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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Verden, 10. Oktober 2019

PRESSEINFORMATION


Bundeskabinett stimmt Gesetzentwurf zur Meisterpflicht zu

Stellungnahme des Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker BUH e.V. zum Gesetzentwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften

Zu 1. a) Rückvermeisterung von Handwerken aufgrund einer seit 2004 entwickelten Neigung der Tätigkeitsschwerpunkte zur Gefahr für Leib und Leben

Die Begründung und ihre folgende Auswahl von betroffenen Handwerken sind nicht geeignet die anhaltenden juristischen Auseinandersetzungen über Abgrenzungskriterien zu beenden. Vielmehr werden neue Felder für gerichtliche Auseinandersetzungen eröffnet. Die Ausweitung der Rechtsunsicherheit erscheint abschreckend und stellt ein ernst zu nehmendes Hindernis für gründungswillige Handwerker dar. Verbrauchern wird vorgespielt, ein Meisterbrief schütze vor Pfusch und sei zudem geeignet, sie vor Gefahren für Leib und Leben zu bewahren. Mithin vor Gefahren, die sich erst in den letzten 15 Jahren ergeben haben, wenn wir der vorliegenden Begründung glauben sollen. Berufsausübungsregelungen, Haftungsregelungen oder gesetzlich verankerte Qualitätsstandards sind für Verbraucher dagegen verbindliche Normen, nach denen sie mängelbehaftete Arbeiten verlässlich ahnden und Schadenersatz geltend machen können. Wir weisen nachdrücklich darauf hin, dass es bis heute keine empirisch belegten Hinweise darauf gibt, dass Qualitätsprobleme im Handwerk in Abhängigkeit von Besitz oder Nicht-Besitz eines Meistertitels durch den Betriebsinhaber auftreten. Sollte der Meisterbrief tatsächlich ein solch überzeugender Garant für Qualität sein, wie von den Standesvertretern immer wieder behauptet wird, so sollte dieser Fakt ausreichen, um die Überlegenheit des Meisterbetriebs in der Konkurrenz mit meisterfreien Betrieben zu gewährleisten. Vorgeblich besserer Kulturgüterschutz (1. b) und eine bessere Ausbildungsleistung wären dann weitere Marketingargumente, welche die Leistungen des Meisterbetriebs für Verbraucher hinreichend attraktiv machen sollten. Sind diese Vorzüge für Verbraucher jedoch nicht erkennbar, dann nützt es dem Vertrauen in den Meisterbrief wenig, wenn der Gesetzgeber nun weitere Meisterbetriebe von der Konkurrenz befreit. Die Wahlfreiheit des Verbrauchers wird eingeschränkt und er wird hinsichtlich seiner Urteilsfähigkeit gar entmündigt. Es ist zu befürchten, dass damit auch wichtige Impulse zur tatsächlichen Weiterentwicklung des Meisterbriefs als Qualitätsmerkmal unterdrückt werden.

Zu 1. b) Kulturgüterschutz, immaterielles Kulturgut und Wissenstransfer

Aussterbende Handwerksberufe leiden im Wesentlichen unter zwei Faktoren:

1) die traditionelle handwerkliche Leistung wird nicht mehr oder kaum nachgefragt,

2) es finden sich keine handwerklich begabten und begeisterten Mitarbeiter, die eine solche Tradition mitsamt Betrieb weiterführen möchten.

Selbstverständlich ist ersteres auch ein Bedingung für letzteres. Damit ist deutlich, dass aussterbendes Handwerk vor allem unter mangelnder Rentabilität und mangelnden finanziellen Erfolgsaussichten leidet.

Nach unserer Erfahrung liegt die entscheidende Basis für das erfolgreich Fortführen einer Handwerkstradition vor allem im persönlichen Engagement und der Begeisterung von handwerklichen Veteranen als Lehrern und begeisterten und interessierten Schülerinnen und Schülern. Sofern das schützenswerte Handwerk künftig nicht ausschließlich konserviert im Museum stattfinden soll, können sich deren Betreiber nicht allein auf die Bewahrung von alten Techniken konzentrieren. Sie müssen ihr Handwerk im Rahmen der Manufaktur weiterentwickeln und sich neue Märkte erschließen.

