Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
Abschrift
In der Bußgeldsache
XXX
gegen
XXX
wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem Gesetz zur Bekämpfung der
hat der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Celle auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 10. Februar 2005 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft durch den Richter am Oberlandesgericht Wodtke, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Ullrich und den Richter am Oberlandesgericht Rosenow am 26. August 2005 beschlossen:
Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuner Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) zurückverwiesen.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit zu einer Geldbuße von 9.500 € verurteilt.
Nach den Feststellungen hat der Betroffene im Zeitraum vom Mai 2000 bis Oktober 2002 im Umfang von 69.941,23 € netto diverse handwerkliche Tätigkeiten aus den Bereichen des Tischler-, Zimmerer-, Glaser-, Maurer-, Betonbauer- und Dachdeckerhandwerks erbracht, wobei entsprechende Eintragungen In der Handwerksrolle nicht vorlagen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt.
Das zulässige Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge Erfolg, sodass es eines Eingehens auf die Verfahrensrügen nicht bedarf.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in Ihrer Stellungnahme vom 16. August 2005 u. a. ausgeführt:
"Auf die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung sind fehlende Verfahrensvoraussetzungen nicht auszumachen.
Die Rüge, das Gericht habe die Verurteilung auf die Anwendung eines falschen Gesetzes gestützt, weil es nach der Änderung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwArbG) vom 23.07.2004 das mildere Gesetz hätte anwenden müssen, die entgegen der Auffassung des Betroffenen als Verfahrensvoraussetzung zu prüfen ist, greift nicht durch. Das Gericht hat sich zutreffend auf das SchwArbG vom 16.02.1995 bezogen, weil gem. § 4 Abs. 1 OWiG das zum Tatzeitpunkt geltende Recht anzuwenden war.
§ 4 Abs. 3 OWiG greift vorliegend nicht ein, weil das neue SchwArbG vom 23.07.2004 kein milderes Gesetz ist. Das Gericht hat den Betroffenen verurteilt, weil er ein zulassungspflichtiges Handwerk betrieben hat, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Dies stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG a. F. dar, mit einer Geldbußenandrohung bis zu 100.000 DM (= 51.129,19 Euro). Nach Änderung des Gesetzes stellt der Verstoß eine Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1e) SchwArbG n. F. dar, mit einer Geldbußenandrohung von bis zu 50.000 Euro, § 8 Abs. 3 SchwArbG n. F.
Die Überprüfung des Urteils in sachlich-rechtlicher Hinsicht muss zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung führen.
Die Sachrüge ist zulässig erhoben. Zwar nimmt der Betroffene hinsichtlich der Auslegung einzelner Rechnungen aus dem Jahr 2000 ebenso eine eigene unzulässige Beweiswürdigung vor wie, hinsichtlich' der Würdigung der Aussage des Zeugen XXX und der Erwägungen zum Vorsatz. Darin erschöpft sich aber das Rügevorbringen nicht. Es enthält darüber hinaus auch Ragen zu den Feststellungen des Gerichts, die zulässig (und begründet) sind.
Die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung haften rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Der Betroffene hätte gem. dem Schuldspruch ordnungswidrig gehandelt, wenn er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betrieben und Werkleistungen in erheblichem Umfang erbracht hätte, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Dies lässt sich den Feststellungen der angefochtenen Entscheidung nicht sicher entnehmen. Das Gericht hat zwar Feststellungen dahin getroffen, dass der Betroffene handwerkliche Arbeiten aus dem Bereich des Tischler-, Zimmerer-, Glaser-, Maurer-, Betonbauer- und Dachdeckerhandwerks erbracht hat. Die Darstellung der Tätigkeiten macht jedoch nicht deutlich, dass ihre Ausführung spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten der jeweiligen Gewerbe voraussetzte. Dies wäre aber für eine Verurteilung zu dem ergangenen Schuldspruch erforderlich, denn die fraglichen Verrichtungen und Arbeitsweisen müssen gerade den Kernbereich des zulassungspflichtigen Handwerks betreffen. Nur Tätigkeiten, die dem jeweiligen Handwerk sein Gepräge geben, werden von der Bezeichnung als bestimmtes Handwerk im Sinne der Handwerksordnung umfasst. Daran fehlt es vorliegend.
