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für Gewerbefreiheit auch im Handwerk - weg mit dem Meisterzwang
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Reisegewerbe, Minderhandwerk, Freie Tätigkeiten, Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb, Handwerksähnliche Gewerbe, Zulassungsfreie Gewerbe, Ausnahmebewilligungen, Altgesellenregelung, Meisterprüfung, Probleme mit Behörden?

Handwerksausübung im Reisegewerbe ohne Eintragung in die Handwerksrolle

Handwerksausübung im Reisegewerbe ohne Meisterbrief

Einführung

Alle Handwerke dürfen im Reisegewerbe auch ohne Meisterbrief ausgeübt werden. Beschränkungen gibt es für das Feilbieten von verschiedenen Waren, z.B. Gifte, Edelmetalle und medizinische Güter. Diese Beschränkungen sind in § 56 Gewerbeordnung aufgezählt.

Die Beschränkungen handwerklicher Berufsausübung durch den Meisterzwang bestehen nach § 1 Handwerksordnung nur für das so genannte "stehende Gewerbe" - nicht für das Reisegewerbe. Dort heißt es: "(1) Der selbstständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe ist nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet." Das Reisegewerbe ist vom Meisterzwang also nicht erfasst.

Das Reisegewerbe wird in Teil III der Gewerbeordnung geregelt. Dort ist das Reisegewerbe folgendermaßen definiert (§ 55 GewO):

(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zu haben

In der Reisegewerbeentscheidung des Bundesverfassungsgerichtsentscheidung BVerfGE  1  BvR 2176/98 vom 27.09.2000 (auch im Gewerbearchiv 2001/2 Seite 57 veröffentlicht) heißt es zu dem Unterschiede zwischen Reisegewerbe und stehenden Gewerbe: "Entscheidend ist insoweit, dass [im Reisegewerbe] die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbietenden ausgeht. Das unterscheidet ihn vom stehenden Handwerksbetrieb, bei dem die Kunden um Angebote nachsuchen."

Die Initiative zur Erlangung eines Auftrags muss außerhalb seiner Niederlassung oder ohne eine Niederlassung zu haben erfolgen.
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Streitpunkte beim Reisegewerbe

Minderhandwerk oder volle Kunstfertigkeit - Welche Tätigkeiten dürfen im Reisegewerbe ausgeführt werden?

Immer wieder behaupten Behörden, dass im Reisegewerbe nur einfachere Tätigkeiten ausgeübt werden dürfen. Hintergründ dafür könnte sein, dass Handwerkskammern und Kreishandwerkerschaften eine Information an Ordnungsbehörde verteilen, in der behauptet wird, dass es im Reisegewerbe tendenziell um Minderhandwerk geht. Hierbei bezieht sich das verkammerte Handwerk auf die Reisegewerbeentscheidung Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 2176/98 vom 27.09.2000 in der es heißt (Randnummer 29 des Urteils):

"Das Reisegewerbe betrifft somit im Wesentlichen Reparaturen und kleinere Handreichungen an Ort und Stelle beim Kunden. Tendenziell geht es insoweit um Minderhandwerk."

Verschwiegen wird dabei der folgende Satz in dem Urteil. Dieser lautet:

"Letztlich ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Reisegewerbe auch einmal die volle Kunstfertigkeit eingesetzt wird."

Aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts geht also eindeutig hervor, dass alle handwerklichen Tätigkeiten im Reisegewerbe ausgeübt werden dürfen.

Diese Auffassung wurde durch weitere Rechtsprechung bestätigt: siehe: Beschluss 4 A 511/02 vom 06.11.03 vom Oberverwaltungsgericht Münster. Dies erläutert Rechtsanwältin Hilke Böttcher in ihrer Pressemitteilung.

In der Entscheidung 2 BvR 449/02 vom 27.04.2007 stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass eine Begrenzung des Reisegewerbes auf "Reparaturen und kleinere Handreichungen" eine grundsätzlich unrichtige Anschauung vom Reisegewerbe zeigt. Das Verfassungsgericht räumt hier ein, dass nach der Vorstellung der Richter mache Tätigkeiten zwar im Reisegewerbe nicht ausführbar sein mögen, weil für diese Tätigkeiten ein stehendes Gewerbe notwendig sein könnte. Dort heißt es:

"Dementsprechend können auch Tätigkeiten, bei denen der vollständige Leitungsumfang des Zimmererhandwerks zur Anwendung kommt, von einer Reisegewerbekarte gedeckt sein. Entscheidend für die Abgrenzung des Reisegewerbes von der Ausübung des Handwerks im stehenden Betrieb ist, dass beim Reisegewerbe die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbietenden ausgeht, während beim stehenden Handwerksbetrieb die Kunden um Angebote nachsuchen (vgl. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des vom 27. September 2000, a.a.O.)."

Dass der Beschwerdeführer dieser Verfassungsbeschwerde einen Dachstuhl errichtet hatte, daran hat das Verfassungsgericht keinen Verstoß gegen das Reisegewerbe gesehen. Es wurde als alleiniges Abgrenzungskriterium die Auftragserlangung genannt.

