführe, diese sodann die Handwerkskammer .... unter dem 03.08.2010 hierüber informiert hatte (Bl. 2 d.A.), hat die Handwerkskammer ... nach eigenen weiteren Ermittlungen gemäß dem Vermerk .... vom 12.08.2010, u.a. einer Baustellenkontrolle (Bl. 3 bis 5 d.A.), bei dem Landrat des .... - Gewerbeamt - Antrag auf Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens gemäß § 117 HwO wegen unzulässiger Handwerksausübung im Maler- und Lackierer-Handwerk gegen den Betroffenen gestellt. Bei der Baustellenkontrolle war das dortige Wohnhaus eingerüstet, an dem Gerüst war ein Schild u.a. mit der Aufschrift "Maler- und Putzbetrieb..., Ihr Fachmann für: Maler - und Putzarbeiten, kreative Wohngestaltung, Fachwerksanierung" angebracht. Der Betroffene, der auf der Baustelle nicht anwesend war, konnte unter der auf dem Schild angegebenen Mobiltelefonnummer durch... kontaktiert werden....wies den Betroffenen darauf hin, dass er gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen unzulässiger Handwerksausübung bei der zuständigen Behörde beantragen werde.
Der Betroffene ist am 27.05-2010 antragsgemäß in das Verzeichnis zulassungsfreier Handwerke mit den Handwerken "Raumausstatter, Hausmeisterservice, Holz- und Bautenschutz, Bodenleger" eingetragen worden. Der Beginn der Selbständigkeit ist für den 12.0.2010 vermerkt, der Ort der gewerblichen Niederlassung befindet sich unter der eingangs angeführten Anschrift des Betroffenen (Bl. 6 d.A.). Sein Gewerbe hat der Betroffene bei der Stadtverwaltung ... am 17.12. 2009 mit den Tätigkeitsbereichen "Hausmeistertätigkeiten, Holz- und Bautenshcutz, Raumausstatter, Gerüstbau, Bodenlegertätigkeiten" zur Anmeldung gebracht (Bl. 7.d.A.).
Das Gewerbeamt des... hat sodann die Eigentümer des Hauses ermittelt und diese zur Beantwortung der im Schreiben vom 29.10.2010 (Bl. 11 f.d.A.) angeführten Fragen gemäߧ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m.§ 57 StPO aufgefordert. Mit Schreiben vom 18.11.2010 (Bl. 21 ff d.A.) teilten die Eheleute... mit, dass der Betroffene gemäß Angebot eine Wärmedämmung ihres Hauses gegen Rechnung (Bö. 41, 42 d.A.) ausgeführt habe. Weitere Kunden des Betroffenen seien ihnen nicht bekannt, der Betroffene habe jedoch eigenen Angaben nach noch weitere Aufträge.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 29.10.2010 beantragte der Betroffene Akteneinsicht (Bl. 13 d.A.). Nach Einsichtnahme beantragte er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.11.2010 die Einstellung des Verfahrens gemäß § 46 OWiG, § 170 Abs. 2 StPO. Die streitgegenständlichen Putzarbeiten seien kein Bußgeld bewertes Verhalten. Er habe zwar im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens Putzarbeiten an einer Außenfassade getätigt. Diese seien jedoch in das Berufsbild nicht handwerklicher Gewerbe integriert, so z.B. in die Berufsbilder des Bauwerksabdichters oder des Fassadenmonteurs, was zur Folge habe, dass er die Putzarbeiten als erlaubnisfreie Arbeiten im Rahmen des von ihm ausgeübten Gewerbes ausgeführt habe.
