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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Meisterzwang kein Instrument des Verbraucherschutzes ?

Nach der Anhörung der Verbände zum XV. Hauptgutachten der Monopolkommission erlauben wir uns ergänzend zu unserer schon abgegebenen Stellungnahme die Fragestellung zu vertiefen, ob der Meisterzwang als Instrument des Verbraucherschutzes notwendig ist, ob er dafür tauglich ist und wie der Verbraucherschutz auch bei handwerklichen Leistungen schon jetzt ohne Meisterzwang gewährleistet ist sowie welche Verbraucherinteressen durch den Meisterzwang verletzt werden.

Anlass für diese Vertiefung ist die mündliche Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) so wie die Stellungnahme des vzbv, wie sie im Internet veröffentlicht wurde. Es dürfte bekannt sein, dass auch der ZDH immer wieder ähnlich argumentiert.

Verbraucherinteressen werden ohne Meisterzwang gewahrt

In vielen Bereichen sind Gefahrenabwehr und Verbraucherschutzziele durch Spezialgesetze geregelt.

Es ist rechtlich umstritten, ob Handwerke überhaupt noch unter den Meisterzwang fallen für die es Spezialgesetze zur Gefahrenabwehr gibt, da es unverhältnismäßig wäre, zusätzlich zu den EG-rechtlich zwingenden Vorschriften der Spezialgesetze auch noch die Anforderungen der Handwerksordnung zu erfüllen. Jedenfalls bedarf es bei diesen Handwerken keines Meisterzwangs, um dem Verbraucherschutz genüge zu tun (vgl. Mirbach, Die neue Handwerksordnung, Forum Verlag Stand April 2004 6/3 Seite 1 als Beispiel zu den Gesundheitshandwerken).

Beispiele für derartige Spezialgesetzgebung sind:

Wo notwendig, enthalten diese Spezialgesetze auch Regelungen für die Verpflichtung an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen.

Weitere Regelungen, für den Verbraucherschutz sind unter anderem:

Diese größten Teils vorgelagerten Regelungen stellen einen wirksamen Verbraucherschutz dar und machen deutlich, dass es des Meisterzwangs dafür nicht bedarf.

Meisterzwang nicht tauglich zum Verbraucherschutz

Die Handwerksordnung enthält keinerlei Bestimmungen aufgrund derer Personen, die den Meisterbrief erworben haben, die Berechtigung zur Betriebsleitung aberkannt werden können. Deswegen kann der Meisterzwang in seiner heutigen Ausgestaltung keinen Verbraucherschutz gewährleisten.

Weiter fehlt der Handwerksordnung das Erfordernis der regelmäßigen Weiterbildung, die allein dem Kunden die Gewähr für qualitativ hochwertige Leistungen bietet. Auch deswegen werden ca. 50 % der handwerklichen Aufträge Aufgrund von Empfehlungen vergeben. Der Meisterbrief ist für die Auftragsvergabe zweitrangig. Gerade aus unserer Mitgliederschaft kennen wir viele Fälle, in denen die selbständigen Handwerker ohne Meisterbrief sich wegen ihres guten Rufes am Markt auch in wirtschaftlich schweren Zeiten gut behaupten können. Nicht selten werden diese erfolgreichen Unternehmer dann allerdings Opfer der Verfolgungen durch Handwerkskammern und Ordnungsbehörden. So wirkt der Meisterzwang als Schutz für Betriebe, die schlechte Qualität liefern, gegen Kunden, die sehr wohl wissen von wem sie qualitativ hochwertige Leistungen erhalten können.

Die Unbestimmtheit des Meisterzwangs führt für die Verbraucher zu der Situation, dass sie zwar von Anbietern wissen, die hochwertige Waren und Leistungen anbieten, sie aber nicht ermitteln können, ob sie diese Anbieter beauftragen dürfen, ohne die Ordnungswidrigkeit der Beauftragung unerlaubter Handwerksausübung zu begehen.

Eine Beschränkung des Wettbewerbs führt nur in seltenen Fällen der asymmetrischen Informationsverteilung zu Vorteilen für die Kunden. Eine derartige asymmetrische Informationsverteilung liegt beim Markt für Handwerksleistungen nicht vor.

Erst am 02.01.2005 antwortete der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Freytag von der Uni Jena in der Ostthüringer Zeitung ("Bei Reformen nicht stehen bleiben") auf die Frage ob durch die Abschaffung des Meisterzwangs ein Qualitätsrückgang befürchtet werden muss:

"Der Meisterbrief bleibt als Qualitätssignal attraktiv, aber die Pflicht dazu entfällt zum Teil. Es steht zu vermuten, dass ein einmal erworbener Titel in Verbindung mit hohen Marktzugangsbeschränkungen gerade nicht qualitätssteigernd ist. Die bestehenden Barrieren machen Handwerksleistungen möglicherweise zu teuer, schränken die Leistungsfähigkeit ein und sind mitverantwortlich für den Aufschwung der Schattenwirtschaft."