Die Beschränkungen der Handwerksordnung für die Selbständigkeit, beziehen sich allein auf das stehende Gewerbe, nicht aber auf das Reisegewerbe.

Auch in der Broschüre "Leitfaden Abgrenzung Handwerk/Industrie/Handel/Dienstleistungen" (herausgegeben von DIHK und DHKT - der Dachverbände von HWK und IHK) wird diese Auffassung bestätigt. Dort heißt es:

"Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. September 2000 entschieden, dass grundsätzlich jedes handwerkliche Gewerbe auch im Reisegewerbe ausgeübt werden kann. Hierauf ist dann die HWO nicht anwendbar, weil sie nur für stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden, ohne dass der Meistervorbehalt gilt."

"Ausschlaggebendes Kriterium zur Unterscheidung vom stehenden Gewerbe und damit der Anwendung der HWO ist allein, dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält."
(Seite 6)

Auch der Justiziar des ZDH hat wohl mittlerweile verstanden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dass die Handwerksausübung im Reisegewerbe quantitativ nicht einschränkbar ist. In einem Beitrag im Gewerbearchiv schreibt er:

"Auch führt die offene Formulierung "auch einmal die volle Kunstfertigkeit" dazu, dass die volle Handwerksausübung im Reisegewerbe quantitativ nicht einschränkbar ist. Um es deutlich zu machen: Wann wird etwa das Zimmererhandwerk nicht mehr im Reisegewerbe ausgeübt? Sind es 5 komplette Dachstühle pro Jahr, sind es 50? Es steht zu befürchten, dass die vom BVerfG vorgegebenen Abgrenzungskriterien für die Praxis kaum anwendbar sind, weil Reisegewerbe und stehendes Gewerbe konturlos ineinander fließen. Das Reisegewerbe hat vor diesem Hintergrund - worauf auch die Anmerkung von Steib hindeutet - zunehmend nur noch die Funktion, ein "Ventil" für das Ausweichen vor den als zu streng erachteten Regelungen der Handwerksordnung zu sein." (GewArch 2010, 22, 26 Hausdurchsuchungen bei Gewerbetreibenden auf der Grundlage der StPO, vom Justiziar des ZDH Klaus Schmitz)

Die Weitere Anmerkung von Schmitz dass ich die Sichtweise des Reisegewerbes als Ventil seit der HwO-Novelle 2003 nicht aufrechterhalten lässt, entbehrt aber einer argumentativen Begründung. Möglicherweise hat Schmitz hier die angebliche Gefahrengeneigtheit der zulassungspflichtigen Handwerke als Regelungszweck im Blick. Diese Vorstellung rechtfertigt aber keine Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufsausübung.
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Sofortige Leistungsbereitschaft

Vor der Reisegewerbeentscheidung des Bundesverfassungsgerichts war strittig, ob im Reisegewerbe sofort bei Auftragserteilung mit den Leistungen begonnen werden muss. Handwerkskammer haben hier sogar behauptet - und versucht dies durchzusetzen, dass z.B. das Aufmassnehmen nicht ausreicht, sondern dass sofort eine wesentliche Tätigkeit des Handwerk ausgeübt werden muss. Solchen Auffassungen hat das Verfassungsgericht eine Absage erteilt.

Mit der Formulierung "Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zu haben ... Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht ..." (§ 55 GewO) ist ausgedrückt, daß auch derjenige im Rahmen des Reisegewerbes arbeitet, der zunächst nach Aufträgen nachfragt und diese im zeitlichen Abstand ausführt. "Der entscheidende Unterschied zwischen dem Reisegewerbe und dem stehenden Handwerk liegt darin, dass bei letzterem der Kunde um Angebote nachsucht, bei ersterem die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbietenden ausgeht." So das BVerfG in seiner Pressemitteilung zu der Reisegewerbeentscheidung.

Auf diese Entscheidung bezieht sich auch die Beschreibung des Reisegewerbes in der von DIHK und DHKT (den Dachverbänden von IHKs und HWKs!) herausgegebenen Broschüre "Leitfaden Abgrenzung: Handwerk - Industrie - Handel - Dienstleistungen (S. 6)" Dort steht:

"Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. September 2000 entschieden, dass grundsätzlich jedes handwerkliche Gewerbe auch im Reisegewerbe ausgeübt werden kann. Hierauf ist dann die HwO nicht anwendbar, weil sie nur für stehende Gewerbe gilt. Damit dürfen im Reisegewerbe zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt werden,ohne dass der Meistervorbehalt gilt. Hiervon gibt es allerdings gesetzliche Ausnahmen. Ausschlaggebendes Kriterium zur Unterscheidung vom stehenden Gewerbe und damit der Anwendung der HwO ist allein, dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält. Er muss also die Initiative zur Erbringung seiner Leistung gegenüber dem Kunden ergreifen. Der Unternehmer kommt also (unangemeldet) zum möglichen Kunden. Daher ist z. B. die Verwendung von Werbeflyern mit entsprechenden Kontaktdaten nicht zulässig. Beim stehenden Gewerbe kommt der Kunde zum Unternehmer, sei es auch nur telefonisch.