Nachdem das Gewerbeamt des... mit Schreiben vom 23.12.2010 (Bl. 54 f d.A.) eine ergänzende Stellungnahme der Handwerkskammer ... vom 06.01.2011 (Bl. 56 f. d.A.) eingeholt hatte, hat es mit Schreiben vom 06.05.2011 gegenüber dem Verteidiger des Betroffenen darauf verwiesen, dass die ausgeführten Arbeiten eindeutig dem Maler- und Lackierer-Handwerk sowie dem Stuckateur-Handwerk oder dem Maurer- und Betonbauer-Handwerk zuzuordnen und daher eintragungspflichtig seien. Zugleich hat es mit weiterem Schreiben vom 06.05.2011 bei dem Amtsgericht ... in dem "Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen unerlaubter Handwerksausübung, Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO ... die Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Betroffenen, der ihm gehörenden Sachen, seiner Kraftfahrzeuge und seiner Person und die Beschlagnahme der Geschäftsunterlagen des Betroffenen zum Beweis der o.a. unerlaubten Gewerbeausübung" beantragt. Für die Entscheidung in dem Ordnungswidrikeitsverfahren ist es erforderlich, Art und Umfang der unerlaubten Gewerbeausübung nachzuweisen. Weiterhin sei zu prüfen, ob eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 e) des Gesetzes zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehung vorliege. Die vorliegenden Erkenntnisse ließen eine abschließende Entscheidung im Ordnungswidrigkeitsverfahren nicht zu, die bisherigen Ermittlungen würden jedoch belegen, dass der Betroffene ohne erforderliche Handwerksrolleneintragung und Gewerbeanmeldung sich selbständig im Maler- und Lackierer-Handwerk, im Stuckateur-Handwerk sowie im Maurer- und Betonbauer-Handwerk betätige.
Das Amtsgericht... hat sodann durch Beschluss vom 19.05.2011 die Durchsuchung der Wohnung mit allen Nebenräumen,e eventuell vorhandener Geschäftsräume und des sonstigen umfriedeten Besitztums des Betroffenen im....., sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen (einschließlich Kraftfahrzeuge) angeordnet, weil aufgrund von Tatsachen zu vermuten sei, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln, nämlich Geschäftsunterlagen zum Beweis der unerlaubten Gewerbeausübung, führen werde, und die Beschlagnahme dieser Gegenstände angeordnet (Bl. 64 d.A.). Der Betroffene sei verdächtig, Maler- und Putzarbeiten durchzuführen, obwohl er bei der Handwerkskammer lediglich mit den zulassungsfreien Gewerken Raumausstatter, Holz- u. Bautenschutz sowie Bodenleger eingetragen sei. Diese Handlung sei eine Ordnungswidrigkeit und gemäß § 117 Handwerksordnung mit Strafe bedroht. Der Tatverdacht beruhe auf den Ermittlungen der Handwerkskammer ... . Die Durchsuchung wurde dem Gewerbeamt des... überlassen.
Bei der Durchsuchung am 12.08.2011 wurden sodann ausweislich des Sicherstellungsnachweises Bl. 71 d. A. vier Ordner mit Rechnungen, Angeboten und Quittungen beschlagnahmt.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Betroffenen vom 23.08.2011, bei dem Amtsgericht eingegangen am 26.08.2011 (Bl. 74 d.A.), die mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 07.09.2011 (Bl. 76 ff d.A.) begründet worden ist. Mit ihr verfolgt der Betroffene die Aufhebung des Hausdurchsuchungs- sowie Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts ... vom 19.05.2011 und die Herausgabe der beschlagnahmten vier Ordner gemäß Sicherstellungsnachweis vom 12.08.2011. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass der Beschluss des Amtsgerichts... unverhältnismäßig sei, zudem sei in dem Beschluss ein Gesetzesverstoß unter Angabe des Tatbestandes beziehungsweise der Ordnungswidrigkeit nicht genannt bzw. der Tatvorwurf nicht ordnungsgemäß eingegrenzt. Jegliche Ausführungen bezogen auf den konkreten Einzelfall lasse der Beschluss vermissen. Zudem sei der Beschluss nicht auf Beweismittel bezüglich der streitgegenständlichen Baustelle begrenzt, weshalb zugleich eine unzulässige Ausforschung ohne entsprechenden weiteren Anfangsverdacht erfolge.
Das Amtsgericht... hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Verfügung vom 14.09.2011 der Beschwerdekammer vorgelegt.
Dem ...-Kreisausschuss - ist durch die Kammer im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Mit Schreiben vom 07.10.2011 ist das Gewerbeamt des ... (Bl. 85 f d.A.) der Beschwerde entgegen getreten
II.
