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Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen zum Konfliktpotentiale zwischen handwerksähnlichen Gewerbe und Vollhandwerk

Das Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen hat sich in seiner Veröffentlichung "Struktur und Bedeutung des handwerksähnlichen Gewerbes in Deutschland" (Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte 38, ISSN 1432-9735, Göttingen 1998) von Klaus Müller und Annette Rudolph mit dem handwerklsähn lichen Gewerbe auseinander gesetzt.

Unter anderem geht die Schrift auch auf das Konfliktpotentiale zwischen handwerksähnlichen Gewerbe und Vollhandwerk ein. Es ist erfreulich, dass diese Problematik von einem handwerksnahen Institut kritisch analysiert wird.

Aus unserer Verbandstätigkeit kennen wir viele Beispiele, in denen nicht nur die Vollhandwerksbetriebe, sondern die Handwerkskammern als Organisationen den dort beschriebenen Konflikt austragen.

Zu diesem Konflikpotential heißt es dort:

Konfliktpotentiale zwischen handwerksähnlichen Gewerbe und Vollhandwerk

Konfliktpotentiale aus der Sicht des Vollhandwerks

Konfliktpotentiale sind vor allem dort zu vermuten, wo Vollhandwerksbetriebe und handwerksähnliche Betriebe konkurrierende Leistungen anbieten, also im substitutiven Schnittstellenbereich. Vollhandwerksbetrieben dürfte es gerade im Bereich gering qualifizierter Tätigkeiten schwer fallen, mit handwerksähnlichen Betrieben zu konkurrieren, da diese eine deutlich günstigere Kostenstruktur (geringerer Fixkostenblock, geringere Stundensätze) aufweisen.

Der Versuch liegt nahe, bei der Abwehr der unliebsamen Konkurrenz aus dem handwerksähnlichen Gewerbe auf die Unterstützung der Verwaltungsgerichte zu hoffen und so den Wettbewerbsdruck zu mindern. Insofern aber keine klaren Verstöße gegen die geltende Handwerksordnung vorliegen, muß es als ausgesprochen fraglich bezeichnet werden, inwieweit vollhandwerkliche Gewerbezweige durch diese passive Strategie tatsächlich eine dauerhafte Sicherung gefährdeter Marktpotentiale erzielen können, da gerichtliche Schritte letztlich nicht zu einer aktiven Verbesserung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Es müssen jedoch nicht nur aus einzelwirtschaftlicher Sicht Bedenken gegen eine solche Strategie geäußert werden, auch unter allokativen Gesichtspunkten, also aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, ist eine Einschränkung des Wettbewerbs bei diesen gering qualifizierten Tätigkeiten kritisch zu beurteilen, weil hiermit gesamtwirtschaftliche Effizienzverluste verbunden sind.

Ökonomisch sinnvoller wären hier aktive Strategien zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Bspw. können durch Zweigbetriebsgründungen im Bereich der niedrig qualifizierten handwerksähnlichen Tätigkeiten oder durch kooperative Vereinbarungen mit handwerksähnlichen Subunternehmern gefährdete Marktpotentiale gesichert werden.

Allerdings scheint es im handwerksähnlichen Gewerbe nicht selten zu unerlaubten Ausübungen vollhandwerklicher Tätigkeiten zu kommen. Als zentraler Grund für diese häufigen Kompetenzüberschreitungen mithin Verstöße gegen geltendes Handwerksrecht können wohl die beruflichen Wurzeln vieler handwerksähnlicher Existenzgründer angesehen werden. Der Geschäftsführer einer westfälischen Bauinnung hat dies in einem Interview recht treffend dargestellt: "Ein Maurergeselle bleibt nun mal ein Maurergeselle, auch wenn er bei der Handwerkskammer nur mit einem Fugerbetrieb eingetragen ist. Und häufig fehlt ihm jegliches Unrechtsbewußtsein, wenn er - in unzulässiger Weise - auch Maurerarbeiten durchführt oder die Klinkerfassade gleich komplett anbietet und ausführt." Diese These wird indirekt durch die Ergebnisse der Telefoninterviews gestützt (vgl. Abschnitt 3.6). Dort gab ein Drittel der handwerksähnlichen Betriebe an, daß sie ihren Kundenstamm aus ihrer früheren Tätigkeit (etwa 2/3 waren vorher abhängig beschäftigt) mitgenommen haben.

Solche unerlaubten Handlungen sind, abgesehen von dem Verstoß gegen geltendes Recht, vor allem deshalb kritisch zu beurteilen, weil fehlende qualifikatorische Voraussetzungen unter Umständen zu qualitativen Mängeln bei der angebotenen Leistung führen. Dies ist nicht nur mit einzelwirtschaftlichen Kosten auf Seiten der Nachfrager verbunden. Darüber hinaus werden solche Qualitätsmängel dem gesamten Handwerk zugeordnet, wobei die Öffentlichkeit nicht zwischen Vollhandwerk und handwerksähnlichem Gewerbe unterscheidet. Insofern leidet das Image des Gesamthandwerks. Dennoch darf die Tatsache, daß es häufiger zu solchen Kompetenzüberschreitungen im handwerksähnlichen Gewerbe kommt, innerhalb der betroffenen Vollhandwerkszweige nicht den Blick für notwendige Anpassungsmaßnahmen verstellen.