In der selben Entscheidung hat das BVerfG klargestellt, dass es neben dem Anbieten einer Leistung (mit sofortige Leistungsbereitschaft) seit 1960 das "Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen" gibt. Der Tatbestand des "Aufsuchen von Bestellungen auf Leistungen" setzt, so das Gericht, geradezu voraus, dass die Erfüllung der Leistung erst in einem zeitlichen Abstand erfolgt. Eine Tätigkeit kann demnach erst später begonnen werden, nachdem der Auftrag auf Initiative des Reisegewerbetreibenden außerhalb von dessen Niederlassung (oder ohne eine zu haben) zu Stande gekommen ist.

Diese Ansicht wurde auch vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme zu einer Petition, in der es um die sofortige Leistungsbereitschaft im Reisegewerbe ging, bestätigt.
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Folgeaufträge - Wartungsaufträge

Handwerkskammern behaupten immer wieder, dass im Reisegewerbe nicht wiederholt Aufträge vom selben Auftraggeber angenommen werden dürften. Für eine solche Behauptung findet sich Stütze im Gesetz. So hat der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg schon 1972 festgestellt, dass selbstverständlich Wartungsverträge im Reisegewerbe angenommen werden können. Zum Vertragsabschluss muss der Reisegewerbetreibende ohne vorherige Bestellung den Kunden aufsuchen und die Leistung oder auch die Bestellung zu einmaligen oder regelmäßigen Leistungen aufsuchen. Die Entscheidung vom VGH Baden-Württemberg wurde 2000 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Deswegen spielt es keine Rolle, dass der VGH Baden-Württemberg 1995 seine Rechtsprechung zur sofortigen Leistungsbereitschaft, um die es auch bei Wartungsaufträgen geht, geändert hatte.

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 20. November 1972 - VI 168/72 - zur Abgrenzung von stehendem Gewerbe und Reisegewerbe
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Niederlassung im Reisegewerbe

Nach unserer Auffassung ist eine Niederlassung für einen Reisegewerbetreibenden kein Hinderungsgrund. Allerdings darf die Niederlassung kein Anlaufpunkt für seine Kunden für die vollhandwerklichen Tätigkeiten sein.

In der Reisegewerbeentscheidung des Verfassungsgerichts finden sich keine klaren Aussagen, wie das Gericht die Frage einer bestehenden Niederlassung sieht. In der Entscheidung 2 BvR 449/02 vom 27.04.2007 zu einer Hausdurchsuchung bei einem Reisegewerbetreibenden lässt das Bundesverfassungsgericht die Frage ob ein Reisegewerbetreibender eine Werkstatt haben darf bewusst offen.

Allerdings konnte das Verfassungsgericht in der unstreitig bestehenden gewerblichen Niederlassung bei dem Reisegewerbetreibenden, keinen Verstoß gegen die Regeln des Reisegewerbes erkennen. Die Formulierung in § 55 GewO "... außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zu haben ..." erwähnt ja sogar, daß der Reisegewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung haben kann. Er darf in der gewerblichen Niederlassung nur eben keine Leistungen anbieten oder Bestellungen annehmen, sonst würde er ja im stehenden Gewerbe arbeiten.

So schreibt auch Steffen Detterbeck in seinem Kommentar der Handwerksordnung, Auflage 4:

"Besitzt ein Gewerbetreibender eine gewerbliche Niederlassung i. S. des § 42 Abs. 2 GewO, schließt dies die Ausübung eines Reisegewerbes außerhalb dieses stehenden Gewerbes nicht aus (OVG Münster, GewArch 2004, S 33 F.; Honig § 1 Rdn. 26)"

Wir sind der Auffassung, daß ein Gewerbetreibender, der außer dem Reisegewerbe auch ein handwerksähnliches Gewerbe oder die Ausführung von einfachen handwerklichen Tätigkeiten im stehenden Gewerbe angemeldet hat, Aufträge für diese Leistungen selbstverständlich auch nach den Regeln des stehenden Gewerbes (in seiner Niederlassung) annehmen kann. Weder in der Gewerbeordnung noch in der Handwerksordnung ist eine Bestimmung enthalten, die das gleichzeitig Betreiben eines Reisgewerbes und eines stehenden Gewerbes ausschließen.

Immer wieder wird - mit Verweis auf die BVerfGE 1 BvR 2176/98 - behauptet, daß im Reisegewerbe lediglich kleinere Handreichungen und Reparaturen ausgeführt werden können.
Dabei wird das Urteil Sinn entfremdend zitiert. In dem Urteil heißt es (in Randnummer 29):

"Zudem sind aus diesem Grund Umfang und Ausmaß möglicher Leistungen regelmäßig eingeschränkt, da eine Werkstatt im Sinne eines stehenden Betriebs nicht zur Verfügung steht. Das Reisegewerbe betrifft somit im Wesentlichen Reparaturen und kleinere Handreichungen an Ort und Stelle beim Kunden. Tendenziell geht es insoweit um Minderhandwerk. Letztlich ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Reisegewerbe auch einmal die volle Kunstfertigkeit eingesetzt wird."

