Zur Entscheidungshilfe für die Bundestagswahl am 22.09.2013 hat der BUH die Parteien nach ihren Plänen gefragt.
Grundlage für die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG), in dem die Tatbestände definiert sind, was unter "Schwarzarbeit" zu verstehen ist. Für die Ermittlung und Bekämpfung der dort aufgeführten Straftatbestände, Steuerhinterziehung, der Unterschlagung von Sozialabgaben und missbräuchlich bezogene Sozialleistungen, ist der Zoll zuständig und hat dafür entsprechende Befugnisse erhalten.
Daneben sind im Gesetz zwei Ordnungswidrigkeiten, wie eine fehlende (oder falsche) Gewerbeanmeldung, sowie die Ausübung von Tätigkeiten eines stehenden Handwerks ohne Eintrag in die Handwerksrolle (sog. unerlaubte Handwerksausübung) genannt, für deren Verfolgung die die Kommunen zuständig sind.
Diese Ordnungswidrigkeiten haben aber mit "Steuerhinterziehung" und entsprechenden Ein-nahmeausfällen des Staates nichts zu tun. Vielmehr führt deren Verfolgung im Ergebnis sogar zu Mindereinnahmen, weil sie die Gewerbeausübung behindern und steuerzahlende Betriebe gar ins Aus getrieben werden. Grund: Sie gehen an der (handwerklichen) Arbeitsrealität vorbei und führen oftmals zu einer Kriminalisierung von Betroffen. Die Ursache dafür liegt in unklaren rechtlichen Regelungen der Handwerksordnung (HwO.) Die sogenannte "unerlaubte Hand-werksausübung" muss daher aus der Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz gestrichen werden.
Wer im zulassungsfreien Handwerksberuf des Trockenbauers einem Kunden auch einmal eine bestehende Wand verputzt, statt sie ausschließlich in Trockenbauweise herzustellen, gegen den wird schnell wegen Schwarzarbeit ermittelt, wenn die Behörde der Meinung ist, hier habe er das zulassungspflichtige Handwerk des Maurers- und Betonbauers unerlaubt ausgeübt. Vorwürfe wie zum Beispiel Steuerhinterziehung oder Unterschlagung von Sozialabgaben stehen hier nicht im Raum.
Ebenso kann es einem Caterer ergehen, der für eine Party Pralinen fertigt (Konditor?), oder einem Küchenmontagebetrieb, wenn er zusätzlich zur industriell gefertigten Einbauküche auch noch "handwerklich" einen Schrank fertigt (zulassungsfreier "Montagebetrieb zum Einbau genormter Fertigteile" vs. zulassungspflichtiger "Tischler"). Ein aktuelles Beispiel betrifft Dreadlock- Agenturen, von denen neuerdings ein Meisterbrief gefordert wird, damit sie ihre vermeintliche "Friseurarbeit" weiter ausführen dürfen. Wie absurd dies ist, bringt ein zweiminütiger Fernsehbericht auf den Punkt: http://youtu.be/Nv3SOwVknIE
Aufgrund des Tatbestandes der unerlaubten Handwerksausübung im Schwarzarbeitsbe-kämpfungsgesetz werden also bestehende, steuerzahlende und ihren sonstigen Pflichten nachkommende Unternehmungen behindert, drangsaliert und im Extremfall sogar geschlossen.
Zudem findet mit dem SchwarzArbG eine doppelte Sanktionierung statt, da alle Abgrenzungs-probleme zwischen "erlaubter" und "unerlaubter" Handwerksausübung bereits nach der Handwerksordnung bußgeldbewehrt sind.
Nicht selten wird dabei auch mit Kanonen auf Spatzen geschossen und auf der wackeligen Gesetzesgrundlage sogar Hausdurchsuchungen durchgeführt. Diese Durchsuchungen werden regelmäßig vom Bundesverfassungsgericht als grundrechtswidrig gerügt (Beispiele: 2 BvR 153/04, 2 BvR 1006/01, 2 BvR 361/02, 2 BvR 1545/03, 2 BvR 153/04, 2 BvR 1910/05,....2 BvR 1345/08)
Wer eine Reisegewerbe betreibt, tut dies legal auf Grundlage der Gewerbeordnung. Betriebs-inhaber eines Reisegewerbes mussten den Ordnungsbehörden im Vorfeld dazu unter anderem nachweisen, dass keine Zweifel an ihrer persönlichen Zuverlässigkeit bestehen. Zur Legi-timation führen Sie bei der Arbeit eine behördliche Reisegewerbekarte mit, die dies dokumentiert und in der die genehmigten Dienstleistungen und (auch vollhandwerkliche) Tätigkeiten aufgeführt sind. Trotzdem sind Sie in anderen Bereichen, wie der Angebotsunterbreitung oder bei der Werbung, gegenüber Meistern im stehenden Handwerk, massiv eingeschränkt.
