Urteile zu: Meisterzwang, Betriebsuntersagungen (§ 16 HwO), Hausdurchsuchungen, Betretungsrecht der HwK nach § 17 HwO, Rechtsmittelverzicht
Az: W 6 K 07.553
Abschrift
- Kläger-
xxx
Bevollmächtigt
Rechtsanwalt Walter Ratzke, Bahnhofstr. 7, 92502 Nabburg
gegen
Beklagte
Handwerkskammer für Unterfranken
vertreten durch den Präsidenten u. den HG,
Rennweger Ring 3, 97070 Würzburg,
wegen
Betretungs- und Besichtigungsrecht der Handwerkskammer erlässt das Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg 6. Kammer,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Dümig,
die Richterin am Verwaltungsgericht Jeßberger-Martin
den Richter Rötzer,
den ehrenamtlichen Richter S.,
den ehrenamtlichen Richter S.,
ohne mündliche Verhandlung am 9. Mai 2007
folgendes
I.
Der Kläger ist gelernter Maler- und Lackierergeselle. Die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt er nicht. Einen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO oder einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO hat er nicht gestellt.
Dem Kläger war eine Reisegewerbekarte für "Reparaturen und kleinere Handreichungen an Ort und Stelle erteilt worden, wobei "Neuherstellungen (bei Maler und Verputzerarbeiten)" ausdrücklich ausgenommen waren. Nach seinen Behauptungen bewahrt der Kläger seine Arbeitsgerätschaften in einer auch privat genutzten Garage auf; besondere Geschäfts- oder Betriebsräume halte er nicht vor.
Im Oktober 2003 versuchte in Beauftragter der Beklagten, bei dem Kläger einen Betriebsbesuch vorzunehmen. Da der Kläger nicht angetroffen wurde, scheiterte die Besichtigung. Der Beauftragte der Beklagten kündigte einen weiteren Besuch zu einem bestimmten Zeitpunkt einige Tage später an. Es bestehe der Verdacht, dass der Kläger unerlaubt dem Maler- und Lackiererhandwerk nachgehe, weil nicht in die Handwerksrolle eingetragen sei. Es sei praktisch nicht vorstellbar dass das Gewerbe des Klägers unter den rechtlichen Kriterien des Reisegewerbes betrieben werden könne. Daraufhin antwortete der Kläger, ein Betretungsrecht der Beklagten bestehe nicht, und erteilte den Beauftragten der Beklagten Hausverbot. Die Beklagte wandte sich daraufhin an die zuständige Verwaltungsbehörde und beantragte die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens wegen Verstoßes gegen § 118 Abs. 1 Nr. 2 HwO.
II.
1.
Am 18. März 2004 ließ der Kläger Klage erheben und zuletzt beantragen, festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, mit seiner Reisegewerbekarte für das Maler- und Lackiererhandwerk im Reisegewerbe vollumfänglich das Maler- und Lackiererhandwerk mit seinem gesamten Tätigkeitsspektrum nach dem Gewerk Anlage A der Handwerksordnung Ziffer 10 ohne Einschränkung bei den beruflichen Tätigkeiten auszuüben, sowie festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, eine Hausbesichtigung und/oder Betriebsbesichtigung nach § 17 Abs. 2 HwO beim Kläger durchzuführen.
2.
Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen.
3.
Mit Urteil vom 16. März 2005 Az. W 6 K 04.374 wies das Verwaltungsgericht Würzburg die Klage des Klägers ab. Den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayrische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vorn 7. September 2005 Az. 22 ZB 05.1130 ab.
Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Beschluss vom 15. März 2007 Az. 1 BvR 2138/05 auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers fest, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vorn 16. März 2005 und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. September 2005 den Kläger hinsichtlich der Entscheidung über den Feststellungsantrag zu 2 in seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzt und hob die Entscheidungen insoweit auf. Im Umfang der Aufhebung verwies es die Sache an das Verwaltungsgericht Würzburg zurück. Es stellte in den Gründen fest, dass die Entscheidungen, soweit sie aufgehoben wurden, den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 13 Abs. 1 GG verletzen. Eine Hausbesichtigung oder Betriebsbesichtigung beim Kläger sei mit dem Grundrecht des Klägers aus Art. 13 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren. Die von der Betriebsbesichtigung betroffenen Räumlichkeiten des Klägers seien vom Schutzbereich des Art. 13 GG umfasst. Zwar liege eine besonders gesetzliche Vorschrift die zum Betreten dar Räume ermächtige, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 HwO vor. Die Vorschrift lasse den Zweck des Betretens nämlich die Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen in die Handwerksrolle erkennen. Beim Kläger lägen aber die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erkennbar nicht vor. Er habe weder eine Meisterprüfung gemäß § 7b Abs. 1a HwO abgelegt noch einen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO oder eine Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO gestellt. Der Zweck der Ausübung des Betretungs- und Besichtigungsrechts könne daher nicht in der Eintragung des Klägers in die Handwerksrolle bestehen. Es fehle daher an der Voraussetzung, dass das Betreten der Räume einem erlaubten Zweck diene, mithin an einer Rechtfertigungsvoraussetzung des Art. 13 Abs. 7 GG. Sobald auch nur eine Eintragungsvoraussetzung erkennbar nicht gegeben sei, Scheide ein Betretungsrecht der Handwerkskammer nach § 17 Abs. 2 HwO aus. Ein weitergehendes Betretungsrecht sei auch nicht einer anderen besonderen gesetzlichen Vorschrift, die zum Betreten von Räumen ermächtige, zu entnehmen. Angesichts des umfassenden Verwertungsverbots aus § 17 Abs. 1 Satz 2 HwO schieden auch alle sonstigen zwecke zur Rechtfertigung des Betretungsrechts aus.
4.
Das an das Verwaltungsgericht Würzburg zurückverwiesene Verfahren wurde unter dem Az. W 6 K 07.553 fortgeführt. Der Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schriftsatz vom 1. April 2007, der Beklagtenbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 27. April 2007 auf mündliche Verhandlung. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen Die Gerichtsakte W 6 K 04.374 wurde zum Verfahren beigezogen.
Gegenstand dieses Verfahrens ist nur noch der zweite Feststellungsantrag des Klägers, weil das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. März 2005 und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. September 2005 nur insoweit durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vorn 15. März 2007 aufgehoben worden sind.
Das Gericht konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf eine solche verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Feststellungsklage ist zulässig.
Nach § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat. Die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, eine Hausbesichtigung und/oder Betriebsbesichtigung nach § 17 Abs. 2 HwO beim Kläger durchzuführen, ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S. des § 43 Abs. 1 VwGO. Da die Berechtigung insoweit zwischen den Parteien umstritten ist, ist auch das besondere Feststellungsinteresse gegeben. Der begehrte gerichtliche Anspruch ist geeignet, zwischen den Beteiligten Rechtssicherheit herzustellen und Maßregeln für ein künftiges rechtliches und tatsächliches Verhalten zu liefern. Die Feststellungsklage ist auch nicht i.S. des § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär.
Die Feststellungsklage ist auch begründet.
Die Beklagte ist nicht berechtigt eine Hausbesichtigung und/oder Betriebsbesichtigung nach § 17 Abs 2 HwO beim Kläger durchzuführen, § 17 Abs. 2 Satz 1 HwO lässt ein Betreten der Räume zum Zwecke der Prüfung der Eintragungsvoraussetzrungen in die Handwerksrolle zu. Seim Kläger liegen jedoch die persönlichen Voraussetzungen für eine Eintragung In die Handwerksrolle nicht vor. Er hat weder eine Meisterprüfung gemäß § 7 Abs. la HwO abgelegt noch einen Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung nach § 7b HwO oder einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO gestellt. Das Betreten der Räume dient daher nicht einem erlaubten Zweck. Es fehlt mithin an einer Rechtfertigungsvermutung des Art. 13 Abs. 7 GG (vgl. BVerfG, B.v. 15.03.2007 Az. 1 BvR 2138/05).
Die Beklagte hat bezüglich des hier noch allein streitgegenständlichen Klageantrags 2 als Unterlegene die Kosten des Verfahrens zutragen (§ 154 Abs. 1 VwGQ). Da das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 16. März 2005 bezüglich des Klageantrags 1 mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. März 2007 nicht aufgehoben worden ist, bleibt es insoweit bei der im Urteil vom 16. Mrz 2005 getroffenen Kostenentscheidung, dass bezüglich des Klageantrags 1 der Kläger als Unterlegener die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Vorläufige Vollstreckbarkeit § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
...
[Beschluss über die Kosten mit einer Rechtsmittelbelehrung dazu.]
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