Der Umfang der Schwarzarbeit (im handwerks- und in der Folge auch häufig im steuerrechtlichen Sinn) in vielen Handwerksbereichen zeigt auch, dass die Verbraucher sich zutrauen die Qualität der Leistungen von Handwerkern ohne Meisterbrief zu beurteilen. Da Leistungen von Handwerkern ohne Meisterbrief häufig nur in Schwarzarbeit erbracht werden, haben Verbraucher allerdings Schwierigkeiten etwaige Gewährleistungsansprüchen durchzusetzen.

Ich erinnere hier daran, dass bei der Anhörung der Verbände zum XII. Hauptgutachten der Monopolkommission Anfang November 1998 ein Vertreter eines großen Wirtschaftsverbandes (ich glaube BDI) ausgeführt hat, dass das Problem für die Verbraucher in Deutschland bei der Beauftragung von Handwerkern nicht ist, ob der Handwerker sein Fach kann, sondern wann er kommt und ob man ihn bezahlen kann. Aus unserer Sicht muss man hier noch ergänzen, dass die Handwerker die zu den Kunden gehen in den meisten fällen die Gesellen und nicht die Betriebsleiter sind.

Meisterzwang nicht notwendig zum Verbraucherschutz

Für die Abwehr von Gefahren haben die Berufsgenossenschaften sehr effektive Regelungen entwickelt. In denen Sie Anforderungen an diejenigen stellen, die Tätigkeiten tatsächlich ausführen. Diese bestehenden Regelungen sind Zielgenau und angepaßt auf das Gefahrenpotential der jeweilige Tätigkeit. Regelungen darüber hinaus bedarf es nicht und sie stellen ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Übermaß an Einschränkung der Berufsfreiheit da.

Die handwerkliche Tätigkeiten werden in der Praxis überwiegend von Gesellen, Auszubildenden und Angelernten ausgeführt und die Ausführung wird in der Regel von Gesellen überwacht. Gerade in den typischen Handwerksbetrieben kümmert sich der Meister um Bestellungen, Aufträge und die Koordination des Betriebs. Die Tätigkeiten werden von den Mitarbeitern ausgeführt, die seltenst über einen Meisterbrief verfügen. Zu Recht stellt die Monopolkommission fest, dass erwartet werden kann, dass die Motivation korrekte Arbeit zu leisten noch höher sein wird, wenn sie diese Tätigkeiten selbständig auf eignes Risiko ausführt werden.

Die Handwerksordnung schreibt auch nicht vor, dass ab einer bestimmten Betriebsgröße mehrere Meister tätig sein müssen. Es wurde - auch aus Verbraucherschutzgründen - bisher nie erwogen, ab einer bestimmten Betriebsgröße mehrere Meister vorzuschreiben. Probleme bei Betrieben, bei denen eine Person nicht mehr alle Tätigkeiten persönlich überwachen kann, sind bisher nicht bekannt geworden. Auch dies zeigt, dass es des Meisterzwangs als Instrument des Verbraucherschutzes oder der Abwehr von Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten nicht bedarf.

Handwerksordnung verletzt Verbraucherinteressen

Gerade von unseren Mitgliedern und Interessen wissen wir, dass sie häufig mit einer bereiten Palette von Dienstleistungen bei Verbrauchern einen Vorteil gegenüber Anbietern haben, die nur Tätigkeiten aus einem Handwerk anbieten. Die Aufteilung der einzelnen handwerklichen Tätigkeiten in verschiedene Handwerke mit jeweiligen Vorbehaltsbereichen führt zu einer Anbietergerechten Marktsegmentierung. Anbieter, die sich an den Verbraucherinteressen nach mehr Leistungen aus einer Hand orientieren wollen, werden häufig von Handwerksorganisationen und Ordnungsämtern mit Hilfe des Meisterzwangs an der Erfüllung von Kundenanforderungen gehindert. So wird Verbraucherinteressen geschadet.

Auch verschiedene Studien zeigen, dass der Meisterzwang dem Verbrauchinteressen schadet: z.B.:

In dem Artikel "Baukosten und Bauhandwerk im internationalen Vergleich" (ifo Schnelldienst 6/2002 - 55. Jahrgang) heißt es:

"Nachteile haben die Verbraucher aus der Rechtsunsicherheit welche Tätigkeiten ausgeführt werden dürfen. Diese führen auch dazu dass die Anbieter häufig ihre Rechnungen so gestalten, dass ihre tatsächlichen Leistungen in der Rechnung verschleiert werden. Dies dürft die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen eher erschweren."

