Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
Siehe auch GewArch 1994/6 S. 248 f.
Die Entscheidung lässt sich nach unserer Auffassung direkt auf zulassungsfreie Handwerke übertragen. Auch für Unternehmen die Teiltätigkeiten eines zulassungsfreien Handwerks ausführen brauchen keine Zwangsmitglieder in der Handwerkskammer zu werden.
Allerdings muss bei der Verwertung des Urteils berücksichtigt werden, dass sich seit der Entscheidung der Regelungszweck für die Handwerksordnung geändert hat. Regelungszeck für den Meisterzwang ist nun die Abwehr von Gefahren für Gesundheit und Leben von Dritten.
BVerwG 1 C 2.92
OVG 11 A 10845/91
Verkündet
am 22. Februar 1994
Reuter
Angestellter
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der ‚1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 1994 durch den Vorsitzenden Richter Meyer und die Richter Gielen ‚ Dr. Kemper ‚ Dr. Mallmann und Dr. Hahn
für Recht erkannt:
Die Klägerin führt in Ludwigshafen einen Gewerbebetrieb, der seit 1. Januar 1987 im Gewerberegister der Stadt Ludwigshafen als "Einzelhandel mit Parfümeriewaren, Kosmetikartikeln sowie kosmetischen Dienstleistungen" eingetragen ist. Dabei entfallen nach ihren unbestrittenen Angaben etwa 85 % des von ihr erwirtschafteten Umsatzes auf den Handel, während ca. '15 % des Umsatzes durch kosmetische Dienstleistungen erzielt werden.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 1988 kündigte die Beklagte der Klägerin an, es sei beabsichtigt, ihren Betrieb gemäß § 18 HwO von Amts wegen für das Schönheitspflegergewerbe in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe einzutragen. Dies sei erforderlich, weil sie ein handwerksähnliches Gewerbe nach der Anlage B der Handwerksordnung, nämlich das der Schönheitspflegerin, betreibe. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos. Die Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 14. Dezember 1990 abgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung im wesentlichen mit folgender Begründung stattgegeben (GewArch 1992, 146): Die von der Klägerin erbrachten kosmetischen Dienstleistungen gehörten zum Berufsbild des "Schönheitspflegers" (Anlage B zur Handwerksordnung, Nr. 37). Die damit gegebene Ausübung eines handwerksähnlichen Gewerbes stelle jedoch lediglich einen Nebenbetrieb des von der Klägerin gleichzeitig geführten Parfümerie- und Kosmetikgeschäfts dar, der als solcher nicht eintragungspflichtig sei. Ob zwei von dem gleichen Inhaber betriebene Gewerbe im Verhältnis von Hauptbetrieb und Nebenbetrieb stünden oder ob sie zwei voneinander unabhängige gleichwertige Unternehmen seien, richte sich auch bei dem handwerksähnlichen Gewerbe nach den für den handwerklichen Nebenbetrieb geltenden Voraussetzungen, die bei den von der Klägerin in ihrem Parfümerie- und Kosmetikgeschäft angebotenen kosmetischen Dienstleistungen erfüllt seien. Für einen derartigen handwerksähnlichen Nebenbetrieb bestehe anders als im Bereich des Vollhandwerks keine Pflicht zur Eintragung in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe. Dies folge aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber, wie sich aus dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Mittelstandsfragen (BT-Drucks. IV/2335) ergebe, bewußt davon abgesehen habe, in § 20 HwO die §§ 2 und 3 HwO für entsprechend anwendbar zu erklären. Wenn nämlich § 2 HwO bestimme, daß die Vorschriften der Handwerksordnung auch für öffentlich-rechtlich organisierte Handwerksbetriebe und deren Nebenbetriebe sowie für alle anderen