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Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht

Verfassungsgerichtsentscheidungen zu Hausdurchsuchungen bei Handwerkern ohne Meisterbrief

Landgericht Hannover 48 Qs (Owi) 28/02 vom 24.04.2002

Beschluß

In der Bußgeldsache
gegen
Verteidiger: Rechtsanwältin Böttcher, Harnburg
wegen Verstoß gegen das SchwarzArbG

hat die Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Hannover auf die Beschwerde des Betroffenen vom 06.03 2002 gegen der Beschluß des Amtsgerichts Springe (Az. 2 Gs 20102) vom 13.02.2002 am 24.04.2002 beschlossen:

Es wird festgestellt, daß der Beschluß des Amtsgerichts Springe vom 13.02.2002, soweit er die Durchsuchung anordnet, sowie die Vollziehung der Durchsuchungsanordnung rechtswidrig sind.

Der Beschluß des Amtsgerichts Springe vom 13 02 2002 wird aufgehoben, soweit er die Beschlagnahme von Beweismitteln anordnet.

Die Beschlagnahme der beiden Ordner mit Ausgangsrechnungen aus den Jahren 1998-2002 wird angeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Landeskasse auferlegt.

Gründe

Die Beschwerde, mit der sich der Betroffene gegen die Durchsuchungs- als auch gegen die Beschlagnahmeanordnung und die jeweilige Vollziehung wendet, ist zulässig.

Die Durchsuchungsanordnung ist zwar bereits durch Vollzug erledigt, es besteht aber aufgrund des Eingriffs in das Grundrecht des Art. 13 GG gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis an der Überprüfung der Maßnahme (BVerfG NJW 97,2163).

Eine Erledigung der Beschlagnahme liegt nicht vor da die bei dem Betroffenen sichergestellten Unterlagen noch nicht zurückgegeben worden sind, so daß die Beschwerde auch insoweit zulässig ist.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Beschluß des Amtsgerichts genügt hinsichtlich der Durchsuchungsanordnung nicht den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten und gem. § 31 Abs. 1 BVerfGG für die Fachgerichte bindender Mindestanforderungen, die aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit an den Inhalt solcher Anordnungen zu stellen sind.

Aufgrund des Gewichts des Grundrechtseingriffs in Art, 13 GG ist es die Aufgabe des Richters, von vorneherein für eine angemessene Begrenzung einer Zwangsmaßnahme wie der Durchsuchung Rechnung Zu tragen und durch eine geeignete Formulierung der Durchsuchungsanordnung soweit möglich sicherzustellen, daß der Grundrechtseingriff meßbar und kontrollierbar bleibt (BVerfG StV 92,49; NJW 94, 3281f; StV 00,465).

Der Beschluß enthält keine tatsächlichen Angaben zum Inhalt des Tatvorwurfs, obwohl sich solche aus der Ermittlungsakte ergeben, so daß die konkret vorgeworfene Handlung nicht erkennbar ist. Die nur schlagwortartige Bezeichnung des Tatvorwurfs genügt nicht. Es fehlt zudem jede örtliche und zeitliche Konkretisierung. Die Angabe in dem angefochtenen Beschluß, daß der Betroffene dem Gewerbe "Fußbodentechnik" nachgeht, ist unerheblich, da insoweit kein Verdacht einer Ordnungswidrigkeit vorliegt.

Aufgrund dieser Mängel der Durchsuchungsanordnung war der Beschluß insoweit rechtswidrig.

Da die Anordnung aufgrund ihrer Vollziehung zwischenzeitlich erledigt ist, kommt eine Aufhebung nicht mehr in Betracht. Die Entscheidung über die Beschwerde hat sich daher auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung und deren Vollziehung zu beschränken (BVerfG StV 90, 483 m.w.N).

Die zugleich mit der Durchsuchungsanordnung erlassene Beschlagnahmeanordnung war aufzuheben.

