BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Stellungnahme des BUH zu den Gesetzentwürfen zur Umsetzung der Hartz-Kommission
Thema : "Ich-AG" / "Familien-AG"
Der BUH begrüßt, dass die "kleine Selbständigkeit" in der Form der
"Ich-AG" und "Familien-AG" entsprechend dem Hartz-Konzept nach dem
neuen § 421 m SGB III gefördert werden soll. Dies ist sehr hilfreich,
um die bestehende Arbeitslosigkeit zu verringern und auch um die -
vor allem mit Langzeitarbeitslosigkeit einhergehende - Schwarzarbeit
einzudämmen. Die vorgesehene Start-Förderung alleine reicht aber nicht.
Auch "kleine Selbständige" brauchen gesicherte, verlässliche
Rahmenbedingungen für ihre tägliche Arbeit und eine gute
Zukunftsperspektive. Der Entwurf hat dies dem Grundsatz nach
anerkannt. Die in Artikel 10 des Zweiten
Arbeitsmarktmodernisierungsgesetzes vorgesehenen Änderungen der
Handwerksordnung geht aber am Kern des Problems vorbei :
- Die "Ich-AG" / "Familien-AG" zielt darauf, mit
"alltagspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten den großen Bedarf
an kostengünstigen Dienstleistungen" zu befriedigen (vgl.
Hartz-Konzept S.165, 3. Absatz). Das heißt, es handelt sich i.d.R.
um Tätigkeiten
- geringen oder mittleren Schwierigkeitsgrades bis höchstens zum
Gesellen-Niveau,
- die ein breites Tätigkeitsspektrum abdecken (bei jeweils
begrenzter fachlicher Tiefe).
- Der "Ich-AG" / "Familien-AG" ist daher i.d.R. nicht damit gedient,
im Rahmen eines be-sonderen Ausnahmebewilligungs-Verfahrens ein
"meistergleiches Niveau" an Kenntnis-sen und Fertigkeiten nachweisen
zu dürfen (das ist viel zu hoch !) und das auch nur für e i n Handwerk
(und nicht für 5 - 10 Handwerke, so weit wie das Spektrum der ausgeübten
Tätigkeiten reicht, bei nur begrenzter Tiefe).
- Das Problem dieser "kleinen Selbständigen" ist die aussergewöhnliche
Unbestimmtheit der handwerksrechtlichen Regelungen (die nach Auffassung
des BUH verfasungswidrig ist). "Der Bürger muss wissen was er nicht
darf" folgert das Bundesverfassungsgericht aus Artikel 103 Absatz 2
Grundgesetz (vgl. Pressemitteilung Nr. 35 / 2002 vom
20. März 2002 zum Beschluss, dass
§ 43 a Strafgesetzbuch verfassungswidrig ist).
Die Bürger sind aber weit davon entfernt selbst erkennen zu können,
welche Tätigkeiten noch als - meisterzwangfreie - Tätigkeiten des
"Minderhandwerks" (oder "Kleingewerbes") oder der "handwerksähnlichen"
Tätigkeiten nach Anlage B der Handwerksordnung anzusehen sind :
- Weder die §§ 1 und 2 noch die Anlagen A und B der
Handwerksordnung
enthalten Angaben darüber, welche Tätigkeiten im Einzelnen dem
Meisterzwang unterfallen. Genannt werden nur allgemeine
Gewerbebezeichnungen.
Zur tatsächlichen Praxis dieser Gewerbe gehören aber
überwiegend einfache und mittelschwere Tätigkeiten (die allenfalls
eine Einstufung in die - meisterzwangfreie - Anlage B rechtfertigen).
Auch die Meisterprüfungsberufsbilder führen nicht wesentlich
weiter, da sie ausdrücklich nicht zum Zweck der Abgrenzung gemacht
wurden, weitgehend identisch sind mit den Ausbildungsberufsbildern
für die Gesellenprüfung (mittleres Niveau) und so weit überwiegend
nur einfache und mittelschwere Tätigkeiten benennen.