handwerklichen Nebenbetriebe, die mit einem Unternehmen des Handwerks, der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige verbunden seien, gelten, könne dies nur bedeuten, daß für die in § 2 Nr. 1 bis 3 HwO aufgezählten Betriebe, die nicht handwerklich, sondern nur handwerksähnlich betrieben würden, die Vorschriften der Handwerksordnung nicht gelten sollten. Eine andere Auslegung sei nicht möglich, wie vor allem die Entstehungsgeschichte der § 18 ff. HwO deutlich mache: Der Begriff des handwerksähnlichen Gewerbes sei durch Art. 23 des Steueränderungsgesetzes 1961 in das geltende Gewerberecht eingeführt worden. Der Gesetzgeber habe damals verhindern wollen, daß alle Gewerbetreibenden, die keine selbständigen Handwerker seien, in den organisationsbereich der Industrie- und Handelskammer überführt würden. Er habe vielmehr die Betreuung des handwerksähnlichen Gewerbes den Handwerkskammern übertragen, weil nach seiner Ansicht diese Institutionen als Berufsvertretungen des Handwerks wegen der ähnlichen wirtschaftlichen und fachlichen Fragen im handwerksähnlichen Gewerbe für diese Aufgabe am besten geeignet seien. Dies zeige zugleich, weshalb der Gesetzgeber von einer Anwendung der §§ 2 und 3 HwO auf die handwerksähnlichen Betriebe abgesehen habe. Da bei einem handwerksähnlichen Nebenbetrieb jedenfalls eine Betreuung und Beratung durch den für den Hauptbetrieb zuständigen berufsständischen Interessenverband gewährleistet sei, und da andererseits, anders als bei echten handwerklichen Betrieben, das Erfordernis des Nachweises der fachlichen Befähigungen entfalle, sei eine (Zweit-)Betreuung durch die Handwerkskammern nicht erforderlich. Vielmehr solle der Gewerbetreibende auch mit seinem Nebenbetrieb von der Organisation betreut werden, zu der er mit dem Hauptbetrieb gehöre.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts im wesentlichen wie folgt: Da die Handwerksordnung bei handwerksähnlichen Gewerben nicht zwischen Haupt- und Nebenbetrieben unterscheide, beziehe sich die Eintragungspflicht des § 19 HwO unterschiedslos auf alle Arten handwerksähnlicher Betriebe, also auf Hauptbetriebe ebenso wie auf Nebenbetriebe. Diesem Ergebnis könne man nicht entgegenhalten, § 2 HwO sei in § 20 HwO nicht für entsprechend anwendbar erklärt worden. Die Bestimmungen über handwerkliche Nebenbetriebe seien geschaffen worden, um diesen eine erleichterte Eintragung in die Handwerksrolle zu ermöglichen, nämlich dann, wenn der Leiter des Nebenbetriebes - und nicht der Leiter des gesamten Betriebes - die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfülle. Die Ausübung eines handwerksähnlichen Betriebes und dementsprechend die Eintragung dieses Betriebes in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe sei von keinem Befähigungsnachweis abhängig. Daher sei bei handwerksähnlichen Betrieben eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenbetrieb nicht erforderlich. Es sei unerheblich, daß die Eintragung eines handwerksähnlichen Betriebes, neben dem noch ein nichthandwerkliches Gewerbe betrieben werde, zu einer Doppelmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer führen könne, denn derartige Doppelmitgliedschaften seien dem geltenden Recht nicht fremd.
Die Klägerin tritt der Revision unter Bezugnahme auf das Berufungsurteil entgegen.
Der Senat kann trotz Ausbleibens der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Beteiligten in der Ladung darauf hingewiesen worden sind ( 102 Abs. 2 VwGO)
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht.