In dieser Entscheidung hat das Verfassungsgericht also gerade bestätigt, daß im Reisegewerbe auch die volle Kunstfertigkeit ausgeübt werden kann.

Aus dem Urteil spricht, daß das Verfassungsgericht nicht daran gedacht hat, daß es technisch sehr wohl möglich ist, ohne Werkstatt im Sinne des stehenden Gewerbes - oder auch ganz ohne Werkstatt - die volle Kunstfertigkeit regelmäßig auszuüben. Die Werkzeuge können zu den Kunden mitgebracht werden. Bei den meisten Gewerken können alle Arbeiten beim Kunden ausführt werden. Dies kann dem Reisegewerbetreibenden Wettbewerbsvorteile gegenüber dem stehenden Gewerbebetrieb verschaffen, weil er sich die Kosten der Werkstatt spart.

Als Voraussetzung für das Vorliegen eines Reisegewerbes nennt § 55 GewO das Kriterium ob der Gewerbetreibende außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung, oder ohne eine solche zu haben Waren feilbietet oder Bestellungen aufsucht (vertreibt) oder ankauft, Leistungen anbietet oder Bestellungen auf Leistungen aufsucht. Sonst nichts!
Von einer Werkstatt ist in der Gewerbeordnung weder positiv noch negativ die Rede. Im Übrigen gehört traditionell die mobile Werkstatt zum normalen Erscheinungsbild des Reisegewerbes: "Kesselsflicker" und Hufschmiede z.B. führten seit je leistungsfähige Werkstätten (mit mobilen Schmiede-Essen) in ihren Planwagen mit sich (wie auch die Kavallerie !), Scherenschleifer hatten ihren Schleifwagen, Korbflechter arbeiteten aus ihren Wagen heraus, die "Bauhütten" des Mittelalters errichteten "fliegende Werkstätten" an der Baustelle, nur für die Bauzeit (wie moderne Bauunternehmen mit ihren Bauwagen). Mit den heutigen technischen Möglichkeiten sind noch weitaus leistungsfähigere mobile Werkstätten möglich als früher; so ist z.B. die Leistungsfähigkeit der Werkstattwagen von Installateuren allgemein bekannt. Die Armee verfügt traditionell über mobile Werkstätten für alle wichtigen Gewerke.

Entscheidend für die Abgrenzung zur Handwerksordnung sind der Wortlaut des § 55 GewO (wie auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 27.09.2000 - 1 BvR 2176/98 - festgestellt hat) und der Vorrang des Grundrechts der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG.

Diese Auffassung wurde auch vom VG Würzburg, Urt. vom 11.02.2004 - W 6 K 03.1040 bestätigt.
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Werbung im Reisegewerbe

Der Unterschied zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe ist auch bei der Werbung zu beachten. Entscheidend für das Reisegewerbe ist, "dass im Reisegewerbe der Gewerbetreibende seine Aufträge durch das Aufsuchen des Kunden direkt erhält". Ob die Schwelle zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe überschritten wird, hängt also nicht davon ab, ob Werbung betrieben wird, sondern davon, wie der Auftrag zustande kommt. Der Reisegewerbetreibende muss darauf achten, dass er seine Aufträge außerhalb seiner Niederlassung (oder ohne eine solche zu haben) ohne vorherige Bestellung vom Kunden erhält. Dem folgend empfehlen wir, die Werbung so zu gestalten, dass unmissverständlich die Werbung nicht dafür gedacht ist, dass potentielle Kunde sich direkt an den Werbenden wenden. Aber nach unserer Auffassung kann ein Reisegewerbetreibender z.B. Image-Werbung betreiben, oder auch seinen Hausbesuch ankündigen.

Handwerkskammern behauptet immer wieder, dass im Reisegewerbe ein Reisegewerbetreibender keine Visitenkarten haben dürfte. Diese Behauptung lässt sich nicht aus der Gewerbeordnung ableiten. Im Gegenteil sind wir der Auffassung, dass das Verteilen einer Visitenkarte an einen Kunden diesem hilft zum Reisegewerbetreibenden Kontakt zu halten und Details der Auftragsabwicklung zu besprechen oder später auch den Handwerker für Reklamationen erreichen zu können. Eine Adresse vom Auftragnehmer zu haben, gibt dem Kunden Sicherheit und Vertrauen. In sofern dient das Verteilen einer Visitenkarte an im Reisegewerbe gewonnene Kunden den Zielen der Regelungen zum Reisegewerbe, nämlich dem Kundenschutz. Das Verteilen von Visitenkarten im Reisegewerbe wir auch vom Landgericht Neuruppin als zulässig angesehen.

Es macht für einen Reisegewerbetreibenden allerdings keinen Sinn, in einer Weise zu werben, die darauf abzielt, dass sich Kunden bei ihm melden, um einen Auftrag zu erteilen. Sinn kann es machen, Kunden durch eine Anzeige in der Zeitung oder auch durch Wurfzettel darauf vorzubereiten, dass man in den nächsten Tagen vorstellig werden wird, um nach Aufträgen nachzufragen. Auch dies kann dem Kundenschutz dienen, weil ein potentieller Kunde sich so darauf vorbereiten kann, dass man bei ihm nach Aufträgen nachfragt.