Die Beschwerde ist gem. § 304 Abs. 1 StPO zulässig. Dass die Durchsuchung aufgrund des angefochtenen Durchsuchungsbeschlusses bereits stattgefunden hat, steht der (weiteren) Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht entgegen. Das Rechtsmittel zielt dann dahin, die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses bzw. der Durchsuchungsmaßnahme sowie der Beschlagnahme festzustellen..
Die Beschwerde ist begründet, weshalb der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen vom 12.08.2011 festzustellen ist und in der Folge die beschlagnahmten Ordner mit Geschäftsunterlagen herauszugeben sind.
Der angegriffene Beschluss verletzt den Betroffenen in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 GG. Der Durchsuchungsbeschluss lässt insbesondere nicht erkennen, dass eine hinreichende Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt ist, obwohl eine solche im hier vorliegenden Fall sich aufdrängen musste
Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit im Zusammenhang mit Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Verdacht eines Verstoßes gegen die Handwerksordnung sowie des SchwarzArbG insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit u.a. wiederholt (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 28.04.2007 - 2BvR 1331/01, 2 BvR 1331,1; Beschluss vom 29.04.2007 - 2BvR 532/02, 2BvR 532/02; Beschluss vom 24.07.2007 - 2 BvR 1545/03 - Beschluss vom 27.07.2007 - 2 BvR 1994/02) zum Prüfungsmaßstab, mit dem das Amtsgericht sich ersichtlich nicht auseinandergesetzt hat, ausgeführt (BVerfG, Beschluss vom 29.04.2007 = BeckRS 2007,23777):
1. a) Das Gewicht des Eingriffs verlangt als Durchsuchungsvoraussetzung Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353 f.>; 59, 95 <97>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 - 2 BvR 2043/03 u.a. -, NJW 2004, S. 3171 <3172>).
b) Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie muss im Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichen Zweck Erfolg versprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein. Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen; dies ist nicht der Fall, wenn andere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen. Der Richter darf die Durchsuchung nur anordnen, wenn er sich auf Grund eigenverantwortlicher Prüfung der Ermittlungen überzeugt hat, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>).
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet zwar - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht, bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten stets von Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen abzusehen. Allerdings sind die Anforderungen an die Stärke des Tatverdachts umso höher, je weniger schwer die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat wiegt.
In Fällen der Durchsuchung bei Handwerkern, die sich auf einen Verstoß gegen die Handwerksordnung und das Schwarzarbeitsgesetz stützen, sind darüber hinaus die Wertungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Ist im Rahmen der Ermittlungstätigkeit noch unklar, ob überhaupt eine Ordnungswidrigkeit gegeben ist oder ob es sich um die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Ausübung der Berufsfreiheit handelt, so gebietet der insofern schwache Anfangsverdacht eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung. Mit Blick auf die Veränderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Umstände sind Zweifel daran angebracht, ob die bis Ende des Jahres 2003 geltenden Regelungen über die Ausgestaltung des Meisterzwangs (§ 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 7 HwO a.F.) dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in dem hier maßgeblichen Zeitraum noch gerecht werden konnten. Wegen dieser Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die damals geltende Ausnahmeregelung des § 8 HwO a.F. mit Blick auf Bedeutung und Tragweite des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG großzügig anzuwenden ist (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Dezember 2005 - 1 BvR 1730/02 -, DVBl 2006, S. 244 <246>). Diese Besonderheiten sind auch bei Durchsuchungsmaßnahmen zu berücksichtigen, die sich auf einen Verstoß gegen die Handwerksordnung stützen.
2. Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben werden die angegriffenen Beschlüsse nicht gerecht.
a) Die Fachgerichte gehen, ohne zwischen dem Tatbestand des § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998) und dem des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Februar 1995) zu differenzieren, von einem Anfangsverdacht bezüglich einer "Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit" aus. Angesichts der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen und Bußgeldhöhen handelt es sich jedoch um unterschiedliche Regelungen zu Taten mit einem ebenfalls unterschiedlichen Unrechtsgehalt. Zur Begründung des Tatverdachts gehört bei § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG die Darlegung der Ausführung von Dienst- oder Werkleistungen "in erheblichem Umfange". Um diesen Anfangsverdacht verfassungsgemäß begründen zu können, ist erforderlich, dass Feststellungen getroffen werden, die nach einfachem Recht die Anwendung des Qualifikationstatbestands gegenüber dem Grundtatbestand des § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO nachvollziehbar machen. Kann ein Anfangsverdacht auch nicht im Ansatz im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG begründet werden, so kommt eine Durchsuchung allein wegen eines Verstoßes gegen § 117 Abs. 1 HwO in Betracht.
