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Entscheidungen zu Betriebs- und Gewerbeuntersagungen bei Handwerkern ohne Meisterbrief
- BVerwG - Entscheidung vom 29.09.1992 (1 C 36.89) - siehe auch DVBl 1993, 1220
- 1. Zur Frage der hinreichenden Bestimmtheit einer gegen einen Handwerker
gerichteten Untersagungsverfügung.
2. Zur Frage, inwieweit die Arbeit mit Natursteinplatten am Bau einerseits
dem Fliesen-, Platten- und Mosaikleger-Handwerk und andererseits dem
Steinmetz- und Steinbildhauer-Handwerk bzw. beiden Handwerken zuzuordnen ist.
- Inhaltlich hinreichende Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere
für den Adressaten des Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene
Regelung so vollständig klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein
Verhalten danach richten kann.
- Bundesverwaltungsgericht zu einer handwerksrechtlichen
Betriebsuntersagung - Urteil des I. Senats vom 22. September 1970 - BVerwG I C 57.69
- 1. Auf Grund des § 16 Abs. 3 HwO kann lediglich die Fortsetzung eines
konkreten Handwerksbetriebes, nicht aber die Ausübung einer bestimmten Gewerbeart, hier des
Tischlerhandwerks, untersagt werden.
- 2. Zur Zuständigkeit zum Erlaß einer Verbotsverfügung nach § 16 Abs. 3 HwO und § 35 Abs. 1 GewO.
- Verwaltungsgericht Stuttgart
4 K 1423/08 vom 11.09.2008 zu einer Betriebsuntersagung bei einem Reisegewerbetreibenden
der bei einem gewerblichen Auftraggeber tätig war.
- Verwaltungsgericht Arnsberg 1 L 568/07
vom 1.08.2007 zu einer handwerksrechtlichen Gewerbeuntersagung
- Verwaltungsgericht Stuttgart 4 K 3119/05
vom 3. April 2006
- Montage von Fassaden, die industriell vorgefertigt sind ist kein Handwerk im Sinne von § 1 HwO
- Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss
6 S 1601/05 vom 16.12.2005
- Dem Betroffenen wurde untersagt Metallfassade anzubringe weil
er damit das Klempnerhandwerk ausübe.
- Gegen die Gewerbeuntersagung hat der Betroffene Widerspruch
eingelegt und damit von dem Verwaltungsgericht sowie vor dem
Verwaltungsgerichtshof recht bekommen.
- Der VGH führt aus: "Denn die ernstlichen Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung bestehen
aus materiell-rechtlichen Gründen (weiterhin) fort. Dies gilt
sowohl hinsichtlich der handwerksmäßigen Betriebsform (unten a)
als auch hinsichtlich der Handwerksfähigkeit des Gewerbes (unten b)."
- VG Arnsberg, Beschluss vom 10.02.2005, Az. 1 L 1582/04
- Nach dem novellierten § 16 Abs. 3 S. 2 der Handwerksordnung
ist die Untersagung eines Handwerkbetriebes nur zulässig, wenn die Handwerkskammer
und die Industrie- und Handelskammer zuvor in einer gemeinsamen Erklärung
mitgeteilt haben, dass sie die Voraussetzungen einer Untersagung als gegeben
ansehen. Selbst wenn für eine solche gemeinsame Erklärung nach Sinn und Zweck
der Regelung getrennte, aber sachlich übereinstimmende Erklärungen der
Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer ausreichen sollten,
müssen beide Stellen aber mit der gebotenen Eindeutigkeit unmissverständlich
zum Ausdruck bringen, dass sie die Voraussetzungen einer Untersagung als
gegeben ansehen. HandwO § 16 Abs. 3, VwGO § 80
- OVG Münster 4 Ss 511/02 vom 06.11.2003
- Das OVG bestätigt mit dem Urteil ausdrücklich die
Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 2176/98 vom 27.09.2000 in
der festgestellt wurde: "Letztlich ist aber nicht ausgeschlossen, dass
im Reisegewerbe auch einmal die volle Kunstfertigkeit eingesetzt wird".
Das OVG Münster: "Mit anderen Worten: Im Rahmen des Reisegewerbes ist
auch die Ausführung vollhandwerklicher Tätigkeiten ohne großen
Befähigungsnachweis (Meisterbrief) zulässig." Entscheidend für die
Abgrenzung, ob ein Handwerk als stehendes Gewerbe betrieben oder aber
im Rahmen des Reisegewerbes ausgeübt wird, ist daß die Initiative zum
Vertragsabschluß vom Gewerbetreibenden ausgeht.
- Bayrisches Verwaltungsgericht Augsburg Au 4 K 01.846 und
Au 4 K 01.970 vom 26. Juni 2002
- Eine Person kann als verantwortlicher Betriebsleiter
für zwei Friseurfilialen anerkannt werden.
- "Die Kammer geht dabei davon aus, dass an die Tätigkeit als
verantwortlicher Betriebsleiter auf Grund neuerer Entwicklungen
keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen. Dies
ergibt sich aus der europäischen Rechtsordnung und der sich daraus
ergebenden Niederlassungs- und Gewerbefreiheit, die zwar wie das
Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, das deutsche Handwerksrecht
in seinen Grundzügen unberührt lässt, aber zu einer großzügigen
Anwendung im bestehenden rechtlichen Rahmen Anlass gibt.