1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Namentlich handelt es sich bei der Mitteilung über die beabsichtigte Eintragung in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe (§§ 19, 20 in Verbindung mit § 10 Abs. 1, § 11 der Handwerksordnung - HwO - in der Fassung vom 28. Dezember 1965, BGB1 1966 I S. 1, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 20. Dezember 1993, BGB1 1 S. 2256) um einen Verwaltungsakt, gegen den sich der betroffene Gewerbetreibende mit dem Widerspruch und der Anfechtungsklage wenden kann (Urteil vom 13. März 1973 - BVerwG 1 C 10.70 - Buchholz 451.45 § 18 HwO Nr. 2; vgl. auch BVerwGE 34, 56 <59>). Insoweit gilt das gleiche wie für die Mitteilung über die beabsichtigte Eintragung und Löschung der Eintragung in die Handwerksrolle gemäß § 13 Abs. 3 HwO, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, an der festzuhalten ist, einen Verwaltungsakt darstellt (BVerwGE 12, 75 f.; 88, 122 <123>).
2. a) Das Berufungsgericht hat die Klage zutreffend als begründet angesehen. Die in Rede stehende Mitteilung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Nach § 19 Abs. 1 HwQ hat die Handwerkskammer ein Verzeichnis zu führen, in welches die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe ihres Bezirks mit dem von ihnen betriebenen handwerksähnlichen Gewerbe einzutragen sind. Nach den gemäß § 20 HwO entsprechend anwendbaren § 10 Abs. 1, § 11 HwO hat die Handwerkskammer dem Gewerbetreibenden die beabsichtigte Eintragung in dieses Verzeichnis mitzuteilen.
Ein Gewerbe ist nach § 18 Abs. 2 HwO handwerksähnlich, wenn es in einer handwerksähnlichen Betriebsform betrieben wird und in der Anlage 3 zur Handwerksordnung aufgeführt ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erbringt die Klägerin neben dem Handel mit Parfümeriewaren und Kosmetikartikeln auch kosmetische Dienstleistungen. Letztere unterfallen dem Berufsbild des Schönheitspflegers im Sinne der Nr. 37 der Anlage B zur Handwerksordnung. Das Berufungsgericht hat keine ausdrücklichen Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin ihr Gewerbe insoweit in einer "handwerksähnlichen Betriebsform im Sinne des § 18 Abs. 2 HwO betreibt.
Dies kann offenbleiben. Auch wenn man hinsichtlich der kosmetischen Dienstleistungen eine handwerksähnliche Betriebsform unterstellt und damit von einem handwerksähnlichen Gewerbe ausgeht, ist keine Eintragung in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe vorzunehmen. Denn die fragliche Gewerbeausübung erfolgt lediglich im Rahmen eines nicht eintragungspflichtigen Nebenbetriebes des von der Klägerin gleichzeitig geführten Einzelhandels mit Parfümerie- und Kosmetikwaren.
Zwar unterscheiden die für handwerksähnliche Betriebe geltenden Vorschriften (§§ 18 ff. HwO) nicht ausdrücklich zwischen Haupt- und Nebenbetrieben. Daraus kann aber entgegen der Auffassung der Revision nicht gefolgert werden, daß die Eintragungspflicht nach § 19 HwO für handwerksähnliche Nebenbetriebe gilt.
Der Gesetzgeber hat, wie sich aus dem schriftlichen Bericht des Ausschusses für Mittelstandsfragen ergibt, bewußt "davon abgesehen, die Bestimmungen des handwerklichen Nebenbetriebes (§§ 2 und 3 HwO) für anwendbar zu erklären" (zu BT-Drucks. IV/3461 S. 12). Daraus ist unter Berücksichtigung der weiteren Entstehungsgeschichte und des Zwecks der einschlägigen Bestimmungen zu entnehmen, daß jedenfalls für einen nicht in handwerklicher, sondern in handwerksähnlicher Form betriebener Nebenbetrieb, der mit einem zu einer Industrie- und Handelskammer gehörenden Unternehmen verbunden ist, die Vorschriften der Handwerksordnung nicht gelten (vgl. Siegert/Musielak, Das Recht des Handwerks, 2. Aufl. 1974 § 18 Rdnr. 14; Kübler/Aberle/Schubert, Die Deutsche Handwerksordnung, § 20 HwO Anm. 2; Honig, Handwerksordnung, § 19 Rdnr. 5; Frentzel/Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammergesetz, 5. Aufl. 1991, § 2 Anm. 9 c). Dieses Ergebnis ist durch den Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen gedeckt, mag dieser auch eine Eintragungspflicht nicht von vornherein ausschließen. Es kann offenbleiben, was in entsprechenden Fällen für handwerksähnliche Betriebe im Sinne des § 2 Nr. 1 HwO sowie für handwerksähnliche Nebenbetriebe eines nicht der Industrie- und Handelskammer angehörenden Unternehmens gilt.