Die übergroße Anzahl an Unternehmensgründungen im Vergleich zur Anzahl erfolgreich abgeschlossener Meisterprüfungen im Spielzeugmacherhandwerk ist ein deutlicher Hinweis, dass hier ein aussterbendes Handwerk wirtschaftlich und kulturell neu belebt worden ist. Diese positive Entwicklung wird durch den Zwang zur kosten- und zeitintensiven Meisterschulung bedroht. Auch die Aussicht, dass in einem schwierigen und engen Markt künftig die Meisterbetriebsinhaber über die Ausgestaltung der Prüfungsbedingungen wieder Einfluss auf die Zahl ihrer Konkurrenten haben sollen, stimmt wenig hoffnungsvoll. Wir befürchten, dass sich der Meisterzwang als finaler Sargnagel bedrohter Handwerke entpuppen könnte und selbst für das Aufrechterhalten von Museumsbetrieben ein Meisterzwang nicht mehr ausreichen könnte.

Zu 2). Bestandschutz für vom Meisterzwang bedrohte Eigentümer und Gesellschafter

Wir sehen in dem gesamten Vorhaben einer Wiedervermeisterung den falschen Weg.

An dieser Stelle vermissen wir eine ernsthafte Befassung mit Fragen, wie: Woher rührt die mangelnde Attraktivität der Meisterprüfungen? Wie kann die Ausbildung im Handwerk an Attraktivität gewinnen? Was ist zu tun, damit die Bestrebungen engagierter Handwerker, eigene Ideen meisterfrei an den Markt zu bringen, umgesetzt werden können? Und anderes mehr, kurz: Es fehlt an Bereitschaft zur ergebnisoffenen Evaluierung des Handwerks mit der Bereitschaft zur Komplett-Sanierung der Strukturen des Handwerks.

Somit betrachten wir Fragen zu Bestandschutz und Übergangsfristen als nicht geeignet, den grundsätzlich falschen Ansatz dieser "Reform" zu korrigieren.

Zu 3). Bestandsschutz Versicherungspflicht

Die Frage der Versicherungspflicht ist nicht über einen Meistertitel zu beantworten. Vielmehr braucht es eine gesamtgesellschaftliche Lösung, nicht aber eine weitere Sonderregelung in der Rentenversicherungspflicht. Daran wird derzeit an anderer Stelle gearbeitet.

Zu 4). Gerüstbau wir zur erlaubten Tätigkeit von Gebäudereinigern

Hier zeigt sich nach unserer Auffassung in wessen Interesse die Novelle vollzogen wird. Während private Verbraucher zukünftig mit Kostensteigerungen aufgrund des Meistermonopols rechnen müssen, freuen sich Industrie und Handel, dass ihren Dienstleistern, den Gebäudereinigern, künftig noch ein paar meisterliche Steine aus dem Weg geräumt werden und der Inanspruchnahme dieser weiterhin meisterfreien Tätigkeit auf künftig nichts im Wege steht.

Bedenken hinsichtlich der Europäischen Integration

Es ist offenkundig, dass vorliegender Referentenentwurf nicht im Einklang mit dem Geist der Verhältnismäßigkeitsrichtline der EU steht, nach der neue Beschränkungen Berufszulassung von der Kommission vorab auf deren Verhältnismäßigkeit geprüft und ggf. blockiert werden können. Die erkennbare Eile des Gesetzgebungsverfahrens zielt auf ein Inkrafttreten vor Wirksamkeit der EU-Richtlinie.

Das ist ein deutliches Signal Deutschlands, dass es zwar die EU-Richtlinie mit beschlossen hat, aber für Teile seines Dienstleistungsgewerbes Ausnahmen durchzusetzen gewillt ist. Das Eilverfahren bekräftigt damit auch unsere Befürchtung und Kritik, dass der Meisterzwang eben eine unverhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit und der Berufsfreiheit mit sich zieht, wenn doch die erklärten Ziele auf andere Weise, einfacher und wirkungsvoller zu erreichen wären. Ebenso wie die Monopolkommission sind wir der Ansicht, dass sich die EU-Kommission allein mit anekdotischer Evidenz nicht überzeugen lassen wird.

V.i.S.d.P. und Kontakt: Jonas Kuckuk, Vorstand u. Pressesprecher. Tel.: 0173 – 243 9005 E-Mail: buero@buhev.de

Der Berufsverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker (BUH e.V). tritt seit mehr als 25 Jahren für die Gewerbefreiheit im Handwerk ein, berät Handwerker im Reisegewerbe und bietet Seminare für Existenzgründer im Handwerk an - mit und ohne Meisterbrief.