- Die Kammer sieht auch nicht, wie noch das Verwaltungsgericht
Stuttgart in seiner Entscheidung 19. 1. 2001 (GewA 2001, 299), im
Friseurhandwerk ein Gefahrenhandwerk, dessen Ausübung die ständige,
d.h. praktisch ununterbrochene Präsenz des Betriebsleiters erforderlich
macht. Soweit von den im Friseurhandwerk zum Einsatz kommenden
Chemikalien unter Umständen Gesundheitsgefahren (z.B. auf Grund
allergischer Reaktionen) ausgehen können, wird in der Regel auch
die Präsenz eines Meisters nicht ausreichen, um Schaden abzuwenden,
sondern es wird medizinischer Hilfe bedürfen. Soweit andere in der
Rechtsprechung erwähnte Gefahren drohen, reicht es aus, wenn ein
Meister kurzfristig erreichbar ist und eingreifen kann."
- Verwaltungsgericht Arnsberg zu Gewerbeuntersagung
eines Friseurbetriebs Beschluss: 1 L 1582/04 vom 10.02.05
- Verwaltungsgericht Arnsberg 1 L 214/02 vom 20.03.2002
- Zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs
bei Erlass einer einstweiligen Anordnung - Gewerbeuntersagung
- OVG Land Nordrhein-Wesfalen vom 04. Januar 2002
( 4 B 1357/01 - 1 L 1661/01 Köln)
- Tapezieren mit Raufasertapete und anschließendes Überstreichen
erfordert keine handwerkliche Schulung, sondern kann auch von einem
nicht handwerklich ausgebildeten Heimwerker ausgeführt werden ...
- Die Handwerksuntersagung nach § 16 Abs. 3 Satz 1 HwO setzt u.a.
voraus, dass die untersagte Tätigkeit nicht nur fachlich zu dem in
der Verfügung genannten Handwerk gehört, sondern gerade den
Kernbereich dieses Handwerks ausmacht und ihm sein essenzielles
Gepräge verleiht. Arbeitsvorgänge, die - ihre einwandfreie
Ausführung vorausgesetzt - wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades
keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern oder die
zwar anspruchsvoll, aber im Rahmen des Gesamtbildes des betreffenden
Handwerks untergeordnet sind und deswegen nicht die Kenntnisse und
Fertigkeiten verlangen, auf welche die einschlägig handwerkliche
Ausbildung hauptsächlich ausgerichtet ist, können die Annahme eines
Handwerksbetriebs ( § 1 Abs. 2 HwO) und damit eine
Untersagungsverfügung nach § 16 Abs. 3 Satz 1 nicht
rechtfertigen.
- Vgl. BVerwG, Urteile vom 11.Dezember 1990 - 1 C 41.88 -,
BVerwGE 87,191 (194) = NVwZ-PR 1991, 347 (348);
vom 3. September 1991 - 1 C 55.88 -, GewArch 1992, 107 (109);
vom 25. Februar 1992 - 1 C 27.89 -, GewArch 1992, 386 und
vom 23. Februar - 1 C 27.91 -, GewArch 1993, 249.
- OLG Karlsruhe 6. Zivilsenat, Urteil vom 23. Juli 1997, Az: 6 U 42/97
- Ein Verbotsantrag, der sich gegen das Angebot von "Leistungen aus dem
Kernbereich des Gebäudereiniger-Handwerks" richtet, erfüllt nicht das
Bestimmtheitserfordernis des ZPO § 253 Abs 2 Nr 2.
- In dem Urteil heißt es:
Keinen Erfolg hat die Berufung, soweit sie sich dagegen wendet, daß das
Landgericht den Klageantrag im Hinblick auf die Formulierung "aus dem Kernbereich
des Gebäudereiniger- Handwerks" (teilweise) für zu unbestimmt hält. Insoweit ist
die Klage unzulässig, weil der Antrag den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
nicht gerecht wird. Nach dieser Vorschrift muß die Klageschrift außer der bestimmten
Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs einen bestimmten
Klageantrag enthalten. Dessen Angabe bedarf es; zur Festlegung des Streitgegenstandes
und des Umfangs der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts, zur Erkennbarkeit
der Tragweite des begehrten Verbots und der Grenzen seiner Rechtskraft. Danach darf ein
Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß sich die beklagte Partei nicht
erschöpfend verteidigen kann und es letztlich dem Zwangsvollstreckungsverfahren
überlassen bliebe, darüber zu entscheiden, was dem Beklagten verboten ist
(BGH WRP 1992, 560, 561 - "Unbestimmter Unterlassungsantrag II";
BGH WRP 1994, 822, 824 - "Rotes Kreuz"). Durch die Formulierung
"Leistung aus dem Kernbereich des Gebäudereiniger-Handwerks" wird der
Umfang des begehrten Verbots nicht ausreichend deutlich gekennzeichnet.
Die Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit dem Kernbereich
eines Handwerks zuzurechnen und deshalb eingetragenen Handwerksbetrieben
vorbehalten ist oder ob sie auch im Rahmen eines Minderhandwerks ausgeführt
werden darf, hängt davon ab, ob zu ihrer fachgerechten Ausführung besondere
Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind. Das macht eine häufig nicht
einfache rechtliche Beurteilung und tatsächliche Feststellungen nötig und
kann deshalb nicht für jede in Betracht kommende Tätigkeit von vornherein
abstrakt entschieden werden.
- Bayer. VGH, Beschluß vom 23.9.1986 - 22 CS 86.01310 (GewArch 1987/7 S 239 f.)
- 1. Zum Sofortvollzug einer Handwerksuntersagung (Fotoatelier) wegen fehlender Meisterprüfung.
- 2. Die gleichzeitige Androhung von Zwangsgeld und unmittelbarem Zwang ist unzulässig.
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