BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang, Thesen zum Meisterzwang Qualität, Ausbildungsleistung, Inländerdiskriminierung, Meisterzwang ist verfassungswidrig
Anlässlich der Anhörung bei der Bundesregierung am 20.11.2006 zum XVI Hauptgutachten der Monopolkommission hat der BUH folgende Stellungnahme abgegeben:
Anlässlich der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 1730/02 vom 05.12.2005 hat die Monopolkommission im sechzehnten Hauptgutachten - 2004/2005 - auch zum Meisterzwang Stellung genommen (unter Einleitung - Aktuelle Probleme der Wettbewerbspolitik, Ziffer 6, Absätze Nr. 126 bis 148).
Den Ausführungen der Monopolkommission schließen wir uns vollständig an. Es ist erfreulich, dass die Monopolkommission den Meisterzwang als korporatistische Übereinkunft von Politik und Verbänden entlarvt. Der Gesetzgeber ist gefordert, dieser Freiheitsbeschränkung und Bremse für eine wirtschaftliche Entwicklung ein Ende zu bereiten, indem der Meisterzwang im gesamten Handwerk aufgehoben wird.
Vollkommen zu recht bemängelt die Monopolkommission auch, dass es keine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzenabschätzung für diese Freiheitsbeschränkung von Handwerkern ohne Meisterbrief gibt.
Im Rahmen der von der Koalition vereinbarten Evaluierung der Handwerksnovelle muss endlich eine solche Kosten-Nutzenabschätzung für den Meisterzwang erstellt werden.
Hierbei sollten aus unserer Sicht folgende Fragen untersucht werden:
Zur Rechtfertigung des Meisterzwangs wird auch die Ausbildungsleistung von Handwerksbetrieben angeführt. Ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Meisterzwang und der Ausbildungsleistung ist fraglich. Vieles spricht dafür, dass Handwerksbetriebe auch ohne Meisterzwang in erheblichem Umfang ausbilden würden. (Die Entwicklung der Ausbildungsleistung in den nun zulassungsfreien Handwerken kann hier nicht als Vergleich herangezogen werden, da neue Betriebe regelmäßig nicht kurz nach der Betriebsgründung mit der Ausbildung beginnen und bedingt durch verschieden Sondereffekte ein Vergleich nicht möglich ist).
Zur Förderung der Ausbildungsleistung wird in anderen Bereichen der Wirtschaft nicht die Einführung eines Qualifikationsnachweises gefordert, sondern die Einführung einer Ausbildungsabgabe. Diese Regelung würde eindeutig Grundrechte weniger einschränken.
Bisherige Untersuchungen verschiedener Landesregierungen geben Anlass zur Befürchtung, dass ohne das Vorliegen belastbarer statistischer Daten, Behauptungen aufgestellt werden, die negative Effekte der Lockerung des Meisterzwangs andeuten. Um die Feststellungen einer Evaluierung der Handwerksnovelle nachprüfbar zu machen erwarten wir, dass alle während einer Evaluierung entstehenden Statistiken öffentlich gemacht werden. Die vielen Millionen Handwerksgesellen, denen trotzt einer Berufsausbildung mit staatlichem Abschluss das Grundrecht auf freie Berufsausübung verwehrt wird, haben ein Anrecht darauf zu wissen, auf welcher Grundlage ihnen dieses Grundrecht vorenthalten wird!
Bei der Evaluierung der Handwerksnovelle muss der Meisterzwang auch vor dem Hintergrund der Arbeitswirklichkeit untersucht werden:
Zu den Kosten des Meisterzwangs müssen auch die Verwaltungskosten für die Durchsetzung des Meisterzwangs gerechnet werden. Im Zusammenhang mit der Änderung des Schwarzarbeitsgesetzes 2004 haben die Kommunalen Spitzenverbände vorgebracht, dass in den kommunalen Gebietskörperschaften 15.000 Mitarbeiter für die Verfolgung von Handwerksausübung ohne Eintragung in die Handwerksrolle zuständig sind. Zu den volkswirtschaftlichen Kosten kommen zu den Personal- und Arbeitsplatzkosten für diese 15.000 Personen auch die Kosten für Gerichtsverfahren und die zahlreichen Kontrollen auf Baustellen, die letztendlich von den Kunden getragen werden.
Statt eine Erleichterung durch die Altgesellenregelung können wir bisher – insbesondere nachdem die Kammern die Erteilung von Ausübungsberechtigungen übertragen bekommen haben – nur erkennen, dass auch nach der BVerfGE 1 BvR 1730/02 Ausübungsberechtigungen weiterhin sehr restriktiv erteilt werden. Auch die Gericht helfen der restriktiven Erteilungspraxis der Kammern häufig nicht ab, sondern beschwerden die Betroffenen mit langen Verfahrenszeiten.
