BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Im Jahr 2001 hatte die PDS einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, mit dem der Meisterzwang deutliche gelockert worden wäre.
Gleichzeitig wäre mit diesem Gesetzentwurf der Koalitionsvertrag der Rot-Grünen Koalition von 1998 umgesetzt worden. In dem Vertrag heißt es:
"Wir werden den Zugang zur selbständigen Tätigkeit im Handwerk erleichtern. Es muß künftig möglich sein, den Meisterbrief nach der Existenzgründung berufsbegleitend zu erwerben. Der große Befähigungsnachweis bleibt Voraussetzung für die Selbständigkeit im Handwerk."
Obwohl Rot-Grüne genau diese Lockerung des Meisterzwangs im Koalitionsvertrag vereinbart hatte, hat die Koalition dem Gesetzentwurf zur Umsetzung dieser Absprache nicht zugestimmt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Namen des BUH bedanke ich mich für die Möglichkeit, zu der
geplanten Änderung der Handwerksordnung Stellung nehmen zu dürfen.
Immer wieder, wird über Änderungen der HwO diskutiert. Und
regelmäßig wurde sie in den letzten Jahren verändert.
Gesetzesänderungen gab es '94 und '98.
Letztes Jahr wurde noch der Trockenbau von der Handwerksordnung
ausgenommen.
Weiterhin hat der Bund-Länder-Ausschuß Handwerksrecht '87 und 2000
öffentlich zu den Vollzugsbestimmungen Stellung genommen.
Von verschiedensten Gutachtern wurde in den letzten Jahren immer
wieder Änderungsbedarf an der Handwerksordnung festgestellt. Als
prominenteste möchte ich hier nur die Monopolkommission nennen.
In der juristischen Fachliteratur wird regelmäßig festgestellt,
daß die HwO das Grundrecht der Berufsfreiheit aushöhlt.
Der EuGH hat letztes Jahr die Eintragungspflicht in die
Handwerksrolle in der heutigen Form für Dienstleister aus
anderen EU-Staaten aufgehoben. Er fordert eine Erleichterung.
Das Verfassungsgericht hat letztes Jahr in zwei Entscheidungen eine
grundrechtsfreundliche Anwendung der HwO angemahnt.
War dies alles nun nicht genug an Veränderungen im Handwerksrecht,
so könnte man Fragen ?
Aus unserer Sicht hat sich an der Situation für Handwerker
ohne Meisterbrief noch nichts zum positiven geändert.
Mit der Entscheidung des EuGH hat sich die Inländerdiskriminierung
durch die Handwerksordnung noch verstärkt.
Die Verfassungsgerichtsurteile werden von der Rechtsprechung der
Fachgerichte ignoriert. Auch wenn die Betroffene möglicherweise
nach Prozessen durch mehrere Instanzen Recht bekommen könnten,
können sie sich diese Prozesse nicht leisten.
Die Gegenseite scheint uns sehr bewußt diese Tatsache auszunutzen.
Die angeblichen Erleichterungen durch den neuerlichen Beschluß
des Bund-Länder-Ausschusses Hand-werks-recht bestehen einzig
darin, daß die Landeswirtschaftsministerien zusagt haben, die
Ordnungsbehörden dazu aufgefordert, daß diese sich an manche
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts halten.
Die angeblichen Erleichterungen bei der Erteilung von
Ausnahmebewilligungen wurden von verschiedenen Bundesländer
schon vor dem Beschluß großzügiger gehandhabt.
Mit der Gewährung von zeitlich eng begrenzte Ausnahmebewilligungen
bei Betriebsübernahmen wird auch mehr die Absicht verfolgt, den
gegenwärtigen Betriebsinhabern eine Chance zu bieten, Ihren
Betrieb teuer verkaufen zu können, als die Absicht Menschen
das selbständige Arbeiten zu ermöglichen. Ansonsten müßten ja
Ausnahmebewilligungen auch für Neugründungen gewährt werden.
Der hier zur Diskussion stehenden Gesetzentwurf schafft in
gewisser Weise einen Rechtsanspruch auf solche zeitlich befristete
Ausnahmebewilligung auch für Neugründungen.
Dadurch kommt - aus unserer Sicht - zum Ausdruck, daß die PDS das
Recht auf Arbeit höher bewertet, als das Eigentum.
Es geht hier um das Recht auf Arbeit von Menschen, die kein
anderes "Vermögen" haben, als die Fähigkeit zu arbeiten.
Wir freuen uns, daß die PDS dieses Recht höher bewertet, als das
"Recht" auf einen Guten Erlös aus einem Unternehmen.