Der dritte Abschnitt "Handwerksähnliche Betriebe" des ersten Teils der Handwerksordnung ist im Jahre 1965 (BGB1 1966 I S. 1) in dieses Gesetz eingefügt worden. Dies geht zurück auf das Steueränderungsgesetz 1961 vom 13. Juli 1961 (BGB1 1 S. 981), das in Art. 23 den Begriff der "handwerksähnlichen" Berufe in das geltende Gewerberecht eingeführt hat. Die Ursache dafür, daß eine derartige gewerberechtliche Vorschrift in einem steuerrechtlichen Gesetz verankert wurde, lag in folgendem (vgl. BVerfGE 32, 54 <55 f.>; Schmidt, GewArch 1962, 25; Lessmann, DHbl 1961, 195; Siegert/Musielak a.a.O. § 18 Rdnr. 1):
Betriebe des Kleingewerbes, die nicht Industriebetriebe sind, denen aber auch wesentliche Merkmale des Handwerks fehlen, wurden durch die Handwerksordnung vom 17. September 1953 (BGB1 I 5. 1411) nicht erfaßt. Auch diejenigen Kleingewerbetreibenden, die dem Handwerk strukturell und traditionell nahestanden, konnten deshalb den Organisationen des Handwerks nicht angehören, obwohl sie in der Praxis oft von den Handwerkskammern fachlich betreut wurden. Aus dem Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG - in seiner ursprünglichen Fassung vom 18. Dezember 1956 (BGB1 1 S. 920) ergab sich aber, daß diese Betriebe zu den Industrie- und Handelskammern gehören sollten; doch waren viele Kleingewerbetreibende von der Kammerzugehörigkeit ausgenommen, weil sie nicht gewerbesteuerpflichtig waren oder lediglich zu einer Mindeststeuer herangezogen wurden ( 2 Abs. 6 IHKG).
Mit der Erhöhung der Gewerbesteuerfreigrenze durch das Steueränderungsgesetz 1961 wäre eine sehr erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden von der Betreuung der Industrie- und Handelskammer ausgenommen. Um dieser unerwünschten Konsequenz vorzubeugen, wurde § 2 Abs. 6 IHKG aufgehoben. Die Aufhebung hätte wiederum zur Folge gehabt, daß unterschiedslos alle kleinen Gewerbetreibenden, soweit sie nicht Vollhandwerker waren, kraft Gesetzes Mitglieder der Industrie- und Handelskammern geworden wären. Hiergegen haben sich die Handwerksorganisationen mit dem Hinweis gewandt, daß es unter diesen kleineren Gewerbetreibenden eine größere Anzahl von Gewerbezweigen gebe, die dem Handwerk sehr nahe stünden und zum Teil auch schon seit jeher von der Handwerksorganisation mitbetreut würden. Der Gesetzgeber hat den von handwerklicher Seite vorgetragenen Anregungen und Bedenken in der Weise Rechnung getragen, daß "handwerksähnlich&" Berufe von der Zugehörigkeit zu den Industrie- und Handelskammern durch Art. 23 des Steueränderungsgesetzes 1961 ausgenommen wurden.
