Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
AG Göppingen 16 OWi 16 Js 7162/08 - GewArch 2008/11, S. 456 f.
(Abschrift)
in der Bußgeldsache
xxx
Verteidger RA Walter Ratzke, 92507 Nabburg
wegen Verstoßes gegen die HWO.
Das Amtsgericht Göppingen - Strafrichter - hat in der Sitzung vom 16.05.2008, an der teilgenommen haben:
Richter Dr. Gerlach als Vorsitzender
Rechtsanwalt Ratzke als Verteidiger
für Recht erkannt:
Dem Betroffenen war vorgeworfen worden, er habe am 08.08.2006 in xxx als Betriebsinhaber eine Ordnungswidrigkeit begangen, indem er zumindest vom 08.08.2006 bis 31 .08.2006 in xxx das Stukkateurhandwerk als stehendes Gewerbe betrieben habe, ohne mit diesem zulassungspflichtigen Handwerk in die Handwerksrolle eingetragen gewesen zu sein. Im Rahmen dieses Betriebes habe er Verputzarbeiten in erheblichem Umfang erbracht. Von ihm seien Innen- und Außenputzarbeiten am xxx ausgeführt worden. Der hierbei erzielte Umsatz habe mindestens xxx Euro betragen. Dabei sei dem Betroffenen bekannt gewesen, dass er solche Nassputzarbeiten nicht hätte ausführen dürfen. So habe er bewusst bei seiner Gewerbeanmeldung von 02.05.2006 angemeldete Tätigkeit mit "Fassadenmonteur, Bauwerksabdichter und Trockenbau" lediglich handwerksähnliche Tätigkeiten angegeben anschließend mit den Nassputzarbeiten aber eintragspflichtige Arbeiten ausgeführt. Für diese eintragungspflichtigen Arbeiten habe er auf einem an der Baustelle angebrachten Firmenschild auch geworben. Hierdurch habe er vorsätzlich ordnungswidrig gehandelt.
Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, die in dem Bußgeldbescheid vom 25.01.2008 bezeichneten Tätigkeiten ausgeübt zu haben. Ferner hat er bestätigt, nicht mit den zulassungspflichtigen Handwerk des Stukkateurs in die Handwerksrolle eingetragen gewesen zu sein. Auch der von ihm erzielte Umsatz sei zutreffend angegeben gewesen. Allerdings habe er keine Tätigkeiten des Stukkateurhandwerks ausgeübt, sondern sei im Rahmen seiner gewerberechtlich angemeldeten handwerksähnlichen Tätigkeiten tätig gewesen. Die von ihm durchgeführten und anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder (Blatt 12/14 der Akte), auf die hiermit gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich Bezug genommen wird, dokumentierten Tätigkeiten seien lediglich Putzarbeiten gewesen, die ihm in Ausübung seiner angemeldeten Tätigkeit als Fassadenmonteur, Bauwerksabdichter und Trockenbauer erlaubt seien. Im übrigen habe es sich bei den einfachen Putzarbeiten auch um lediglich minderhandwerkliche Arbeiten gehandelt.
Auf Basis der durchgeführten Beweisaufnahme war der Betroffene aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
Der Betroffene hat die Außenputzarbeiten an einer Garage, einem Gebäudeanbau eines bestehenden Wohngebäude und an einer Grenzmauer vorgenommen. Die Kenntnisse und Fertigkeiten zur Vornahme derartiger Verputzarbeiten werden bei der Ausbildung zum Stukkateur vermittelt (vgl. VO über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 02.06.1999, dort etwa § 11 Nr. 15 in Verbindung mit Anlage 2; § 43 Nr. 7,8,12 in Verbindung mit Anlage 8; § 23 Nr. 10 in Verbindung mit Anlage 4). Daneben war allerdings zu sehen, dass die von dem Betroffenen im einzelnen durchgeführten Putzarbeiten auch in das Berufsbild nichthandwerklicher Gewerbe integriert sind, So weist etwa das staatlich anerkannte Berufsbild des Bauwerksabdichters gem. § 5 Nr. 11 der VO über die Berufsausbildung zum Bauwerksabdichter das Ausführen von Putzarbeiten auf. Der entsprechende Ausbildungsrahmenplan gem. § 6 dieser VO sieht an verschiedenen Stellen das Erlernen von Putzarbeiten und Verputzungstechniken vor. Entsprechendes gilt für das staatlich anerkannte Berufsbild des Fassadenmonteurs. Gem. § 5 Nr. 13 dar Ausbildungsverordnung zum Fassadenmonteur umfasst das Ausbildungsberufsbild unter anderem auch, dass Auftragen von Putzen.
Daraus ergibt sich, dass die von dem Betroffenen ausgeführten Putzarbeiten sowohl von dem Handwerk des Stukkateurs als auch dem nichthandwerklichen Gewerbe, etwa des Bauwerksabdichters und Fassadenmonteurs, unterfallen und entsprechend ausgeführt werden können. Diese Überschneidung in den Berufsbildern eines Handwerks und eines nichthandwerklichen Gewerbes hat zur Folge, dass in diesem Bereich dem Handwerk keine Ausschließlichkeitsanspruch zusteht. Bei der Aufzählung der einzelnen Handwerkszweige in der Anlage A zu § 1 Abs, 2 HwO wollte der Gesetzgeber festlegen, welche Berufe zum Handwerk gehören sollen. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass Überschneidungen zum handwerksfreien Gewerbe, wenn dessen Berufsbild neben anderen Tätigkeiten auch an sich handwerkstypische Tätigkeiten umfasst, generell ausgeschlossen werden und dadurch das Handwerksmonopol entsprechend ausgedehnt werden sollte (BVerwG Gewerbearchiv 1993, 329 (BVerwGE 87,191)). Aus den vorstehend zitierten Berufsbildbeschreibungen ergibt sich, dass jedenfalls die in dem hier zu beurteilenden Fall von dem Betroffenen ausgeführten Putzarbeiten zu den Fertigkeiten und Kenntnissen gehören, die für den Beruf des Fassadenmonteurs und Bauwerksabdichters bedeutsam sind.
Vor diesem Hintergrund war davon auszugehen, dass der Betroffene die von ihm konkret ausgeführten Arbeiten im Rahmen seiner gewerberechtlich angemeldeten Tätigkeit als Fassadenmonteur und Bauwerksabdichter vorgenommen hat. Dahinstehen konnte die Frage, ob die von ihm konkret ausgeführten Arbeiten auch als minderhandwerklich im Sinne von § 1 Abs. 2 HwO anzusehen gewesen wären.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG in Verbindung mit § 467 Abs. 1 StPO.
Dr. Gerlach - Richter
Göppingen, den 18.06.2008
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