Obwohl der Gesetzestext in § 7b HwO feststellt:
„Die für die selbständige Handwerksausübung erforderlichen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse gelten in der Regel durch die Berufserfahrung nach Absatz 1 Nr. 2 als nachgewiesen.“
verlangen die Kammern regelmäßig von Antragstellern die kostenpflichtige Teilnahme an betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen Kursen und auch immer wieder Fachkundeprüfungen! Die dazu gemachten Feststellungen in dem Beschluss des Bund-Länderausschusses Handwerksrecht vom 30.5.2006 finden in der Praxis keine Beachtung. Dies steht in der Tradition, dass auch schon frühere Beschlüsse dieses Gremiums in der Praxis ignoriert wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser Beschluss bisher nicht veröffentlicht wurde. So können sich Betroffene auf diese teilweise positiven Auslegungsrichtlinien wegen Unkenntnis nicht einmal berufen.
Vor dem Hintergrund des Regelungszweckes (Gefahrenabwehr und Ausbildungsleistung) für den Meisterzwang wäre der Nachweis betriebswirtschaftlicher Kenntnisse selbst ohne gesetzliche Regelung unverhältnismäßig.
Existenzgründungswillige, die bei den Kammern nachfragen, bekommen dort regelmäßig nur Auskünfte zur Ausnahmebewilligung (§ 8). Dabei werden weiterhin hohe Anforderungen an das Bestehen eines Ausnahmegrundes gestellt. Weiter werden fachkundliche und betriebswirtschaftliche Prüfungen verlangt und meistens nur zeitlich befristete Ausnahmebewilligungen in Aussicht gestellt, mit der Maßgabe, in der Zeit den Meisterbrief zu erwerben.
Die Antragsteller werden regelmäßig dazu gedrängt, ihren Antrag zurückzuziehen mit der Begründung, der Antrag hätte keine Chance auf Genehmigung.
Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zum Fünfzehnten Hauptgutachten der Monopolkommission (BT-DrS. 15/5819, Ziffer 67) festgestellt:
Die Bundesregierung stimmt mit der Monopolkommission darin überein, dass ein nicht akzeptabler Interessenkonflikt bestünde, wenn die Handwerkskammern über die Berufszulassung entscheiden würden.
Wir müssen in unserer täglichen Beratungsarbeit feststellen, dass dieser offensichtliche und bekannte Interessenskonflikt dazu führt, dass der vorgesehene Regelungszweck von Ausübungsberechtigung (§ 7b) und Ausnahmebewilligung (§ 8) systematisch unterlaufen wird und vielen erfahrenen Gesellen der Weg in die Selbständigkeit weiterhin verwährt wird. Verwunderlich ist dies nicht, denn die Kammern haben während der Diskussion um die Einführung der Altgesellenregelung diese Regelung vehement kritisiert und klargemacht, dass sie keine noch so geringe Aufweichung des Meisterzwangs wollen. Diesen politischen Willen setzen sie nun bei der Verweigerung von Ausübungsberechtigungen um. Wenn die Bundesregierung (BT-DrS. 15/5819) feststellt, dass die Handwerkskammern trotz der Übertragung der Fachaufsicht der Länder unterstehen, so verkennt die Bundesregierung die Realität, dass den Ländern die fachliche Kompetenz und das Personal fehlt, diese Fachaufsicht auch auszuüben. Schon vor der Übertragung sind die Länder im Wesentlichen den „Vorschlägen“ der Handwerkskammern bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen und Ausübungsberechtigungen gefolgt. Gerade diese Praxis hat ja dazu geführt, dass das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung 1 BvR 1730/02 vom 05.12.2005 feststellen musste:
„Dem Beschwerdeführer war es jedoch nicht zuzumuten, die von ihm beantragte Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO a.F. durch gerichtliche Anfechtung der ablehnenden Entscheidung weiterzuverfolgen. Dies wäre angesichts auch der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1997, S. 350; GewArch 1998, S. 470; NVwZ-RR 1999, S. 498 f.) nicht Erfolg versprechend gewesen.“
Mit dieser Aussage bezieht sich das Verfassungsgericht nicht auf den konkreten Einzellfall, sondern auf die Praxis der Rechtssprechung zur Erteilung von Ausnahmebewilligungen, die ja von der Praxis der Verwaltung geprägt wurde.