Sobald ein Reisegewerbetreibender Werbung betreibt, muss er damit rechnen, dass Konkurrenten, Handwerkskammern oder Innungen versuchen, diese Werbung etwa mit Abmahnungen zu unterbinden. Wie weitgehend, findig und kreativ ein Reisegewerbetreibender daher Werbung im Sinne des Reisegewerbes betreiben möchte, hängt auch davon ab, wie auseinandersetzungsfreudig er/sie ist. Der BUH bietet regelmäßig Seminare zum Reisegewerbe an, bei denen auch das Thema Werbung behandelt wird.

Auch eine Homepage von einem Reisegewerbetreibenden ist immer wieder Anlass von Konkurrenten oder Handwerksverbänden gegen Reisegewerbetreibende mit Abmahnungen vorzugehen. Allerdings hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass bei einer entsprechenden Gestaltung der Homepage Abmahnungen nicht rechtens sind.

Angabe der Adresse des Reisegewerbetreibenden bei Baustellen und an Firmenfahrzeug.

Bis 1998 waren Reisegewerbetreibende verpflichtet, ihre Adresse bei Verkaufsständen anzugeben. Auch heute müssen Reisegewerbetreibende nach § 56a Gewerbeordnung bei Wanderlagern noch "Vornamen oder die Firma sowie die Anschrift ... in einer für jedermann erkennbaren Weise angebracht werden".

Von der Verpflichtung für Reisegewerbetreibende, ihre Adresse angeben zu müssen, wurde zu deren Schutz abgesehen. Wenn Reisegewerbetreibende heute auf diesen Schutz verzichten, kann ihnen dies nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Der Zweck der Regelungen des Reisegewerbes ist der Kundenschutz. Alles was dem Kundenschutz dient, und dazu gehört auch, dass der Reisegewerbetreibende es dem Kunden einfach macht, ihn - z.B. im Falle von Nachfragen und Reklamationen - wieder erreichen zu können, kann also nicht den Regelungen des Reisegewerbes widersprechen.

Wenn es früher Reisegewerbetreibenden bei Wanderlagern auferlegt war, ihre Adresse an den Marktständen auszuhängen, kann es heute einem Reisegewerbetreibenden nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er auf den Schutz im Dienste seiner Kunden verzichtet und seine Adresse bei Baustellen, Wanderlagern oder auch an seinem Fahrzeug angibt.

Die gerichtliche Auseinandersetzung um Angaben von Adressen von Reisegewerbetreibenden ist jedoch noch nicht vollständig geführt und letztendlich entschieden worden.

Zum Hintergrund:

Die Zeitschrift Gewerbearchiv (GewArch 1999, Nr. 11/12, 463) berichtete:

"Wegfall der Verpflichtung der Anschriftenangabe des Reisegewerbetreibenden: Aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 16.06.1998, BGBl I S. 1291, wurden § 56a Abs. 1 Satz 2 und § 70b GewO dahingehend geändert, dass Marktkaufleute an ihren Verkaufsständen nicht mehr ihre Anschrift angeben müssen."

In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 13/9109 Zu Nummer 17 (§ 56 a)) für diese Änderung heißt es:

"17. In § 56 a Abs. 1 Satz 2 werden nach dem Wort "Angaben" die Worte ", mit Ausnahme der Anschrift," eingefügt." …

Zu Nummer 17 (§ 56 a)

"Schausteller und Marktkaufleute werden analog der Regelung für offene Betriebsstätten im stehenden Gewerbe nur noch zur Angabe von Name und Firma verpflichtet. Auf die bisher vorgeschriebene Angabe auch der Anschrift soll aus Gründen vorbeugender Gefahrenabwehr (Einbrüche in leerstehende Wohnungen) verzichtet werden. Die Preisgabe der Anschrift bei berechtigtem Interesse (z. B. zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche) ist über den Veranstalter bzw. über die zuständige Behörde möglich."

Tipp zur Werbung im Reisegewerbe

Wir halten es nicht für erforderlich aber für hilfreich, bei der Firmennennung (auf dem Briefbogen, auf Schildern, auf dem Fahrzeug, …) darauf hinzuweisen, das es sich um ein Unternehmen im Reisegewerbe handelt. (z.B. Steinmetzbetrieb im Reisegewerbe)

Werben als selbständiger Handwerker im Reisegewerbe? - bei Auerochse’s Weblog
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Reisegewerbeausübung ohne Reisegewerbekarte

Reisegewerbeausübung bei gewerblichen Kunden (auch als Subunternehmer)

Wer nur für gewerbliche Auftraggeber arbeitet, braucht keine Reisegewerbekarte. Dies regelt die Gewerbeordnung:

§ 55b Abs. 1 GewO
(1) Eine Reisegewerbekarte ist nicht erforderlich, soweit der Gewerbetreibende andere Personen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes aufsucht. Dies gilt auch für Handlungsreisende und andere Personen, die im Auftrag und im Namen eines Gewerbetreibenden tätig werden.