Der maßgebliche Gesichtspunkt hierfür und mithin für die rechtliche Entstehungsgeschichte der handwerksähnlichen Gewerbe war die Überlegung, daß die fachliche Betreuung der fraglichen Berufe am besten durch die Handwerkskammern gewährleistet ist (vgl. Schmidt a.a.O.). Dies hat der Abgeordnete Josten in der zweiten Lesung des Steueränderungsgesetzes 1961 deutlich gemacht:
Dieser Gesichtspunkt kann allerdings nicht für handwerksähnliche Nebenbetriebe gelten. Die gesetzgeberische Intention, eine unterschiedlose Zugehörigkeit kleiner Gewerbetreibender zur Industrie- und Handelskammer zu vermeiden, greift dort nicht, wo der Hauptbetrieb dieser angehört. Die nach § 90 Abs. 1 und 2 HwO den Handwerkskammern obliegenden Interessenvertretung des Handwerks einschließlich der handwerksähnlichen Betriebe tritt hier zurück zugunsten der von den Industrie- und Handelskammern nach § 1 IHKG wahrzunehmenden Aufgaben, die die fachliche Betreuung einschließen (vgl. allgemein hierzu Frentzel/Jäkel/Junge a.a.O. § 1 Anm. 3). Eine zusätzliche Betreuung durch die Handwerkskammer aufgrund einer Doppelmitgliedschaft ist nicht erforderlich, zumal bei handwerksähnlichen Betrieben anders als bei Handwerksbetrieben das Erfordernis des Nachweises der fachlichen Befähigung entfällt (§ 19 HwO im Unterschied zu § 7 Abs. 1 Satz 1 HwO). Das Argument der Beklagten, die Handwerkskammer sei insoweit zur Betreuung besser geeignet, ist vor diesem Hintergrund nicht durchschlagend.
Das gesetzgeberische Ziel der Bestimmungen über Nebenbetriebe, die Gleichbehandlung aller handwerklichen Betriebe - auch soweit sie z.B. zu einem industriellen Hauptbetrieb gehören - sicherzustellen (BVerwGE 34, 56 <58>), läßt sich nicht auf die handwerksähnlichen Nebenbetriebe und ihr Verhältnis zu entsprechenden Hauptbetrieben übertragen. Durch die Gleichbehandlung der Handwerksbetriebe sollen vor allem alle handwerklich tätigen Bereiche der Wirtschaft einheitlichen Anforderungen hinsichtlich der erforderlichen Qualifikation unterworfen werden (vgl. Kollner, GewArch 1969, 49; Siegert/Musielak a.a.O. § 2 Rdnr. 2, § 18 Rdnr. 14), wie etwa die Vorschrift des § 7 Abs. 5 HwO zeigt. Dieser Gedanke paßt wegen des Fehlens subjektiver Zulassungsbeschränkungen nicht für handwerksähnliche Betriebe. Wegen der dort bestehenden Besonderheiten erscheint es vielmehr sachgerecht und deswegen auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG unbedenklich, handwerksähnliche Nebenbetriebe anders zu behandeln als handwerksähnliche Hauptbetriebe.
Von diesen Überlegungen ließ der Gesetzgeber sich offenbar leiten, als er von einer Anwendung der Vorschriften über handwerkliche Nebenbetriebe (§§ 2 und 3 HwO) auf die handwerksähnlichen Betriebe abgesehen hat. Eine Aufspaltung und Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenbetrieben erscheint hier wenig sinnvoll. Vielmehr geht das Gesetz davon aus, daß insoweit keine Zuständigkeit der Handwerkskammer gegeben ist, sondern der Gewerbetreibende gemäß § 1 Abs. 1 IHKG auch mit seinem Nebenbetrieb von der Industrie- und Handelskammer betreut werden soll (vgl. auch Siegert/Musielak a.a.0. § 18 Rdnr. 14). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 IHKG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGB1 1 S. 2133), denn diese Vorschrift regelt die Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelkammer, nicht aber die hier in Rede stehende Zugehörigkeit zur Handwerkskammer, die sich allein nach der Handwerksordnung bestimmt (§ 90 Abs. 2 HwO).
