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Was erwartet mich bei der Ordnungsbehörde, Bußgeld wegen Handwerksausübung, Hausdurchsuchung, Betriebsuntersagung, Betriebsprüfung, Abmahnung, Meisterzwang ist verfassungswidrig

Durchsuchung wegen Handwerksausübung verfassungswidrig

Verden, den 11.04.2007. Das Bundesverfassungsgericht hat am 26.03.2007 (Az: 2 BvR 1006/01) einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Durchsuchung stattgegeben.

Das Gericht stellt fest, dass die mit dem Fall befassten Gerichte (Amts- und Landgericht Hildesheim) sich auch nicht ansatzweise mit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme befasst haben.

Die Beschwerdeführerin - ein biologischer Baustoffhandel (GmbH) - hatte im unerheblichen Nebenbetrieb die verkaufte Ware auch verbaut. Das Ordnungsamt Hildesheim hatte 2001 nach einer Baustellenkontrolle eine Durchsuchung wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen den Meisterzwang durchgeführt. Das Bußgeldverfahren wurde mittlerweile eingestellt.

Nach Schätzungen des BUH werden jährlich mehr als Tausend derartiger Durchsuchungen durchgeführt. BUH-Vorstandsmitglied Jonas Kuckuk kommentiert: "Nach unserer Einschätzung genügt keiner der uns bekannten (dutzenden) Durchsuchungsbeschlüsse den vom Verfassungsgericht in seiner Entscheidung erneut aufgestellten Anforderungen. Man muss also von einem tausendfachen Verfassungsbruch durch die Ordnungsbehörden und Gerichte sprechen. Es freut uns, dass das Bundesverfassungsgericht nun in diesem vom BUH unterstützten Fall unsere Argumente aufgreift und die Bedeutung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung hervorhebt."

Als Gründe für die Verfassungswidrigkeit der vielen Durchsuchungen nennt Kuckuk:
1) Bei solch einer Durchsuchung läge regelmäßig kein substantiierter Anfangsverdacht zugrunde: Teilweise würde in den Durchsuchungsbeschlüssen nicht einmal genannt, welches Tätigkeit die Beschuldigten ausgeübt haben sollen.
2) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung muss der Verbotstatbestand des Meisterzwangs eng ausgelegt werden.

Kuckuk: "Bei aller Freude über die Entscheidung bleibt als Wermutstropfen, dass das Verfassungsgericht immer noch nicht über die Verfassungsmäßigkeit des Meisterzwangs entschieden hat. Unternehmen und Existenzgründer brauchen die Rechtssicherheit, ob der Meisterzwang weiter Bestand hat. Eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse für diese Einschränkung der Berufsfreiheit fehlt jedenfalls und wir sind überzeugt, dass die Gesellschaft für diesen Konkurrenzschutz für Meisterbetriebe einen hohen Preis zahlt."

Hintergrund Informationen zur Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 2 BvR 1006/01

Was hat Handwerksausübung mit Schwarzarbeit zu tun?

In Veröffentlichungen der Kammern und Ordnungsbehörden wird das - in der Tat erhebliche - Problem der Schwarzarbeit beklagt. Aber: in den geschätzten Berechnungen von beeindruckenden 370 Milliarden schwarzem Umsatz sind vor allem auch die Umsätze durch Drogenhandel und Hehlerei enthalten. Dennoch wird diese Zahl als Begründung dafür herangezogen, hart gegen Handwerksausübung ohne Meisterbrief vorzugehen. So wird der Öffentlichkeit vorgespielt gegen die ausufernde Schwarzarbeit würde etwas unternommen. Aber in Wirklichkeit werden Steuern zahlende Unternehmen verfolgt. Die Behörden rechtfertigen dies damit, dass auch die Handwerksausübung ohne Eintragung in die Handwerksrolle als Tatbestand im Schwarzarbeitsgesetz genannt ist.

Steht die Entscheidung im Zusammenhang mit der Entscheidung zum Betretungsrecht der Handwerkskammern 1 BvR 2138/05 vom 15.03.2007 ?

Der BUH hat nach der Entscheidung zum Betretungsrecht der Handwerkskammern befürch-tet, dass nun eine Welle von Durchsuchungen auf Handwerker ohne Meisterbrief zukommt. Die Gefahr bestand, dass die Handwerkskammern nun sich über die Ordnungsbehörden und Durchsuchungen Einsicht in die Unterlagen der Betroffenen verschaffen würden.

Die Stellungnahme der Handwerkskammer Unterfranken wird in 1 BvR 2138/05 zitiert:

"Lägen hinreichende Verdachtsmomente für den Betrieb eines eintragungspflichtigen stehenden Gewerbes vor, so sei die Besichtigung der Betriebs- und Geschäftsräume nicht nur die einfachste und für den Betroffenen mildeste Klärungsmöglichkeit durch die Handwerkskammer, sondern auch die einzig sinnvolle. Anderenfalls wäre die Handwerkskammer gezwungen, über Observation des Gewerbetreibenden, Befragung von dessen Kundschaft oder die Initiierung von Scheingeschäften die gegebenenfalls vorliegende Eintragungspflicht zu überprüfen."

Man musste also davon ausgehen, dass die Kammer alle Hebel in Bewegung setzen würden Einsicht in die Unterlagen unliebsamer Konkurrenz zu bekommen. Es kann dahin stehen, ob das Bundesverfassungsgericht diese Gefahr auch gesehen hat und dem ein Riegel vorschieben wollte. Jedenfalls kam die Durchsuchungsentscheidung - sozusagen - in letzter Minute!

Bedeutet diese Entscheidung das Ende des Meisterzwangs?

In der Entscheidung heißt es dazu:

"Auf die Vereinbarkeit des für die Eintragung in die Handwerksrolle in der Regel erforderlichen Befähigungsnachweises für das Handwerk mit dem Grundgesetz kommt es nach alledem nicht an."

Mit dieser Entscheidung haben Handwerker ohne Meisterzwang bessere Möglichkeiten sich gegen Verfolgungen durch Ordnungsbehörden zu schützen. Ob die Ordnungsbehörden und Gerichte sich allerdings an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts halten werden muss erst die Praxis zeigen.

Zur Rechtssicherheit ist eine Entscheidung zum Meisterzwang notwendig. Der Bürger muss wissen was er darf. Nach der Erfahrung des BUH können die Ordnungsbehörden aber auf Abgrenzungsfragen welches die Kernbereiche des Handwerks sind, keine Antworten geben. Dies ist der Skandal im Handwerksrecht. Die handwerksrechtlichen Abgrenzungsfragen zum Kernbereich der Handwerke sind unbestimmt und deswegen halten wir den Meisterzwang für verfassungswidrig.

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