Wer also z.B. als Subunternehmer tätig werden will und immer wieder für neue Aufträge bei den Auftraggebern vorspricht und nach Aufträgen nachfragt, kann dies im Reisegewerbe auch ohne Reisegewerbekarte machen. Auch für diese Art der Reisegewerbetätigkeit darf kein Meisterbrief oder ein sonstiger Qualifikationsnachweis verlangt werden. (Diese Auffassung wurde auch vom Verwaltungsgericht Stuttgart 4 K 1423/08 vom 11.09.2008) vertreten.

Hintergrund für diese Regelung dürfte sein, daß die Reisegewerbekarten zum Schutz der privaten Auftraggeber eingeführt wurde. Private Auftraggeber sollte (in einer Zeit als es noch keinen Personalausweis gab) die Möglichkeit erhalten, die Identität der Auftragnehmer festzustellen. Der Gesetzgeber war der Auffassung, daß gewerbliche Auftraggeber dieses Schutzes nicht bedürfen.

Arbeiten als Subunternehmer

Handwerkskammern behaupten immer wieder, dass im Rahmen des Reisegewerbes keine Tätigkeit als Subunternehmer möglich sei. Dabei argumentieren sie, dass ja der Hauptunternehmer dem Reisegewerbetreibenden einen Kunden zuweist und der Reisegewerbetreibende dabei auf Bestellung bei Kunden tätig würde. Diese Argumentation ist bewusst falsch.

Wer als Subunternehmer im Reisegewerbe tätig ist, fragt bei einem Hauptunternehmer um Aufträge nach. Hierbei spricht er ohne vorherige Bestellung (und außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung oder ohne eine solche zu haben) bei dem Hauptunternehmer vor. Vom Hauptunternehmer erhält er eine Bestellung. Diese Auftrag (Bestellung) wurde ohne vorherige Bestellung - also im Reisegewerbe - vom Hauptunternehmer erteilt. Mit dem Endkunden des Hauptunternehmers hat der Reisegewerbetreibende keinerlei Vertragsbeziehung. Einzig mit dem Hauptunternehmer besteht eine Vertragsbeziehung. Der Reisegewerbetreibende stellt auch die Rechnung an den Hauptunternehmer und nicht an den Kunden des Hauptunternehmers.

Dem Gesetzeszweck des Kundenschutzes widerspricht eine solche Auslegung der Gewerbeordnung nicht, denn der Endkunde des Hauptunternehmers hat weiterhin jegliche Rechtsansprüche gegenüber dem Hauptunternehmer und der Hauptunternehmer hat sich nach den Regeln des Reisegewerbes auf die Auftragserteilung eingelassen.

Anders wäre es, wenn der Kunde aufgrund der Empfehlung eines Architekten an den Reisegewerbetreibenden herantreten würde und ihm einen Auftrag erteilen würde. Hier könnte wohl kaum behauptet werden, dass wenn der Kunde auf den Reisegewerbetreibenden zugeht und den Auftrag erteilt, dies unter den Regeln des Reisegewerbes entspricht.

Unproblematisch wäre allerdings wieder, wenn ein Dritter - etwa ein Architekt oder Baustoffhändler - dem Reisegewerbetreibenden den Tipp gibt bei einem Bauherren nach Aufträgen nachzufragen. Dann geht der Reisegewerbetreibende ohne vorherige Bestellung (außerhalb seiner Niederlassung …) auf den Kunden zu und sucht um Bestellungen nach.
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Reisegewerbeausübung am Wohnsitz in Gemeinden mit weiniger als 10.000 Einwohnern

Wer an seinem Wohnsitz ein Reisegewerbe ausübt und die Gemeinde weniger als 10.000 Einwohner hat, braucht dafür keine Reisegewerbekarte. Dies regelt der § 55a Abs. 1 Nr. 3 Gewerbeordnung:

(1) Einer Reisegewerbekarte bedarf nicht, wer
3. Tätigkeiten der in § 55 Abs. 1 Nr. 1 genannten Art in der Gemeinde seines Wohnsitzes oder seiner gewerblichen Niederlassung ausübt, sofern die Gemeinde nicht mehr als 10 000 Einwohner zählt;

Eine solche Reisegewerbetätigkeit muß angemeldet werden. Dies regelt § 55c Gewerbeordnung (Anzeigepflicht):

Wer als selbständiger Gewerbetreibender auf Grund des § 55a Abs. 1 Nr. 3, 9 oder 10 einer Reisegewerbekarte nicht bedarf, hat den Beginn des Gewerbes der zuständigen Behörde anzuzeigen, soweit er sein Gewerbe nicht bereits nach § 14 Abs. 1 bis 3 anzumelden hat. § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 5, Abs. 1a, Abs. 4, 6 bis 8 und 9 bis 11 sowie § 15 Abs. 1 gelten entsprechend.

