Handwerksnovelle 2004, Gesetzgebungsverfahren Handwerksnovelle 2004, Argumente gegen Meisterzwang, Probleme mit Behörden?
In Schleswig-Holstein und Meklenburg-Vorpommern wurden jeweils von allen Fraktionen Anträge eingebracht durch die der Meisterzwang entscheidend Verschärft werden soll.
In den Drucksachen (Schleswig-Holstein) 15/2766 und (Meklenburg-Vorpommern) Drucksache 4/585 wird unter anderem gefordert:
In den beiden Anträgen heißt es unter anderem:
Der Landtag fordert unter anderem mit Zustimmung aller Fraktionen:
Durch die von der Bundesregierung geplante Regelung zu einfachen handwerklichen Tätigkeiten wird im wesentlichen die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen in ein Gesetz umgesetzt.
Ende 2000 hatten die Länder im Bund-Länderausschuss-Handwerksrecht in den sogenannten Leipziger Beschlüssen eine Handhabung der Handwerksordnung entsprechend dieser Rechtsprechung unverbindlich zugestimmt.
Jetzt wo diese Rechtsprechung, an die sich die Behörden seit vielen Jahren hätten halten müssen, in ein Gesetz umgesetzt wird, wollen die Länder eine andere Regelung erzwingen.
Schon dies zeigt, daß in den vergangen Jahren viele Betriebe unbegründet wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung verfolgt wurden. - Vielen Urteile zeigen auch, daß zumindest mit einem versierten Anwalt Bußgelder wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung keinen Bestand vor Gerichten haben.
Offensichtlich bedarf es für Landtagsabgeordnete wenigstens eines Grundkurs zu den Grundrechten der Bürger aus dem Grundgesetz.
Grundrechte wie die freie Berufsausübung dürfen nur durch Gesetze eingeschränkt werden. (nicht durch Rechtsverordnungen wie es sich die Parlamentarier in Schleswig-Holstein und Meklenburg-Vorpommern vorstellen.
Handwerkskammern sind keine unabhängigen Organe und können keine Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten übertragen bekommen. Rechtsstaatliche Grundsätze verlangen von Ermittlungsbehörden gleiche Unabhängigkeit wie von Richtern. Diese Unabhängigkeit ist aber bei Mitarbeitern von Handwerkskammern nicht gegeben, den Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet die Interessen der Meisterbetriebe zu verfolgen und deswegen können sie nicht anders als deren Interessen bei Ihrer Tätigkeit zu beachten. Das Meisterbetriebe kein Interesse an Konkurrenz durch Unternehme im Minderhandwerk haben, wird aus der aktuellen Diskussion nur zu deutlich.
Es ist den Wolf zum Schafhirten gemacht, die Unternehmen, die "nicht wesentliche Tätigkeiten" anbieten zu Zwangsmitgliedern bei den Handwerkskammern zu machen.
Die Handwerkslobbyisten behaupten, daß Betriebe, die nicht von qualifizierten Meistern geführt würden, wirtschaftlich instabiler und daher unerwünscht seien; es drohe gar ein "Selbstständigen-Proletariat". So beschimpfte sollen dann auch noch Zwangsmitglieder bei einer Organisation werden, die nichts anderes wünscht, als die Ermächtigung diesen Unternehmen den Gar aus zumachen? (siehe z.B. FTD vom 14.07.03)
Gerade in Schleswig-Holstein ist der Verfolgungsdruck von Handwerkern ohne Meisterbrief schon heute besonders groß. Mit erpresserischen Methoden wird häufig das Anerkennen eines Bußgeldes erpresst, das vor Gericht niemals bestand hätte.
Auch schon bei der Erteilung der Ausnahmebewilligungen nach § 8 HwO Hat Schleswig-Holstein den Bock zum Gärtner gemacht. Obwohl nach der Handwerksordnung (§ 8) die Erteilung von Ausnahmebewilligungen nur Behörden übertragen werden darf, hat die Landesregierung in Kiel dies an die Handwerkskammern übertragen, die eben keine Behörden sind. In Schleswig-Holstein hat das HandwerksUNrecht tradition!
Wenn die Landesparlamente nun fordern eine Positivliste von Tätigkeiten zu erstellen, die ohne Meisterzwang ausgeführt werden dürfen scheinen die Abgeordneten wenigstens begriffen zu haben, daß die Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem ein bisher ungelöstes Problem ist. Mit einer Positivliste wird aber der Grundsatz der Berufsfreiheit (Artikel 12 Grundgesetz) in ein generelles Verbot mit erlaubten Ausnahmen umgekehrt. Damit verkennen die Abgeordneten die Bedeutung dieses Grundrechts grundlegend.
Der Grundsatz ist und bleibt die Berufsfreiheit und deswegen bedarf es keiner Positivliste der erlaubten Tätigkeiten, sondern eine Negativliste der verbotenen Tätigkeiten, die unter den Meistervorbehalt fallen. Für jede einzelne Tätigkeit aus der Negativliste der verbotenen Tätigkeiten muß anhand der strengen Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht für Einschränkungen der Berufsfreiheit entwickelt hat, geprüft werden ob das Verbot notwendig, verhältnismäßig und zumutbar ist.
Aus der Tatsache, das dann möglicherweise wenige Tätigkeiten übrig bleiben, die nur Meister ausführen dürfen, kann nicht geschlossen werden, daß das Verbot weiter zu fassen ist. Der Grundsatz ist das Grundrecht der freien Berufsausübung und nicht das Interesse der Meisterbetriebe nach Schutz vor Konkurrenz!
Mit dem von den Abgeordneten geforderten Ausschluß von Kumulierung von einfachen Tätigkeiten verkennen die Abgeordneten wiederum die Bedeutung des Grundrechts auf freie Berufsausübung. Einfache Tätigkeiten sind deswegen schon jetzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Meisterbrief ausführbar, weil es eben unverhältnismäßig wäre eine langjährig teure und teilweise schlecht Ausbildung absolvieren zu müssen, um Tätigkeiten ausüben zu dürfen, die in kurzer Zeit erlernt werden können. Die drei-Monats-Grenze entspringt Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, in denen festgestellt wurde, das jedenfalls die Tätigkeiten meisterfrei sind, die in zwei bis drei Monaten erlernt werden können. Über Tätigkeiten deren Erlernen länger dauert war in den Entscheidungen nicht zu urteilen und wurde deswegen nichts festgelegt. Von einem Gesellen mit einem anerkannten Ausbildungsabschluß wäre es aber auch bei mehreren Tätigkeiten, die schnell erlernbar sind unverhältnismäßig, wenn er sie nicht ausüben dürfte.
Die Änderung der Handwerksordnung 2003
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