Konfliktpotentiale aus der Sicht des handwerksähnlichen Gewerbes

Konfliktpotentiale zwischen handwerksähnlichem Gewerbe und Vollhandwerk ergeben sich nicht nur aus Sicht der Vollhandwerksbetriebe, sondern ebenso aus Sicht handwerksähnlicher Betriebe. Die Konfliktfelder liegen hier weniger im wettbewerblichen Bereich, da der Konkurrenzdruck, der vom handwerksähnlichen Gewerbe aus dem Vollhandwerk verspürt wird, relativ gering ist. Er betrifft vielmehr den Bereich rechtlich-institutioneller Hemmnisse.

So haben die Versuche von Vollhandwerksbetrieben und Innungen, mittels gerichtlicher Schritte den Wettbewerbsdruck von Seiten des handwerksähnlichen Gewerbes abzuschwächen, unmittelbare Folgen für handwerksähnliche Betriebe. Insofern hier ungerechtfertigter Weise der Vorwurf unerlaubter Kompetenzüberschreitungen erhoben wird, sind hiermit unter Umständen erhebliche Transaktionskosten für den jeweiligen handwerksähnlichen Betrieb verbunden, die seine Tätigkeit behindern.

Ein weiteres Konfliktpotential besteht aus Sicht des handwerksähnlichen Gewerbes auf einem anderen Gebiet, das jedoch auch mehr oder weniger stark mit dem substitutiven Charakter der Schnittstelle zwischen Vollhandwerk und handwerksähnlichem Gewerbe zu tun hat. Es ist der Bereich der Interessenvertretung.

Eine Integration der handwerksähnlichen Gewerbe in die Handwerksorganisation ist bislang noch nicht einmal ansatzweise gelungen. Auf der Ebene von Innungen und Kreishandwerkerschaften ist eine stärkere Einbindung des handwerksähnlichen Gewerbes auch künftig wohl nur schwer zu erreichen. Dies hängt jedoch nicht nur mit mangelndem Interesse von Seiten handwerksähnlicher Betriebe zusammen. Solange viele der handwerksähnlichen Betriebe ohnehin dem Verdacht ausgesetzt sind, ganz gezielt in Bereiche einzudringen, die nach geltendem Recht dem Vollhandwerk vorbehalten sind, stehen die Zeichen auf lokaler Ebene mehr auf Konfrontation als auf Integration. Ausnahmen bilden hier genau jene handwerksähnlichen Gewerbezweige, die in der komplementären Schnittstelle tätig sind, also Bestatter, Gerüstbauer oder Kosmetiker.

Während die Integrationsproblematik auf Ebene der Kreishandwerkerschaften und Innungen von Seiten des handwerksähnlichen Gewerbes offenbar nicht so stark als Konfliktfeld wahrgenommen wird - nicht zuletzt weil dieses "Vakuum" in der Interessenvertretung durch handwerksfremde Fachverbände geschlossen wurde und darüber hinaus der Organisationswunsch im handwerksähnlichen Gewerbe ohnehin relativ schwach ausgeprägt ist -, birgt die schwache Einbindung der handwerksähnlichen Gewerbe auf Ebene der Handwerkskammern durchaus Konfliktpotential in sich. Im Rahmen der Interviews haben nicht wenige der befragten handwerksähnlichen Betriebe darüber geklagt, daß sie sich zwar als gleichberechtigte Beitragszahler, gleichwohl nicht als gleichberechtigte Mitglieder der Handwerkskammer fühlen.

Auch eine Umfrage des DH-report bei allen Handwerkskammern hat gezeigt, daß das handwerksähnliche Gewerbe in den Entscheidungsgremien der Kammern nach wie vor deutlich unterrepräsentiert ist. Darüber hinaus zeigen viele Handwerkskammern auch bei der Entwicklung spezieller Dienstleistungsangebote für handwerksähnliche Betriebe große Zurückhaltung. Lediglich einige wenige Kammern gaben im Rahmen der DH-report-Umfrage an, spezifische Leistungen für das handwerksähnliche Gewerbe im Programm zu haben bzw. sich gezielt an das handwerkähnliche Gewerbe zu wenden.

Die unzureichende Anbindung des handwerksähnlichen Gewerbes an die Handwerkskammern zeigt sich abgesehen davon auch bei der Inanspruchnahme der klassischen Serviceleistungen der Kammern, wie beispielsweise sämtlicher Beratungsleistungen. Eine Inanspruchnahme von Seiten des handwerksähnlichen Gewerbes erfolgt im Vergleich zum Vollhandwerk nur relativ selten. Insgesamt dürften die Konfliktpotentiale innerhalb des Handwerks aus der Sicht des handwerksähnlichen Gewerbes somit weniger auf der einzelwirtschaftlichen Ebene, sondern in erster Linie auf der Ebene der Intermediäre zu suchen sein.

Die Problematik dieser Konflikte besteht aus unserer Sicht nun auch für die Handwerker ohne Meisterbrief der Zulassungsfreien Handwerk

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