Der angegriffenen Durchsuchungsanordnung lag lediglich eine Baustellenkontrolle zugrunde. Ausführungen dazu, warum eine einzelne Baustellenkontrolle zur Annahme eines "erheblichen Umfangs" der Ausführung von handwerklichen Dienst- oder Werkleistungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG durch den Beschwerdeführer führt, fehlen. Es erscheint bedenklich, ohne weitere Anhaltspunkte von der lediglich einmaligen Ausführung handwerklicher Tätigkeiten auf einen dauerhaften und wiederholten Verstoß im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG zu schließen.
b) Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist nach der Schwere der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit zu differenzieren. Umfangreiche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit sind zwar weder im Durchsuchungsbeschluss, noch in der Beschwerdeentscheidung grundsätzlich und stets von Verfassungs wegen geboten. Im vorliegenden Fall hätten sich in Anbetracht des auf lediglich einer Baustellenüberprüfung beruhenden Tatverdachts Ausführungen hierzu geradezu aufdrängen müssen. Während der Beschluss des Amtsgerichts jegliche Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit vermissen lässt, geht das Landgericht angesichts der Höhe des in § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG angedrohten Bußgelds und der allgemein gesehenen großen Gemeinschädlichkeit von Schwarzarbeit von der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme aus. Die Verhältnismäßigkeitserwägungen des Landgerichts gehen damit bereits von einer falschen Grundlage aus. Ein hinreichender Tatverdacht bezüglich einer Ordnungswidrigkeit nach § 1 Nr. 3 SchwarzArbG war vorliegend gerade nicht begründbar. ...".
Gemessen hieran ist die Durchsuchung und Beschlagnahme jedenfalls unverhältnismäßig
So hat das Amtsgericht die Durchsuchung und Beschlagnahme allein auf den Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 117 Handwerksordnung gestützt, wonach insbesondere eine Verhältnismäßigkeitsprüfung angezeigt war, soweit gerade nicht auf den Verdacht einer nunmehr in § 8 Abs. 1 Nr. 1 d ) und e) SchwarzArbG in der Fassung vom 30.07.2011 (wie auch bereits zuvor in der Fassung vom 23.07.2004) inhaltsgleich zu § 1 SchwarzArbG (in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.2.1995) normierten Ordnungswidrigkeit bei der Anordnung der Durchsuchung abgestellt worden ist.
Eine Anordnung der Durchsuchung wegen des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 117 Abs. 1 HwO ist danach bereits nicht verhältnismäßig, da die den Anfangsverdacht begründenden Tatsachen, zu denen sich der angefochtene Beschluss konkret nicht verhält letztlich unbestritten sind. Der Betroffene hat insbesondere nicht die Ausführung der Putzarbeiten, wie sie im Einzelnen von den Zeugen ... im Schreiben vom 18.11.2010 angeführt sind, die eigene Rechnungsstellung für die ausgeführten Putzarbeiten sowie die Erkenntnisse zur Ausführung vor Ort, wie sie insbesondere aufgrund der Ermittlungen des Herrn... für die Handwerkskammer ... in Erfahrung gebracht worden sind, in Abrede gestellt. Die maßgebenden Unterlagen bezogen auf die die Einleitung des Ermittlungsverfahrens auslösenden Putzarbeiten standen dem gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach §§ 117 und § 118 der Handwerksordnung zuständigen Kreisausschuss des Landkreises... Gewerbeamt - bereits zur Verfügung. Danach war eine weitere Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten und der Wohnung, der Person des Betroffenen sowie von Kraftfahrtzeugen weder erforderlich noch geeignet, für dieses Bauvorhaben einschlägige Unterlagen für den Nachweis einer Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 117 HwO sicherzustellen. Insoweit ist letztlich nur die rechtliche Einordnung der unstreitig ausgeführten Putzarbeiten im Ordnungswidrigkeitsverfahren entscheidungserheblich nämlich ob diese von dem Betroffenen auch ohne vorherige Eintragung in die Handwerksrolle ausgeführt werden konnten und können, da sie einem sonstigen nicht handwerklichen Gewerbe unterfallen oder nicht.