Der weitgreifende Meisterzwang im Handwerk führt zur Behinderung des meisterfreien Handwerks in Deutschland und ist dabei mehr als inkonsequent:
Als "unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb" darf z.B. ein Elektrohandelsbetrieb schon heute bis zu 1660 Stunden im Jahr auch Elektroinstallationsarbeiten meisterfrei ausüben (entsprechend ein Baustoffhandel Bauarbeiten ausüben, etc.).
Im Rahmen eines Reisegewerbes dürfen Handwerker sämtliche handwerkliche Tätigkeiten (Ausnahme: Gesundheitsberufe) ausüben. Bedingung: Die Initiative zum Auftrag muss vom Unternehmer ausgehen. (Beim "stehenden Meisterbetrieb" muss dagegen die Initiative zum Auftrag vom Kunden ausgehen.
Im Rahmen der Niederlassungsfreiheit können EU-Unternehmen eine Selbständigkeit im deutschen Handwerk (stehender Betrieb) leichter begründen, als hier in Deutschland lebende Menschen.
Im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit können alle handwerklichen Tätigkeiten grenzüberschreitend von meisterfreien EU-Betrieben erbracht werden (gilt nicht für Gesundheitsberufe). Deutsche Betriebe benötigen hierzu einen Meistertitel.
Die genannten Beispiele (neben vielen weiteren) machen deutlich, dass der gegenwärtige Meisterzwang im deutschen Handwerk keiner klaren Logik unterliegt und bereits weitgehend "durchlöchert" ist.
Die völlige Befreiung des deutschen Handwerks ist deshalb geboten, um:
die gegenwärtige Praxis auf dem Handwerksmarkt von Widersprüchen zu bereinigen (Inländerdiskriminierung / Unerheblichkeit / Reisegewerbefreiheit /....),
mehr Dynamik in den Markt zu bringen,
die Anzahl der ausbildungsfähigen Betriebe zu erhöhen,
die Kreativität und Innovationsfähigkeit des Handwerks zu steigern,
verbrauchernahe Lösungen auf den Markt zu bringen.
Im Handwerk existieren nach wie vor keine klaren Abgrenzungskriterien, welche Tätigkeiten, ausschließlich Handwerksmeistern vorbehalten sind. Deshalb ist es für Betriebe ohne Meisterbrief unmöglich genau abzustecken, welche Tätigkeiten zulassungsfrei ausgeübt werden dürfen und welche nicht. Dieser (Rechts-)Unsicherheit ist immer wieder Grundlage für ein überzogenes Vorgehen von Ordnungsämtern, die im Rahmen von Ordnungswidrigkeits-verfahren wegen vermeintlich "unerlaubter Handwerksausübung" mit teilweise mit dra-konischen Maßnahmen gegen solche Betriebe vorgehen. Es werden immer wieder Haus-durchsuchungen vorgenommen, obwohl das Bundesverfassungsgericht allein seit 2007 in zwei Dutzend Fällen deren Rechtswidrigkeit festgestellt hat.
Hintergrund: Minderhandwerks - Handwerksrechtliche Abgrenzungsfragen
Die Begründung, ein Beruf müsse der Meisterpflicht unterstellt werden, wenn von Ihm Gefahren für Leib und Leben Dritter ausgingen, ist in höchstem Maße inkonsistent. So ist es unter anderem mittels folgender Wege/ Lösungen durchaus möglich, einen meisterfreien Handwerksbetrieb zu führen, in dem wesentliche Tätigkeiten der 41 zulassungspflichtigen Handwerke ausgeführt werden können:
Daneben gibt es seit jeher in Deutschland zahlreiche Berufe, von denen Gefahren für Dritte ausgehen, ohne dass sie dem Meisterzwang unterstellt sind, z.B.:
Zur Begründung, warum viele Handwerke weiterhin dem Meisterzwang unterliegen sollen, wurde bei der Handwerksnovelle von 2004 mit der Sicherung einer hohen Ausbildungsleistung der jeweiligen Handwerksberufe argumentiert.
