Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
Aktenzeichen: 1043 Js 8533/04.4 OWi vom 15.11.2004
In dem Bußgeldverfahren gegen
xxx
wegen Ordnungswidrigkeit ./. Ges. z .Bekämpfung d. Schwarzarbeit.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.
Mit Bescheid der Kreisverwaltung Bad Kreuznach vom 22.03.2004 wurde dem Betroffenen ein Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vorgeworfen. Dem Betroffenen wurde angelastet, in dem Zeitraum vm 02.04.2002 bis 16.04.2002 die Maler- und Lackierergesellin xxx aus Niederkirchen und ab dem 20.04.2002 bis Mitte Juli 2002 die Maler- und Lackierergesellin xxx aus xxx mit der Ausführung von Maler- und Lackiererarbeiten in seinem Wohnhaus in der xxx Straße, Bad Kreuznach, sowie in und am xxx (Geschäftsräume der Firma in der xxx Straße in Bad Kreuznach beauftragt zu haben. Da die vorgenannten Damen xxx und xxx nicht in der Handwerksrolle eingetragen seien, seien sie auch zur selbständigen Ausübung des Maler- und Lackiererhandwerks sowie des Maurer- und Betonbauerhandwerks nicht berechtigt gewesen.
Durch Frau xxx sei in der Zeit ab 02.04.2002 für 6 bis 7 Tage (bei täglich 10 bis 12 Stunden Arbeitszeit) an dem Wohnhaus des Betroffenen ein in einem seitlichen Anbau befindlicher Raum mit völlig unebenen und unverputzten Wänden ein neuer Putz angelegt worden.
Ab dem 20.04.2002 bis Mitte Juli 2002 sei die Maler- und Lackierergesellin xxx zur selbständigen Ausführung des Maler- und Lackiererhandwerks am sog. xxx in der xxx Straße von dem Betroffenen, bei dem es sich um den Geschäftsführer der Firma handelt, beschäftigt worden.
Der Betroffene war aus tatsächlichen Gründen freizusprechen, da bei Abwägung aller Umstände nicht feststeht, dass die beiden Mitarbeiterinnen des Betroffenen das Handwerk selbständig betrieben haben.
Gemäß § 2 Abs. 1 SchwArbG handelt ordnungswidrig, wer wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfang dadurch erzielt, dass er eine oder mehrere Personen mit der Ausführung von Dienst- und Werkleistungen beauftragt, die diese Leistungen unter Verstoß gegen die in § 1 Abs. 1 SchwArbG genannten Vorschriften erbringen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG handelt ordnungswidrig, wer wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfang durch die Ausführung von Dienst- und Werkleistungen erzielt, obwohl er ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig betreibt, ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein. Gegen diese Bestimmungen hat der Betroffene nicht verstoßen.
Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 1 SchwArbG scheidet aus, weil die bei ihm angestellten beiden Mitarbeiter ein stehendes Gewerbe nicht selbständig betrieben haben. Selbständiger Handwerker i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchwArbG ist, wer das Handwerk für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung betreibt. Kein selbständiger Gewerbebetrieb ist gegeben, wenn der Betroffene in einem Umfang an Weisungen gebunden ist, dass von einer handwerksmäßigen Betriebsweise, bei der noch ein gewisses Maß Eigenständigkeit bei der Planung der Arbeit und des Arbeitsablaufs gegeben sein muss, nicht mehr gesprochen werden kann. Bei der Prüfung, ob jemand ein Handwerk als stehendes Gewerbe selbständig ausübt, sind die einzelnen Merkmale, die für oder gegen die selbständige Ausübung sprechen, in einer Gesamtbetrachtung zu würdigen. Das Vorliegen oder Fehlen eines bestimmten Merkmals ist nicht entscheidend. Bei dieser Würdigung ist im Falle der Schwarzarbeit ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 06.01.1986, Az. 1 Ss OWi 1448/85). . Für Selbständigkeit der Tätigkeit spricht, wenn der Gewerbeausübende für eigene Rechnung arbeitet und er selber Verlust und Gewinn trägt, wenn der Berufstätige auf eigene Verantwortung hin handelt und die Verantwortung nach außen trägt, wenn er eine eigene Betriebsstätte hat und über seine Zeit verfügen kann und wenn er selber das Betriebskapital zur Verfügung stellt. Typisch für Selbständigkeit ist, dass der Arbeitserfolg, jedoch nicht die Arbeitszeit geschuldet wird (vgl. OLG Hamm, a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs haben die Maler- und Lackierergesellinnen xxx und xxx das Handwerk nicht selbständig ausgeübt.
