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Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Bremen fordert 140.000,- Euro Bußgeld von zwei Handwerker

Prozess am 15.03.2004 um 13.15 im Saal 251, Amtsgericht Bremen

Am 15. März 2004 wird den zwei Bremer Malern Carsten und Marco nun der Prozess gemacht. Dort wird Bremens teuerstes Bußgeld für angeblich unerlaubte Handwerksausübung vor dem Amtsgericht verhandelt.

Die zwei Bremer Maler ohne Meisterbrief haben über 6 Jahre ihren Betrieb erfolgreich geführt und Steuern gezahlt, bis ein Angestellter von der Bremer Sonderermittlungsgruppe Schwarzarbeit bei Putzarbeiten unter einem Fenster angetroffen wurden.

Bei der darauf folgenden Hausdurchsuchung wurden rechtswidrig auch Privatunterlagen (ein Sparbuch mit 10.000 DM Guthaben und Fahrzeugpapiere) beschlagnahmt. Diese Gegenstände mußten wegen der Verfehlung des Ordnungsamtes schon vor Zeiten zurückgegeben werden.

Die Bremer Böhnhasen halten den Bußgeldbescheid für existenzvernichtend und realitätsfremd.

Das Vorgehen des Ordnungsamtes war menschenverachtend und rassistisch. Bei der Hausdurchsuchung hatte ein Bremer Beamter den BUH als "Linken Zeckenverband" bezeichnet. Auch war das Verhalten der Beamten auf der Baustelle einem ausländisch aussehenden Angestellten hart an der Grenze der Ausländerfreundlichkeit.

Daß der Präsident der Handwerkskammer Bremen, selbst Malermeister, bei einer Baustelle mit "Schwarzarbeitern" erwischt wurde, hat natürlich keine solchen Konsequenzen, so Jonas Kuckuk, denn bei der Rechtsauslegung um sogenannte unerlaubte Handwerksausübung oder Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben wird in Deutschland mit zweierlei Maß gemessen - zu Lasten der angeblich unerlaubten Handwerksausübung.

Existenzvernichtung, die schwerste Strafe in Deutschland, kommt per Bußgeldbescheid ins Haus, der Beschuldigte hat nicht die Rechte des Angeklagten im Strafverfahren, die Unverletzlichkeit der Wohnung wird nicht respektiert, keine Unschuldsvermutung, keine Resozialisierung.

Üblicherweise zeigt ein Handwerkskammermitglied einen Konkurrenten beim kommunalen Ordnungsamt an. Die Kammer - laut EuGH eine Interessenvereinigung - erwirkt bei den Behörden die Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen Ihrer Mitglieder und stellt gleichzeitig die gerichtlichen "Gutachter". Die befangenen Gutachter beschuldigen die Handwerker ohne Meisterbrief der unerlaubten Handwerksausübung, also der Schwarzarbeit.

Die Steuerehrlichkeit wirkt sich hier als Nachteil aus, weil anhand der Steuerunterlagen das Bußgeld wegen der Handwerksausübung bestimmt wird.

Bereits heute schaffen die leeren Kommunalkassen einen starken Anreiz zur Kommunalfinanzierung durch existenzvernichtende Bußgelder. "Dies ist volkswirtschaftlicher Kannibalismus", so Jonas Kuckuk, "der bestehende Betriebe schützt und den Kunden in der Auswahl seiner Handwerker stark einschränkt."

Artikel 23 der UN-Menschenrechtsdeklaration lautet:

Jeder hat das Recht auf Arbeit.

Diese bürgerliche Errungenschaft gilt es heute in Deutschland mit allem Nachdruck zu verteidigen, und zwar in der Form, wie sie ursprünglich gemeint war und zur Grundlage der Industriellen Revolution und damit unseres heutigen Wohlstandes wurde: Das Recht auf selbständige Arbeit.

Beide Maler sind wegen der Hausdurchsuchung mit ihrer Anwältin mittlerweile vorm Bundesverfassungsgericht, um die Rechtswidrigkeit von Hausdurchsuchungen prüfen zu lassen. Obwohl noch nicht entschieden ist, ob die Unterlagen der Verfolgten überhaupt verwendet werden dürfen, soll dieser Prozess durchgeführt werden.

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht angekündigt in diesem Jahr über drei Verfassungsbeschwerden gegen den Meisterzwang zu entscheiden.

Betrachtet man den Bremer Prozess vor dem Hintergrund der letzten Novellierung der Handwerksordnung (das Malerhandwerk sollten ursprünglich vom Meisterzwang befreit werden, wenn die Union sich nicht quergestellt hätte) und der nächsten Novellierung des Gesetztes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, sieht man, dass eine Verurteilung nach rechtsstaatlichen Prinzipien eigentlich nicht wahrscheinlich ist, denn schon bei der jüngsten HWO-Novelle musste sich der Gesetzgeber eingestehen, dass es eigentlich nicht möglich ist, festzustellen, welche einzelnen Tätigkeiten unter den Meisterzwang fallen. Die einzigen, die sich hier immer sehr sicher waren, waren die begünstigten Meisterbetriebe, bzw. ihre Lobby - die Handwerkskammern, so Jonas Kuckuk vom Vorstand des BUH. Wegen dieser Rechtsunsicherheit will die Regierungskoalition, daß unerlaubte Handwerksausübung nicht weiterhin als Schwarzarbeit verfolgt wird. Am Freitag den 05.03.04 wurde dieser Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag behandelt. Gerade vor diesem Hintergrund ist es ein Absurdität diesen Prozess überhaupt noch zu verhandeln. Dies kosten den Steuerzahler viel Geld.