Eine schärfere Ohrfeige für Verwaltungsgerichte und Verwaltung kann man sich kaum vorstellen, als diese Aussage, dass es dem Bürger nicht zuzumuten ist, sein Grundrecht vor Gerichten durchzusetzen. Da sich an der Praxis auch nach der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung nichts geändert hat, muss der Gesetzgeber eine Antwort auf die Frage geben, wie die Bürger ihr Grundrecht in Anspruch nehmen können.
Zu den Gebühren für Ausübungsberechtigungen und Ausnahmebewilligungen müssen wir feststellen, dass diese deutlich (teilweise auf das dreifache) gestiegen sind, seit die Kammern diese Aufgabe übertragen bekommen haben. Dem Ziel, mehr Existenzgründungen zu ermöglichen, wird auch durch diese finanzielle Schädigung von Existenzgründern entgegengewirkt. Gerade für Existenzgründer sind solche Gebühren nicht tragbar.
Weiterhin kriminalisieren Ordnungsbehörden Handwerker ohne Meisterbrief statt deren Grundrecht auf freie Berufsausübung zu akzeptieren. Dies, obwohl diese Behörden selbst nicht in der Lage sind, Auskünfte darüber zu erteilen, welche Tätigkeiten im Einzelnen ausgeübt werden dürfen.
Die Ausreden der Ordnungsbehörden, warum diese keine Auskünfte erteilen, sind absurd. So wird z.B. behauptet:
Die - in BVerfGE 1 BvR 1730/02 festgestellten - Notwendigkeit, dass auch die Ordnungsbehörden prüfen, ob einem Betroffenen eine Eintragung in die Handwerksrolle zusteht und sie ihm nur rechtswidrig verweigert wird, ist in den Ordnungsbehörden nicht einmal bekannt.
In Fällen, in denen gegen Handwerker ohne Meisterbrief ungerechtfertigte Bußgeldverfahren durchgeführt wurden und diese Schadensersatz fordern, behaupten die Ordnungsbehörden und Landesregierungen, die Betroffenen hätten wissen müssen, dass ein eingeleitetes Bußgeldverfahren keinesfalls bedeutet, dass ein Betroffener die Arbeiten nicht ausführen dürfe. Zur Schadensvermeidung bzw. zur Schadensminderung sei er verpflichtet, seine Tätigkeiten weiter auszuführen. Absurd ist, dass in diesen Ländern Erlasse bestehen, nach denen das Weiterarbeiten nach der Einleitung eines Bußgeldverfahrens strafverschärfend gewertet werden soll. Die Behauptungen der Behörden und Landesregierungen, die wir im Zusammenhang mit unseren Auskunftsersuchen hören, sind in ihrer inneren Widersprüchlichkeit und dem Gegensatz zur Rechtsprechung aus anderen Rechtsgebieten dazu geeignet, das Vertrauen in staatliches Handeln insgesamt zu untergraben und damit die öffentliche Ordnung insgesamt zu gefährden.
Regelmäßig erleben wir es, dass die Behörden Rechtsmittelverzichte für Bußgelder verlangen, ohne im Bußgeldverfahren erklären zu können, welche Tätigkeiten nicht hätten ausgeübt werden dürfen. Der Rechtsmittelverzicht wird mit der Drohung durchgesetzt, dass ansonsten die Ordnungsbehörde an die Kunden herantritt und diesen droht, wegen angeblicher Beauftragung von Schwarzarbeit zu ermitteln. Kein Unternehmer kann sich – da er auf seine Kundenbasis angewiesen ist - leisten, dass so an seine Kunden herangetreten wird. Deswegen kommen wir nicht umhin, dies als Erpressung zu bezeichnen. Wenn die Ordnungsbehörden den Betroffenen tatsächlich etwas vorzuwerfen hätten, könnten sie es auch darauf ankommen lassen, dass der Betroffene den Bescheid möglicherweise gerichtlich anficht.
Absurd sind Fälle, in denen die Ordnungsbehörde den Betroffenen sagt, sie sollen all ihre bisherigen Tätigkeiten weiter ausführen, aber wegen dieser Tätigkeiten monatlich € 50,- zahlen. Es fällt hier schwer die Assoziation zu behördlicher Schutzgelderpressung abzuweisen. Solche konkreten Fälle sind uns bekannt.
Des Weiteren geben wir Ihnen das Gutachten zur Frage: "Die gewerbliche Reifen-montage: ein zulassungspflichtiges Handwerk?" von Prof. Dr. iur. Peter Baumeister, Mannheim zur Kenntnis.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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