Mit diesem Argument fordert jetzt auch das, nach dem Wegfall der Meisterpflicht nun, zulassungsfreie Fliesenleger-Handwerk, die Wiedereinführung des Meisterzwangs. Hier gingen die Ausbildungszahlen im Zeitraum von 2003 - 2011 um 1.262 zurück.
Zahlen zur "Ausbildungsleistung" in meisterpflichtigen Berufen belegen hingegen, dass Meisterpflicht und hohe Ausbildungsleistung in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen: So ging die Ausbildungsleistung bei Maurern im gleichen Zeitraum um 3.557 zurück, bei Tischlern um 8.177 und bei Frisören um 11.861. (destatis, Fachserie 11, Reihe 3)
Nachdenklich stimmt auch folgender Befund zur absoluten Ausbildungsleistung: 2011 haben sich dreimal so viele (rund 30.000) Berufsanfänger für eine Lehre zum (meisterfreien) Koch entschieden, als für eine Ausbildung zum Bäcker (10.000).
Also: Ohne Zwang werden in Deutschland fast dreimal mehr Köche ausgebildet, als Bäcker mit Meisterzwang.
Handwerkskammern vertreten zum einen die Interessen ihrer Mitgliedsbetriebe, zum anderen sind Ihnen mit der Handwerksordnung (HwO) hoheitliche Rechte übertragen worden; so sind sie zum Beispiel für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach § 7b und Ausübungsbe-rechtigungen nach § 8 zuständig. Damit entscheiden sie ganz direkt darüber, ob Handwerker in die Handwerksrolle eingetragen werden und sich niederlassen dürfen. In diesem Sinne entscheiden sie über die Zulassung von Konkurrenz auf dem lukrativen Handwerksmarkt und nehmen Einfluss auf das Grundrecht der freien Berufsausübung. Diese Doppelfunktion führt zwangsläufig zu Interessenkonflikten, welche sich häufig zum Nachteil von Existenzgründern auswirken.
Hintergrund: Handwerkskammern habe die Zuständigkeit für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen und Ausübungsberechtigungen übertragen bekommen
Handwerkskammern haben laut Handwerksordnung die Gesamtinteressen des Handwerks zu vertreten. Zu diesem Zweck sind die Vollversammlungen der Handwerkskammern aus Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmervertretern zusammengesetzt.
Es herrscht keine echte Parität, lediglich 1/3 der Vollversammlungsmitglieder sind Arbeitnehmer.Auf Seiten der Arbeitnehmer sind nur Inhaber eines Berufsabschlusses wahlberechtigt, Auszubildende, Angelernte und Ungelernte haben also kein Stimmrecht Arbeitnehmer, die an die ihr Wahlrecht wahrnehmen möchten, benötigen hierfür eine Bestätigung / Unterschrift ihres Chefs (oder Betriebsrat, den es aber nur in wenigen Handwerksbetrieben gibt) Das System der im Handwerk typischen Listenwahlen, macht eine echte Opposition sehr schwer, da jeweils eine komplette Gegenliste zu erstellen ist. Schließlich führte das Wahlsystem in den Handwerkskammern dazu, dass seit 1953 in allen (derzeit 52) Handwerkskammern bis heute "nur" 3 reale Wahlvorgänge stattfanden. Rechnerisch wären einige hundert möglich gewesen. Seit 60 Jahren setzen sich also die Interessenvertretungen des Handwerks auf oben genannte Weise zusammen und verhandeln mit der Politik und den Verwaltungen im Lande über Rahmenbedingungen der Ausbildung Konditionen der Wirtschaftsförderung Maßgaben der Berufszulassung Förderung einzelner Gewerke und sind bei vielen weitere Themen direkt beteiligt, oder ein gern gesehene Gesprächspartner.
Kleinstselbstständige fallen vermehrt aus den sozialen Sicherungssystemen heraus. Ihre Einkünfte sind häufig unregelmäßig und von geringer Höhe.
Wenn "Solo-Selbständige" Fragen oder Probleme beispielsweise zu ihrer Sozialversicherung haben, stehen sie häufig vor einer Situation unklar verteilter Ansprechpartner und Zuständigkeiten. Wir wünschen uns eine eindeutig erreichbare und wirklich unabhängige Koordinationsstelle, die dem Anfragenden zuverlässig den zuständigen Ansprechpartner vermittelt.
Hier geht es zu den Antworten von: CDU SPD FDP Die Linke Bündnis 90 / Die Grünen Piratenpartei Die Partei
Verden, im Juli 2013
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.:
Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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