Aus dem Vorstehenden folgt, daß es für die Herausnahme der in Rede stehenden handwerksähnlichen Nebenbetriebe aus der Eintragungspflicht in das nach § 19 HwO geführte Verzeichnis nicht darauf ankommt, ob es sich im Einzelfall um eine unerhebliche Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 HwO handelt. Dem steht die Nichtanwendbarkeit des § 3 HwO entgegen.
Dagegen schließt der Umstand, daß der Gesetzgeber bewußt von der Anwendung der § 2 und 3 HwO auf die handwerksähnlichen Betriebe abgesehen hat, nicht aus, insoweit den Begriff "Nebenbetrieb" zu verwenden und die zur Abgrenzung von handwerksrechtlichen Haupt- und Nebenbetrieben entwickelten Grundsätze heranzuziehen (dazu unten b). Dem Gesetzgeber ging es nicht darum, diese Prüfung entbehrlich zu machen, sondern die für handwerksähnliche Betriebe geltenden Anforderungen nicht auf entsprechende Nebenbetriebe zu erstrecken. Dementsprechend entfällt die Eintragungspflicht nicht, soweit ein die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 HwO erfüllender Betriebsteil sich nicht als Nebenbetrieb darstellt (z.B. bei gleichwertigen Betriebsteilen, vgl. KUbler/Aberle/ Schubert a.a.O. § 20 HwO Anm. 2).
b) Besteht nach allem für handwerksähnliche Nebenbetriebe, die mit einem zur Industrie- und Handelskammer gehörenden Unternehmen verbunden sind, keine Eintragungspflicht gemäß § 19 HwO, so ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen hier vorliegen.
Ein handwerklicher Nebenbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 1 HwO erfordert, daß die handwerkliche Tätigkeit eine wirtschaftliche und fachliche Verbundenheit mit dem Hauptbetrieb aufweist, diesem gegenüber aber wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung ist (Urteil vom 19. August 1986 - BVerwG 1 C 2.84 - Buchholz 451 .45 § 2 HwO Nr. 7 S. 9). Ferner wird eine gewisse Selbständigkeit vorausgesetzt. Ob Betriebsteile eine gewisse Selbständigkeit aufweisen, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab (vgl. Urteil vom 25. Februar 1992 - BVerwG 1 C 27.89 - Buchholz 451.45 § 1 HwO Nr. 23 S. 18 f., Urteil vom 21. Dezember 1993 - BVerwG 1 C 1.92 - UA S. 18). Es kommt also darauf an, ob die in einem Nebenbetrieb für Dritte erbrachten Leistungen ihrer Vorbereitung und Ausführung nach dem entsprechen, was ein selbständiger Handwerker unter den gleichen tatsächlichen Voraussetzungen leisten würde (vgl. BVerwGE 34, 56 <58>). Dabei ist eine organisatorische Selbständigkeit nicht erforderlich (BVerwGE a.a.O.).
Die hier handwerksähnlich betriebenen kosmetischen Dienstleistungen entsprechen diesen Anforderungen. Die fraglichen Dienstleistungen stellen gegenüber dem Handel mit Parfümeriewaren und Kosmetikartikeln eine deutlich unterscheidbare fachliche Leistung dar und weisen damit eine gewisse Selbständigkeit auf. Sie sind aber mit dem Handel wirtschaftlich und fachlich verbunden; wirtschaftlich sind sie jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Schließlich gehört die Klägerin mit ihrem Einzelhandeisbetrieb der Industrie- und Handelskammer an, wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
- 13 -Nach allem war die Revision mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Meyer Gielen Kemper
Mallmann Hahn
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren auf 3.000 DM festgesetzt (13 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Meyer Gielen Malimann
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
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