Die Zeugin xxx hat am 15.07.2002 gegenüber der Kreisverwaltung Bad Kreuznach Folgendes erklärt:
Sie sei auf der Internet-Seite des ArbeitSamtS Neustadt als Arbeit suchende Malerin in die Liste eingetragen gewesen. Der Betroffene habe sich mit ihr telefonisch in Verbindung gesetzt und ihr erklärt, dass er für den Betrieb eine Malerin für Renovierungsarbeiten suche. Am 20.04.2002 sei sie dann schließlich nach Bad Kreuznach gekommen und habe mit dem Betroffenen konkret über das Arbeitsverhältnis gesprochen. Es sei vereinbart worden, dass der Betroffene einen schriftlichen Arbeitsvertrag auf- setze und zur Unterschrift vorlege. Hierzu sei es jedoch nicht gekommen. Die Arbeiten im Brückenhaus habe sie gleichwohl begonnen. Zunächst sei sie alleine tätig gewesen; nach ca. 4 Wochen sei eine weitere Person, es habe sich um einen Russen gehandelt, hinzugekommen, der Helfertätigkeiten ausgeübt habe. Am Ende des Monats (erstmals zum 01.05.2002) habe sie ihren Lohn mittels Gehaltsabrechnung von der Firma erhalten. Die Gehaltszahlungen seien jeweils in gleicher Höhe, nämlich 1.800,00 EUR, gewesen. Die tägliche Arbeitszeit habe 8 Stunden betragen.
Die Zeugin xxx hat sich im Wesentlichen wie folgt geäußert:
Sie sei im Arbeitsamtsbezirk Kaiserslautern auf der Internet-Seite des dortigen Arbeitsamts als Arbeit suchende Malerin eingetragen gewesen. Der Betroffene habe sich dann mit ihr in Verbindung gesetzt und für den 30.03.2002 sei ein Gespräch vereinbart worden. Man habe sich dahingehend geeinigt, dass sie monatlich brutto 1.550,00 EUR bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden erhalten solle. Sie habe dann die Arbeit am 02.04.2002 aufgenommen. Gegen 16.00 Uhr sei sie zum Privathaus des Betroffenen gefahren. Der Betroffene sei anwesend gewesen. Es seien auch teilweise Materialien vor Ort gewesen. Ein nicht unerheblicher Teil habe jedoch nachträglich gekauft werden müssen, was von ihr und dem Betroffenen erledigt worden sei. Die Arbeiten habe sie dann nach freiem Ermessen selbständig ausgeführt. Sie habe täglich 10 bis 12 Stunden gearbeitet. Gleichwohl sei es dem Betroffenen nie schnell genug gegangen. Sie habe 40 kg schwere Säcke schleppen müssen, was für ihre Arbeitsleistung ebenfalls nicht dienlich gewesen sei. Nach etwa 6 bis 7 Tagen sei dann die Arbeit erledigt gewesen. Danach habe sie - was dem Betroffenen bereits bei Vertragsabschluss mitgeteilt worden sei - sich einer Laseroperation unterzogen. Am 15.04.2002 habe sie dann die Arbeit an dem Brückenhaus aufgenommen. Bei einer ersten Besprechung sei auch der Malermeister xxx zugegen gewesen. Es sei über die Materialbeschaffung gesprochen worden und auch über die Ausführung der Arbeit; wobei man ihr kleine Tipps gegeben habe. Ihr sei auch mitgeteilt worden, dass - falls erforderlich - sie sich mit dem Malermeister xxx in Verbindung setzen könne. Dies sei jedoch nicht notwendig gewesen. Das Material sei dann von Herrn gebracht worden. Sie habe dann die Arbeit an den Brückenhäusern begonnen. Den Herrn xxx habe sie dann nur noch am darauffolgenden Tag gesehen. Am 17.04.2002 sei sie dann wegen einer Sehnenscheidenentzündung krankgeschrieben worden. Am 18.04.2002 sei ihr dann schließlich gekündigt worden. Von Herrn xxx habe sie 600,00 EUR überwiesen bekommen, circa 4 bis 6 Wochen später habe sie dann 400,00 EUR in bar erhalten. Voraussetzung hierfür sei gewesen, dass sie die bereits eingereichte arbeitsrechtliche Klage zurückgezogen habe.
Unter Berücksichtigung aller Umstände hatten die beiden Malerinnen, kein derartiges Maß von Selbständigkeit und Eigenbestimmung dass, ihre Stellung der eines selbständigen Handwerkers gleichgesetzt werden könnte. Hierbei ist nochmals hervorzuheben, dass sie an im Wesentlichen feste Arbeitszeiten gebunden waren, Anspruch auf einen festen Monatslohn hatten und die Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt bekommen haben. Sie haben gerade nicht für eigene Rechnung gearbeitet und das Risiko von Gewinn und Verlust getragen, das wesentliches Merkmal einer selbständigen Tätigkeit ist.
Bei kritischer Würdigung aller Umstände konnte man zwar auf den Gedanken kommen, dass der Betroffene durch die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses die Vorschriften der HwO und des SchwarzArbG unterlaufen wollte. Hierbei blieben jedoch die oben näher dargelegten Umstände unbeachtet. Allein die Tatsache, dass handwerkliche Arbeitskräfte, die in einem nicht handwerklichen Betrieb oder dem Betrieb eines anderen Handwerks beschäftigt werden, reicht letztlich hierzu nicht aus (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 17.05.1990, Az.: Ss 179/90)
Die Kostenentscheidung folgt aus ‚ 467, StPO i.V.m. 5 46 OWIG.
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