Die Handwerksordnung wird auch weiterhin in der Diskussion bleiben,
weil der Meisterzwang trotz aller bisherigen Veränderungen
weiterbesteht.
Aus unserer Sicht, stößt der Meisterzwang bei Betroffenen auf
Unverständnis, weil die vorgeschriebene Weiterbildung viele
Fähigkeit nicht vermittelt, die für die Praxis unbedingt
notwendig sind und andererseits Kenntnisse verlangt, die für die
Praxis unnötig sind.
Bei den Meisterprüfung entsteht immer wieder der Eindruck, daß
die Prüfer ihre Macht nutzen um zu Steuern, wer ihnen später
Konkurrenz machen darf.
Die Weiterbildung ist Teilweise - unabhängig von den
Prüfungsinhalten - schlecht und überteuert. So hat z.B. die
Handwerkskammer Nürnberg im Juli 2000 nach einem gerichtlichen
Vergleich 6.000,- Ausbildungsgebühren zurückgezahlt.
Die Handwerkskammern, unter deren Obhut die Weiterbildungen angeboten
werden, haben es seit Jahrzehnten versäumt Weiterbildungsgänge und
Prüfungsordnungen anzubieten, die den Anforderungen der Praxis
genügen. Fernlehrgänge fehlen - selbst für die
fachtheoretischen- und betriebswirtschaftlichen Teile
der Prüfung.
Auch wenn die Weiterbildung den Anforderungen der Praxis genügen
würde, wäre es vielen nicht möglich diese Weiterbildung zu
absolvieren.
Die Gründe, den Meisterbrief nicht erwerben zu können oder
es nicht zu wollen, sind individuell sehr unterschiedlich.
Gerade Handwerker, die nicht auf die großzügig Unterstützung
der Familie bauen können, bleiben deswegen von dem selbständigen
Broterwerb ausgeschlossen. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit
während das soziale Netz immer dünner wird, sind sie die wirklichen
Verlierer vom Meisterzwang.
Sie bekommen die Arbeitsbedingungen im Meisterbetrieb diktiert
(z.B. mit vielen Überstunden ohne Zuschläge) Die Möglichkeit in
die Selbständigkeit zu entfliehen besteht aufgrund des
Meisterzwang nicht.
Gewinner sind diejenigen die das Kapital hatten, den Meisterbrief
erwerben zu können, und allein deswegen Unternehmer seinen
dürfen.
Die Kinder von Meistern bekommen dann regelmäßig die Weiterbildung
vom elterlichen Betrieb - steuerlich voll abzugsfähig -
finanziert.
So geht die Schere der unterschiedlichen Startchancen über die
Generationen hinweg immer weiter auseinander.
Zu allem Überfluß gibt es in der gegenwärtigen Koalition noch
Überlegungen das sogenannte Witwen - Privileg (d.h. ohne
Meisterbrief den Betrieb des Gatten nach dessen Tod weiterführen
zu dürfen) auf alle Erben auszudehnen. Anscheinend besteht in der
Koalition die archaische Vorstellung, daß die Fähigkeit selbständig
zu arbeiten über das Blut vererbt wird.
Außerdem zeigt sich, daß in der Koalition, dem Vermögen von
Erben eine weit höhere Bedeutung beigemessen wird, als dem Recht
auf Arbeit oder dem Grundrecht auf freie Berufsausübung.
Der Gesetzentwurf der PDS setzt hier andere Akzente! Er läßt dem
bisherigen Ständedenken keinen Platz.
Nach diesem Entwurf soll es möglich werden, daß Betriebe ohne
Meisterbrief eröffnet oder übernommen werden. Der Meisterbrief
muß allerdings nachgemacht werden. Hierfür ist eine Frist von
zehn Jahren vorgesehen. Diese Frist sehe wir als minimale Frist
an, weil erst 10 Jahren nach einer Gründung sich Betriebe
stabilisiert haben.
Wir sehen eine große Chance, für mehr Existenzgründungen und mehr
Arbeitsplätze durch diese Regelungen. Denjenigen, die heute von
der Meisterausbildung ausgeschlossen sind, wird so eine
Möglichkeit gegeben, zunächst einen Betrieb zu gründen und
sobald der Betrieb läuft die Weiterbildung nachzumachen.
Deswegen begrüßen wird diesen Gesetzentwurf. Wir möchten noch
anregen, auch im Handwerk die Ausbildung von Lehrlinge nach den
Bestimmungen des Berufsbildungsgesetzes zu regeln.
Ich Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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