Das Gericht hat die Bauvorhaben nebst Rechnungslegung von Mai 2000 bis Oktober 2002 festgestellt. Hierzu hat es an verschiedenen Stellen mitgeteilt, dass Material geliefert, abgebunden und gerichtet oder montiert wurde (S. 2 11. Absatz 2 UA), oder ein Zuschnitt erfolgte (S. 2 11. Absatz 2 UA). Auch vom Verglasen eines Gusseisenfensters, Aufstemmen des Mauerwerks oder Unterschalung und Auswechslung der Dachsparren ist die Rede (S. 3 und 4 UA). Näher verhält sich das Urteil nicht zu den einzelnen Arbeiten. In zwei Fällen fehlen Angaben zu den ausgeführten Arbeiten vollständig. So heißt es etwa: Im Oktober/November 2000 erbrachte der Betroffene für XXX. ..., folgende Leistungen: eine Wagenremise (S. 2 11. Absatz 2 unten UA). An anderer Stelle heißt es: Für das Bauvorhaben XXX von XXX, ..., rechnete er 38 Arbeitsstunden zu je 39,27 € und Sand sowie 4 Sack HK 80 für 30,00 € ab (S. 4 Absatz 2 unten UA).
Hieraus lassen sich keinerlei Schlüsse zur Arbeitsweise des Betroffenen ziehen.
Auch in den weiteren Fällen kann den Feststellungen nicht sicher entnommen werden, dass der Betroffene Arbeiten aus dem Tischler-, Glaser, Maurer-, Betonbauer- Zimmerer- oder Dachdeckerhandwerk erbracht hat, die zu dem jeweiligen Kern bereich der Sparten gehören und wesentlich sind. Soweit das Gericht zu der Auffassung gelangt, die Entscheidung, ob der Betroffene wesentliche Tätigkeiten des zulassungspflichtigen Handwerks erbracht hat, durch die Abgrenzung zur unerheblichen Nebentätigkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 HwO treffen zu können, reichen die Erwägungen ebenfalls nicht aus.
Das Gericht hat darlegt, dass ein Einmann-Unternehmen in vorliegender Art grundsätzlich keinen Nebenbetrieb führen könne (S.' 5 IV. UA). Diese Frage wird gem. § 3 HwO aber auch über das Merkmal der Erheblichkeit bestimmt. Ob es sich um ein Einmann-Unternehmen handelt oder nicht, ist nicht entscheidungsrelevant.
Gem. § 3 Abs. 2 HwO ist eine Tätigkeit nur dann unerheblich, wenn sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden, Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges nicht übersteigt: Hierzu verhält sich das Urteil nicht. Die Auflistung der den jeweiligen Rechnungen zugrunde liegenden Arbeiten des Betroffenen ist unzureichend. Teilweise führt das Gericht zwar die Anzahl der in Rechnung gestellten Arbeitsstunden an (vgl. S. 4 Absatz 2 unten UA: 38 Arbeitsstunden zu je 39,27 €). Im wesentlichen hat das Gericht nur den Rechnungsgesamtbetrag festgestellt. Dabei hat es zudem keine Trennung zwischen den Material- und Arbeitskosten Vorgenommen (vgl. z. Bsp.: Dachplatte liefern und montieren: S. 2 11. Mitte UA).
Soweit das Gericht als Grundlage für die Bewertung des Tatbestandsmerkmales des erheblichen Umfanges allein den Umsatz des Betroffenen berücksichtigt. fehlt es auch insoweit an der Trennung zwischen Material und Arbeitskosten. Zudem ist der Umsatz nicht entscheidungserheblich, sondern gem. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 HwO das Wesen der Tätigkeit und die benötigte Arbeitszeit.
Die Feststellungen des Gerichts reichen auch nicht zur Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 117 Abs. 1 Nr. 1 HwO aus. Er ist neben § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG subsidiär, kann aber, weil er weniger Tatbestandsvoraussetzungen hat, angewendet werden, wenn § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG nicht erfüllt ist (Ambs, a.a.O, § 8 SchwArbG, Rdnr.: 19). Entscheidungserheblich bei § 117 Abs. '1 Nr. 1 HwO ist aber auch das Betreiben eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe. Insoweit gelten die vorstehenden Erwägungen entsprechend."
Dem tritt der Senat bei.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
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