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Folgeaufträge im Reisegewerbe

Ein zufriedener Kunde wird sich möglicherweise bei Bedarf an weiteren Leistungen an den zuverlässigen Reisegewerbetreibenden erinnern und ihm einen Folgeauftrag erteilen wollen. Dies kann problematisch sein, wenn der Kunde dann anruft und einen Auftrag erteilen will. In diesem Fall könnte ein Ordnungsamt argumentieren, dass es sich bei einer solchen Auftragsanbahnung nicht um Reisegewerbe sondern um ein stehendes Gewerbe handelt. Aus unserer Sicht ist es aber mit dem Reisegewerbe vereinbar, wenn der Reisegewerbetreibende um den Auftrag für einen Wartungsvertrag oder eine regelmäßige pflege nachfragt. Hier ist dann der Auftrag im Reisegewerbe zustande gekommen lediglich für den Abruf einer Leistung aus den Vertrag wendet sich der Kunde dann an den Reisegewerbetreibenden.

Der Reisegewerbetreibende könnte auch nach erfolgreichem Abschluss eines Auftrags direkt wieder nach neuen Aufträgen nachfragen und vereinbaren, dass sich der Kunde wenn der konkrete Bedarf entsteht an den Reisegewerbetreibenden wendet, oder der Reisegewerbetreibende nach einer vorgegebenen Zeit wieder anfragt, ob ein Bedarf entstanden ist.

Dem Gesetzeszeck der Regelungen zum Reisegewerbe (dem Kundenschutz) folgend sind keine vernünftigen Gründer ersichtlich, warum dem Kundenschutz geschadet wird, wenn der Kunde sich nicht an einen Reisegewerbetreibenden wenden darf, mit dem er zufrieden war un mit dem ein derartiger Wartungsvertrag geschlossen wurde. (Der Vertrag braucht nach unserer Auffassung nicht schriftlich abgeschlossen werden).

Auch ein Vergleich mit dem feilbieten von Waren legt nahe, dass derartige Dauerverträge im Reisegewerbe möglich sind. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zum Reisegewerbe auch gerade mit der Gleichbehandlung von Bestellungen auf Waren und Bestellungen auf Dienstleistungen argumentiert. Und selbstverständlich ist es im Reisegewerbe möglich ein Zeitungsabonnement zu verkaufen. Auch bei dem Abonnement wird der im Reisegewerbe (ohne vorherige Bestellung) gewonnen Auftrag durch regelmäßig übersendete Zeitungen erfüllt.

Handwerkskammern werden solche Aufträge möglicherweise als unzulässig ansehen. Deswegen sollte man sich klar darüber sein, wie risikofreudig man bei seiner Geschäftstätigkeit ist und wie gut man dokumentiert (z.B. durch schriftlich abgeschlossene Wartungsverträge), dass ein solcher Dauerauftrag besteht. Urteile, die diese Frage entscheiden sind uns nicht bekannt.
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Zwangsmitgliedschaft in Kammern

Für Reisegewerbetreibende besteht keine Zwangsmitgliedschaft in einer Handwerkskammer. Handwerkskammern sind ausschließlich für das stehende Gewerbe zuständig. Strittig ist ob für Reisegewerbetreibende eine Zwangsmitgliedschaft bei einer IHK besteht. Zumindest wenn keine gewerbliche Niederlassung unterhalten wird, sehen wir keinen Grund für eine Zwangsmitgliedschaft in einer IHK. Der BUH wendet sich grundsätzlich gegen die Zwangsmitgliedschaft in Kammern.

Obwohl die Handwerkskammern unbestritten nicht für das Reisegewerbe zuständig sind behaupten sie immer wieder, dass ihnen ein Prüf- und Betretungsrecht bei Reisegewerbetreibenden zusteht. Der BUH hält solche Betriebsprüfungen und Betretungen grundsätzlich und insbesondere bei Reisegewerbetreibenden für rechtswidrig.

Auch die Datenweitergabe von Ordnungsbehörden an IHK oder gar HwK ist aus unserer Sicht rechtswidrig. Häufig verlangen die Kammern die Daten von Reisegewerbetreibenden, um sie als Zwangsmitglieder zu vereinnahmen.

Im Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten von 1998 heißt es hierzu:

9.2 Gewerberecht
Mitteilung über die Erteilung von Reisegewerbekarten an die IHK’n

Die IHK zu Leipzig bat das SMWA, die Gewerbeämter zu veranlassen, ihr regelmäßig die Daten von Reisegewerbekarteninhabern zu übermitteln. Diese Daten würden zur Feststellung der IHK-Mitgliedschaft (§ 2 IHK-G) der Reisegewerbetreibenden benötigt.
Mit dem SMWA bin ich einig, daß regelmäßig Datenübermittlungen an die IHK’n nach § 14 Abs. 5 Nr. 1 GewO ausschließlich bei stehendem Gewerbe zulässig sind.
Gemäß § 2 IHK-G gehören zur Industrie- und Handelskammer u. a. natürliche Personen, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind und im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten.
Insbesondere im Reisegewerbe kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, so daß Datenübermittlungen über diesen Personenkreis an die IHK’n unzulässig sind. Die regelmäßige Übermittlung der Daten der nicht kammerpflichtigen Reisegewerbekarteninhaber würde zudem zu einem SächsDSB 6. Tätigkeitsbericht (31. 3. 1998) 123 (großen) Datenbestand führen, der für die Aufgabenerfüllung der IHK nicht erforderlich ist.
Sollte ein gewerbesteuerpflichtiger Reisegewerbekarteninhaber allerdings gleichzeitig eine gewerbliche Niederlassung, eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten, würden die IHK’n die Daten bereits nach § 14 Abs. 5 Nr. 1 GewO erhalten.
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Juristische Diskussion: Verhältnis zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe

"Der Unterschied zwischen Reisegewerbe und stehendem Gewerbe besteht darin, dass bei Ersterem die Initiative zur Erbringung der Leistung vom Anbieter ausgeht, bei Letzterem die Kunden um Angebote nachsuchen."