Soweit das Gewerbeamt des ... in der Begründung des Durchsuchungsantrags vom 06.05.2011 zugleich auf eine "Weiterhin zu prüfende" Ordnungswidrigkeit gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 e) SchwarzArbG abgestellt hat, folgt auch hieraus nicht die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung. Bereits die Formulierung in der Begründung des Antrags vom 06.05.2011 belegt, dass ein hinreichender Anfangsverdacht nicht darzutun war. Offensichtlich ist hiervon auch das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgegangen, soweit es allein auf einen Anfangsverdacht i.S.d. § 117 HwO - entsprechend der einleitenden Fassung des Antrages vom 06.05.2011 - abgestellt hat. Insoweit kann die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung auch nicht auf einen ausreichenden Anfangsverdacht i.S.e. Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 e) SchwarzArbG gestützt werden, vielmehr wäre eine solche auf eine nicht zulässige Ausforschung gerichtet. Zum für das Beschwerdeverfahren allein maßgebenden Anordnungszeitpunkt bei Beschlussfassung am 19.05.2011 lag lediglich eine Baustellenkontrolle vor, die zudem bereits am 06.08.2010 ausweislich des Vermerks ... vom 12.08.2010 erfolgt war. Weitere Erkenntnisse zur Ausführung von Putzarbeiten oder anderweitigen Arbeiten des Betroffenen, die eine Eintragung in die Handwerksrolle hätten erforderlich machen können, lagen trotz Ablauf von rund 9 Monaten nach Einleitung der gegen den Betroffenen gerichteten Ermittlungen nicht vor. Solche sind auch nicht aufgrund der Ausführung der Arbeiten an sich in ausreichendem Maße zu erlangen. Allein das Vorhalten und die Aufstellung eines Gerüstes sowie die Anbringung des Schildes am Gerüst auf der Baustelle im August 2010 begründen keinen hinreichenden Anfangsverdacht, dass der Betroffene ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, und Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang erbringt. Insoweit hätte es dem Kreisausschuss des ... vielmehr oblegen, zunächst weitere Ermittlungen eigenständig vorzunehmen. Diese sind nicht durch eine Durchsuchung zu führen, die erst zum Auffinden von geeigneten Unterlagen dienlich sein soll, wenn nicht zuvor ein hinreichender Anfangsverdacht zu begründen ist (so auch BVerfG, Beschlüsse vom 24.07.2007 und 29.07.2007 hinsichtlich lediglich einmalig festgestellter Verstöße). Dies gilt insbesondere auch bei Berücksichtigung des bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses verstrichenen Zeitraums, in dem keinerlei weitere Vorkommnisse in Bezug auf den betroffenen zu verzeichnen waren. Dabei kann dem Betroffenen nicht zum Nachteil gereichen, dass entsprechende Maßnahmen nicht ergriffen worden sind, weil offensichtlich, wie aus der Aufstellung Bl.67 f d.A. zu entnehmen, "aufgrund der vorrangigen Mitarbeit im FD 3.2 - Wahlen -(konnte) das Verfahren nicht zeitnah fortgeführt werden" konnte.
Danach kann dahinstehen, ob die Ausführung der Putzarbeiten durch den Betroffenen überhaupt geeignet ist, eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 117 HwO bzw. § 8 Abs. 1 Nr. 1 e ) SchwarzArbG zu begründen. Selbst wenn die Ausführung solcher Werksleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk darstellen sollte, welches der Betroffene unzweifelhaft selbständig als stehendes Gewerbe betrieben hat, so ist die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung gemäß dem angefochtenen Beschluss aus den Vorstehenden Gründen jedenfalls unverhältnismäßig gewesen.
Daher ist festzustellen, dass die Durchsuchung und Beschlagnahme am 12.08.2011 rechtswidrig gewesen ist. Über die Frage der Verwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel ist hier hingegen nicht zu entscheiden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 105 Rn 18 m.w.N.)
Die Kostenentscheidung folgt aus dem Erfolg der Beschwerde
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