Angeordnet wurde die Beschlagnahme von beispielhaft aufgeführten Unterlagen, aus denen sich ergibt, daß der Betroffene dem Gewerbe "Fußbodentechnik" nachgeht. Der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit besteht aber nicht im Hinblick auf den Betrieb des Gewerbes "Fußbodentechnik", sondern vielmehr im Hinblick auf die Ausübung des Parkettlegerhandwerkes. Da der angefochtene Beschluß hinsichtlich dieses Vorwurfs keine Angaben enthält und bei der Beschreibung der zu beschlagnahmenden Gegenstände auf einen nicht vorliegenden Ordnungswidrigkeitenverdacht Bezug genommen wird, kann die Beschlagnahmeanordnung keinen Bestand haben.

Gem. § 309 Abs. 2 StPO hatte die Kammer nach Aufhebung der Beschlagnahmeanordnung des Amtsgerichts in der Sache selbst über de1 Fortbestand der Beschlagnahme Zu entscheiden. Die Voraussetzungen für die 2eschlagnahme liegen vor, weshalb die beiden Ordner mit Ausgangsrechnungen aus den Jahren 1998~2002 gem. §§ 94 Abs. 1 und 2. 98 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG zu beschlagnahmen sind.

Dem steht nicht entgegen, daß sie aufgrund einer rechtswidrigen Durchsuchung erlangt worden sind. Die Fehlerhaftigkeit und die daraus folgende Rechtswidrigkeit einer Durchsuchungsanordnung lösen grundsätzlich noch kein Verwertungsverbot für die sichergestellten Beweismittel aus (BVerfG NJVV 99, 273, BGH NStZ 97,147; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO. 45. Aufl., § 94 Rnr 21; Karlsruher Kommentar-Nack, StPO, 4. Aufl., § 105 Rnr. 21f.). Etwas anderes kann bei einem besonders schwerwiegenden Verstoß gelten, der hier aber nicht vorliegt. Der Durchsuchungsanordnung standen zum einen keine rechtlic~1en Hindernisse entgegen. Die beschlagnahmten Unterlagen sind zum anderen einer Verwertung als Beweismittel zugänglich. Bei Abwägung mit diesen Kriterien hat der Mange! der Durchsuchungsanordnung kein solches Gewicht, daß daraus ein Verwertungsverbot für die beschlagnahmten Unterlagen folgt.

Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand ist der Betroffene verdächtig, zumindest seit Oktober 2001 mit der Ausübung des Parkettlegerhandwerkes Dienst- oder Werkleistungen in erheblichem Umfange erbracht zu haben, obwohl für das Parkettlegerhandwerk keine Eintragung in der Handwerksrolle vorliegt (Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwarzArbG). Dieser Verdacht ergibt sich aus der Aussage des Zeugen XXX, wonach der Betroffene in Hemmingen Massivparkett verlegt, geschliffen und versiegelt hat. Der Verdacht, daß es sich hierbei nicht um eine einmalige entgeltliche Tätigkeit gehandelt hat, ergibt sich aus der professionell gestalteten und von Fachkunde bei der Parkettverlegung zeugenden Rechnung vom 12.11.2001. Aufgrund des vorliegenden Anfangsverdachtes dient die Beschlagnahme nicht zur Ausforschung.

Die zu beschlagnahmenden Ordner sind zum Beweis der dem Betroffenen vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit geeignet, da sie Rückschlüsse darauf zulassen, ob der Betroffene tatsächlich das Parkettlegerhandwerk in erheblichem Umfang betrieben hat. Anhand dessen wird sich auch klären lassen, ob der Betroffene lediglich Tätigkeiten eines Minderhandwerks bzw. im unerheblichen Nebenbetrieb ausgeführt hat.

Durchsuchung und Beschlagnahme sind im Hinblick auf die mit den Eingriffen für den Betroffenen hier konkret verbundenen Auswirkungen auch nicht unverhältnismäßig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO analog.

Landgericht

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