Was beim Prozess geschah

Großes öffentliches Interesse hat den Prozess begleitet. Ca. 50 Zuschauer und mehrere Journalisten waren zugegen.

Ein Zuschauer berichtet in der Prozesspause, daß die Beschuldigten zu seiner vollsten Zufriedenheit den Pfusch von Meisterbetrieben repariert haben. Von der Richterin wollte er wissen, ob sie nun auch gegen ihn als Auftraggeber ein Bußgeld verhängen wolle.

Die Verhandlung wurde nach kurzer Verhandlung vertagt, weil der Bußgeldbescheid offensichtlich mangelhaft war.

Kommentar

Wenn Ordnungsbehörden ein Bußgeld von € 140.000,- verhängen, dann sollte man erwarten, daß die Behörde dieses Bußgeld nach den geltende gesetzlichen Bestimmungen rechtfertigen kann. - Nicht so wenn es um Bußgelder wegen angeblich unerlaubter Handwerksausübung geht. Daß bei solchen Bußgelder detailliert dargelegt werden muß, welche Tätigkeit unter den Meisterzwang fällt, daß scheint sich nicht bis in die dafür zugehörigen Behörden rum gesprochen zu haben.

Welch eine unendliche Arroganz der Macht, zu meinen, bei Handwerksgesellen kann man es ja mal probieren, ob die nicht die Kohle einfach raus rücken.

Wer sich gegen solche Bußgelder wehrt kann erleben, daß die Vorwürfe einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand halten. (Zumindest nicht, wenn man die Unterstützung eines versierten Anwalts hat).

Bei dem Prozeß in Bremen war offensichtlich. Die Richterin kennt die juristische Materien äußerst unzureichend. Der Bußgeldbescheid war miserable verfaßt. Ob die zur Frage stehenden Tätigkeiten überhaupt unter den Meisterzwang fallen, war überhaupt nicht geprüft.

Und das dramatische an dieser Sache ist. Dies war kein Einzelfall. Ohne eine tatsächlichen Anfangsverdacht werden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Bußgelder werden für Tätigkeiten verhängt, die eindeutig nicht unter den Meisterzwang fallen.

Jeder einzelne wird Gezwungen den Behörden nachzuweisen, daß er nicht mehr macht als sein Grundrecht auf freie Berufsausübung in Anspruch zunehmen. Eigentlich wäre es die Verpflichtung der Behörden dies zu schützen und nicht zu verfolgen!

Zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens sollte die Staatsanwaltschaft die Mitarbeiter in den Ordnungsbehörden wegen Verfolgung unschuldiger hinter Gitter bringen.

Es ist ein Verbrechen, Menschen am Broterwerb zu hindern und es ist kein Verbrechen wenn Menschen mit ihrer eigenen Hände für ihr täglich Brot sorgen und dabei Steuern und Sozialabgaben zahlen.

Das Gericht sollte dieses Verfahren dem Bundesverfassungsgericht mit der Frage vorlegen, ob es eine nachvollziebare Begründung gibt, warum für Verputzen der Meisterzwang angeblich besteht aber für das Fliesenlegen nicht? Was ist am Malerhandwerk so gefährlich, daß dort der Meisterbrief verlangt wird?

Der Weser-Kurier kommentiert den Prozess:

Die Behörde bekommt eine Ohrfeige – ihr Bescheid ist offenbar mangelhaft abgefasst. Note fünf, setzen, Hausarbeiten dieses Mal gründlich erledigen. Das ist das Ergebnis des gestrigen Prozesstages. Behördenschlamperei ist grundsätzlich ärgerlich, hier ist sie ungeheuerlich. Immerhin geht es um eine Summe, die den Betrieb der Angeklagten ruinieren würde.

Böhnhasen

Böhnhasen. B., auch Böhnhase, in Niederdeutschland verbreitete Bezeichnung für nicht zur Zunft gehörige Handwerker. B. spielen daher in den Beschwerden der Zünfte (Ämter) an den Rat eine erhebliche Rolle. Sie waren auch im Kampf für Einführung der Gewerbefreiheit am 4. April 1861 beteiligt. Von Böhn = niederdt. Dachstube und nach den Katzen, den "Dachhasen", die sich auf den Böden versteckten, erhielten die nicht zünftigen Handwerker, die oft heimlich arbeiten mußten, den Spottnamen.

Die Bremer Böhnhasen sind eine Regionalgruppe des Berufsverbands unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker BUH e.V. und treffen sich jeden 1. Freitag im Monat um 20.15 Uhr im Vorraum des Cafe`s Lagerhaus Schildstraße in Bremen.

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