Einfache oder nur mittelschwere Tätigkeiten dem Meisterzwang zu
unterwerfen verstößt aber angesichts des außerordentlich hohen
Aufwandes für eine Ausbildung zum Meister (25.000 - über 50.000 Euro
und ein Jahr Vollzeit-Schulung nach einer Gesellenausbildung und
mindestens 3 Jahren Praxis i.d.R.) gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, von dessen Respektierung das
Bundesverfassungsgericht seit seiner Handwerksentscheidung
1961 die Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwangs abhängig macht.
- Auch die staatlichen Verwaltungsbehörden und die Handwerkskammern
sehen sich nicht in der Lage, allgemeingültige und einfach anwendbare
Kriterien zu benennen, die es dem "kleinen Selbständigen" (oder auch
einem Verwaltungsbeamten oder Richter !) ermöglichen könnten, schnell
und mit großer Sicherheit festzustellen, was dem Meisterzwang der
Handwerksordnung unterliegt. Dies hat ein umfangreicher
Schriftwechsel
ergeben, den der BUH seit Sommer 2000 mit den Wirtschaftsministerien von
Bund und Ländern sowie den Handwerkskammern geführt hat.
- Die Folge ist, dass in sehr grosser Zahl "kleine Selbständige"
mit unberechtigten "Schwarzarbeits"- Vorwürfen neidischer
Konkurrenten und einschneidenden Strafverfolgungsmassnahmen
überzogen werden, deren fehlende Berechtigung sich erst nach
langwierigen Prozessen herausstellt, wenn man einen guten auf,
- Unter diesen Bedingungen extremer Unsicherheit durch (viel zu)
unbestimmte Vorschrif-ten und heftigen (unberechtigten)
Verfolgungsdruck haben "Ich-AG" und "Familien-AG" keine Zukunft !
so können sie nicht zu einem "Impuls für die Beschäftigungspolitik"
werden. Es fehlt ihnen nämlich an verlässlichen Rahmenbedingungen
und einer guten Zukunftsperspektive.
- Nötig ist daher eine unzweideutige Klarstellung, dass die
Tätigkeiten der "Ich-AG" und "Familien-AG" wesensgemäß und
dauerhaft nicht dem Meisterzwang unterliegen ! Diese Tätigkeiten
dürfen auch dann nicht dem Meisterzwang unterfallen, wenn die
finanzielle Förderung entfällt oder nicht gewehrt wird.
- Sie sollte so gefasst werden, dass nicht nur die Fälle von
Neugründungen aus der Ar-beitslosigkeit heraus erfasst werden
sondern (entsprechend der Anregung im Hartz-Konzept S. 164 unten)
alle Fälle "kleiner Selbständigkeit", auch wenn sie nicht oder
nicht mehr Leistungen nach § 421 m SGB III beziehen z.B. wg.
Fristablauf oder Überschreitung der Verdienstgrenze). Es macht
keinen Sinn, die Bürger erst in die Arbeitslosigkeit zu zwingen,
ehe man ihnen den notwendigen Schutz durch verlässliche
Rahmenbedingungen zukommen lässt.
Ungeklärt erscheint schließlich noch die Behandlung der
Handwerkerpflichtversicherung. Der Logik der "Ich-AG" /
"Familien-AG" würde es entsprechen, auch hier eine ausdrückliche
Freistellung vorzusehen, zumindest für den Förderzeitraum von drei Jahren.
Noch eine kleine Nachbemerkung : Der Ausschuss tagt hier in jenem
Reichstagsgebäude, in dem über Jahrzehnte hinweg die
Reichstagsabgeordneten die Tradition der Gewerbefreiheit
aufrechterhalten haben gegenüber den ständig wiederholten
Versuchen der organisierten Handwerksmeisterschaft, den Meisterzwang
einzuführen. So lange dieses Parlament frei gewählt war und in
Freiheit entscheiden konnte, hat man die Gewerbefreiheit verteidigt.
Erst Hitler führte 1935 den Meisterzwang ein.
Bitte, meine Damen und Herren : Knüpfen Sie an diese Tradition
wieder an. Stellen Sie die Gewerbefreiheit in dieser ersten vollen
Legislaturperiode im Reichstag wieder her ! Zumindest für die
"kleinen Selbständigen", die sich sonst nicht helfen können.
Weitere Informationen
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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