So der Regierungsdirektor Dr. Frank Hüpers, München in dem Artikel "Reisegewerbe und handwerklicher Befähigungsnachweis" (GewArch 2004/6 Seiten 230 ff).

Dort stellt der Autor fest, dass Verwaltungsgerichte in der Rechtsprechung nun der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu folgen und handwerkliche Tätigkeiten ohne Meisterbrief zulassen.

Der Autor fordert allerdings, daß wegen der Änderung des Regelungszwecks für den Meisterzwang auch handwerkliche Tätigkeiten im Reisegewerbe an den Besitz des Meisterbriefs geknüpft werden müßte.

Hierzu meint der BUH: Es ist erfreulich, daß die Verfechter des Meisterzwangs erkennen, daß eine Ungleichbehandlung von handwerklichen Tätigkeiten im Reisegewerbe oder im stehenden Gewerbe unlogisch und nicht zu rechtfertigen ist. Im Ergebnis allerdings zieht Herr Hüpers einen falschen Schluß.

Seit Jahrzehnten haben zahlreiche Reisegewerbetreibende bewiesen, daß sie ohne Meisterbrief keine Gefahr für Gesundheit und Leben von Dritten darstellen. Dies belegt, daß es des Meisterzwangs weder im Reisegewerbe noch im stehenden Gewerbe bedarf.

Aufträge, die im Reisegewerbe erteilt werden, unterliegen dem Haustürwiderrufsgesetz. Das heißt, der Kunde hat besondere Rücktrittsrechte. Insofern bietet das Reisegewerbe den Kunden einen besonderen Schutz, mit dem Reisegewerbetreibende auch positiv "werben" können.
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Wie umgehen mit den Behörden?

Wenn das Gewerbeamt einem keine Reisegewerbekarte ausstellen will hat man verschiedene Möglichkeiten. Zunächst sollten Sie die Behörde auf die entsprechende Rechtsprechung hinweisen. Drucken Sie die Reisegewerbeentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus und legen Sie diese der Behörde vor. Weise Sie - sofern dies strittig ist - auf die Passagen des Urteils hin, in denen das Verfassungsgericht darauf hinweist, dass die volle Kunstfertigkeit im Reisegewerbe zur Anwendung gebracht werden kann. Weisen Sie die Behörde darauf hin, dass keine sofortige Leistungsbereitschaft besteht. Weisen Sie die Behörde darauf hin, dass der Grundsatz die Gewerbe und Berufsfreiheit sind. Die Ausnahme des Meisterzwangs vom Grundrecht auf Berufsfreiheit muss nach ständiger Rechtsprechung eng ausgelegt werden.

Wenn dies alles nichts hilft, setzen Sie sich mit dem BUH in Verbindung.

Sie können einen rechtsmittelfähigen Bescheid verlangen und gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Sie können sich bei den Landtags- und Bundestagsabgeordneten ihres Wahlkreises beschwerden, dass die Behörde ihnen ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung nimmt. Sie können sich beim Landtag in einer Petition beschweren. In Niedersachsen war dieser Weg im Sommer 2006 für eine Reisegewerbetreibende Zimmerin sehr erfolgreich. Dort hatte das Wirtschaftsministerium aufgrund der Petition zur Ausstellung der Reisegewerbekarte bewirkt, dass die Betroffene die Reisegewerbekarte im Wesentlichen wie gewünscht ausgestellt bekommen hat.
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Regelungen in der Gewerbeordnung zum Reisegewerbe

Aus Teil III der Gewerbeordnung

§ 55 Gewerbeordnung - Reisegewerbekarte

(1) Ein Reisegewerbe betreibt, wer gewerbsmäßig ohne vorhergehende Bestellung außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung (§ 42 Abs. 2) oder ohne eine solche zu haben

(2) Wer ein Reisegewerbe betreiben will, bedarf der Erlaubnis (Reisegewerbekarte).

(3) Die Reisegewerbekarte kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zum Schutze der Allgemeinheit oder der Verbraucher erforderlich ist; unter denselben Voraussetzungen ist auch die nachträgliche Aufnahme, Änderung und Ergänzung von Auflagen zulässig.

Weitere Regelungen zum Reisegewerbe im Teil III der Gewerbeordnung

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Weitere Informationen

Urteile zum Reisegewerbe


http://www.buhev.de/

Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.

BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681, mail: BUHev-Buro


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