Und zu der Anbietergerechten Marktsegmentierung heißt es ebenda:

"Einzelbeispiele, bei denen in Deutschland mit den Methoden des holländischen »Bauteams« oder ähnliche Verfahren gearbeitet wurde, kamen bei gut vergleichbaren Wohnungsbauvorhaben zu Kosteneinsparungen in einer Größenordnung - gegenüber den Projekten, die in der in Deutschland immer noch typischen Art abgewickelt wurden - von bis zu 25%. Voraussetzung hierfür war jedoch, dass sowohl die Architekten und die sonstigen Planer als auch die (Bau)-Unternehmer bereit waren, »im Team« zu arbeiten.

Diese an Effizienz und Qualität - und damit auch an den Baukosten - orientierte Einbindung in ein objektspezifisches Planungs- und Durchführungsteam ist in Deutschland immer noch eher Ausnahme als Regel. Die wesentlichen Hinderungsgründe für dieses »statische« Verhalten sind nur schwer zu ermitteln. Die strikte Gewerketrennung und die häufig daraus resultierende »Arroganz der verschiedenen Experten« dürfte jedoch eine nicht unwesentliche Rolle spielen."

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV) hat in ihrer Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2176/98 ausgeführt:

"Die AgV teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, dass das Erfordernis der Meisterprüfung bzw. des Großen Befähigungsnachweises für das selbständige Führen eines Handwerksbetriebs weder aus Gründen der Qualitätssicherung und damit des Verbraucherschutzes notwendig ist, noch einer wettbewerbsbegünstigenden Angebotsentwicklung dienlich ist. Die derzeitigen Regelungen lassen auf die Auffassung des Gesetzgebers schließen, dass die Gesellenausbildung in Deutschland nicht hinreichend sei, um den Kunden ausreichend qualitätsgerechte Handwerksleistungen anzubieten. Dies vermögen wir nicht nachzuvollziehen. Unseres Erachtens werden damit überspannte Anforderungen aufgestellt. In der Praxis sind es ohnehin gerade die Gesellen, die die handwerklichen Arbeiten verrichten, während sich die Meister häufig auf verwaltende Tätigkeiten beschränken".

"Öffentlich" durch die Handwerkskammern bestellte Gutachter

Die Handwerkskammern sind nach § 91 Abs. 1 Nr. 8. HwO zuständig dafür "Sachverständige zur Erstattung von Gutachten über Waren, Leistungen und Preise von Handwerkern zu bestellen und zu vereidigen". Diese Gutachter spielen bei der Durchsetzung von Kundenansprüchen gegenüber Handwerkern eine wichtige Rolle. Auch wenn diese Gutachter nicht den Handwerkskammern weisungsgebunden sind, so mussten sie zunächst von diesen nach den Regeln die sich die Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammern selber gegeben haben (§ 106 Abs. 1 Nr. 12 HwO) bestellt werden. Die Handwerkskammern sind zwar Körperschaften öffentlichen Rechts, aber sie sind nicht durch allgemeine und gleiche Wahlen der gesamten Bevölkerung kontrolliert sondern nach dem Gesetz verpflichtet die "Interessen des Handwerks zu fördern" (§ 91 Abs. 1 Nr. 1). Für uns stellt sich die Frage, ob durch die einseitige Bestellung von Gutachtern durch die Interessenvertreter der Anbieter von Handwerksleistungen, diese Gutachter der Tendenz nach eher geneigt sind die Interessen derjenigen zu berücksichtigen, die für eine Verlängerung ihrer Gutachtertätigkeit verantwortlich sind.

Ist es nicht zum Schutz von Verbraucherinteressen notwendig hier eine zweifelsfrei öffentliche Bestellung der Gutachter gesetzlich sicher zu stellen?

Gleichbehandlung von Gefährdung der Gesundheit und des Lebens von Dritten

Wenn der Meisterzwang tatsächlich zum Verbraucherschutz und erst recht zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Dritten geeignet und notwendig wäre, bleibt die Frage, ob nicht jegliche Ausübung von Tätigkeiten, die handwerklich im stehenden Gewerbe dem Meisterzwang unterfallen, auch dann unter den Meisterzwang gestellt werden müssten, wenn sie in der Industrie, im Reisegewerbe durch Hilfs- und unerhebliche Nebenbetriebe oder nicht gewerblich ausgeführt werden.

Zumindest verfassungsrechtlich ist wohl die Notwendigkeit der schwerwiegenden Einschränkung der Berufsfreiheit durch den Meisterzwang nicht zu rechtfertigen, wo die angebliche Gefahren, die von der Ausübung handwerklicher Tätigkeiten ausgehen sollen, nicht gleichmäßig sondern willkürlich unterschiedlich behandelt werden.

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Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

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Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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