Reisegewerbe, Minderhandwerk, Freie Tätigkeiten, Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb, Handwerksähnliche Gewerbe, Zulassungsfreie Gewerbe, Ausnahmebewilligungen, Altgesellenregelung, Meisterprüfung, Probleme mit Behörden?
Handwerksausübung im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb ist ohne Meisterbrief möglich. Dafür muss ein Hauptbetrieb bestehen, von dem sich der Nebenbetrieb abgrenzen läst. Außerdem muss der Nebenbetrieb unerheblich sein.
Die gesetzliche Bestimmung lautet:
§ 3 Handwerksordnung:
(1) Ein handwerklicher Nebenbetrieb im Sinne des § 2 Nr. 2 und 3 liegt vor, wenn in ihm Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden, es sei denn, daß eine solche Tätigkeit nur in unerheblichem Umfang ausgeübt wird, oder daß es sich um einen Hilfsbetrieb handelt.
(2) Eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 ist unerheblich, wenn sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebs des betreffenden Handwerkszweigs nicht übersteigt.
(3) Hilfsbetriebe im Sinne des Absatzes 1 sind unselbständige, der wirtschaftlichen Zweckbestimmung des Hauptbetriebs dienende Handwerksbetriebe, wenn sie
1. Arbeiten für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebs ganz oder überwiegend gehörende Betriebe ausführen oder
2. Leistungen an Dritte bewirken, die
a) als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind oder
b) in unentgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten bestehen oder
c) in entgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen bestehen, die in einem Hauptbetrieb selbst hergestellt worden sind oder für die der Hauptbetrieb als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes gilt.
Die Möglichkeit im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb ein Handwerk anzubieten, wurde durch die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1 BvR 608/99 vom 31.03.2000 bestätigt. Siehe auch (die Zusammenfassung des Bundesverfassungsgerichts in seiner Pressemitteilung und die BUH-Pressemitteilung zu dem Urteil). Allerdings sind in diesem Zusammenhang noch einige Frage offen.
Für das Bestehen eines Nebenbetriebs wird ein Hauptbetrieb verlangt, den der Nebenbetrieb wirtschaftlich ergänzt und der sich klar vom Hauptbetrieb abgrenzen läßt.
Immer wieder wurde versucht die Möglichkeiten einzuschränken, Handwerke im unerheblichen Nebenbetrieb zu betreiben. Aus dem Gesetzestext lassen sich jedoch keine Anhaltspunkte erkennen, daß es irgendwelche Beschränkungen für Hauptbetriebe gibt. Etwa, daß dies nur Industriebetriebe sein können, oder das es keine Ein-Mann-Betriebe sein können. (Siehe hierzu: Urteil des Niedersächsischen OVG - 8 L 8808/91 vom 21.12.1992)
Begrenzungen für das Verhältnis des Umsatzes vom Hauptbetrieb zum Umsatz vom Nebenbetrieb konnte auf Anfrage kein Wirtschaftsministerium von Bund oder Ländern nennen. Diese Begrenzung spiele in der Praxis keine Rolle, wurde dem BUH auf Anfrage mitgeteilt.
Vor der Handwerksnovelle 2003 war strittig, wie hoch der Umsatz im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb sein darf. Diese unklare Beschränkung des Umsatzes ist zum 01.01.2003 entfallen.
Die IHK Heilbronn führte zum Beispiel zur Fachlich-wirtschaftlich Verbundenheit aus:
Ferner ist erforderlich, daß die Leistungen des
handwerklichen Betriebsteils, die sich im Rahmen der
Unerheblichkeitsgrenze halten müssen, vom wirtschaftlichen
Standpunkt und vom Interesse der Kunden her eine sinnvolle Ergänzung
und Erweiterung des Leistungsangebots des nichthandwerklichen
Hauptgeschäfts darstellen.
Die für Dritte bewirkten Leistungen einer Kfz-Reparaturwerkstatt können
die für das Vorliegen eines handwerklichen Nebenbetriebs erforderliche
fachliche Verbundenheit mit einer Tankstelle oder mit einem Gebrauchtwagenhandel
erfüllen, wenn diese Leistungen vom wirtschaftlichen Standpunkt und vom Interesse
der Kunden her gesehen eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung des Leistungsangebots
der Tankstelle oder des Gebrauchtwagenhandels darstellen (Bestätigung von
BVerwGE 67, 273 (278 f.) = NVwZ 1984, 179).
(BVerwG, Urteil v. 19.08.1986 - 1 C 2/84 = NVwZ 1987, 132)
Obwohl der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 608/99 vom 31.03.00 seinen unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb zu seinem Handelsunternehmen nicht extra angemeldet hatte, hat das Bundesverfassungsgerichts festgestellt, daß er zu recht im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb Handwerksleistungen ausgeführt hat.
Wenn man einen unerheblichen Nebenbetrieb anmeldet, muss man damit rechnen, dass die Handwerkskammer Informationen darüber verlangt, welche Tätigkeiten in welchem Umfang ausgeführt werden. (Dabei berufen sich Handwerkskammern auf ein angebliches Auskunftsrecht)
Eine Anmeldung eines unerheblichen Nebenbetriebs zieht keine Zwangsmitgliedschaft in der HwK nach sich.
Siehe auch Besprechung der BVerfGE 1 BvR 608/99 in der NVwZ 2001, Heft 2 Seite 161 vom Handwerksjuristen Horst Mirbach.
Das OLG Celle äußert sich in seinem Beschluss 222 Ss 130/05 (OWi) vom 26. August 2005 zu der Frage, ob Einmann-Unternehmen einen unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb haben können:
"Das Gericht hat darlegt, dass ein Einmann-Unternehmen in vorliegender Art grundsätzlich keinen Nebenbetrieb führen könne (S.' 5 IV. UA). Diese Frage wird gem. § 3 HwO aber auch über das Merkmal der Erheblichkeit bestimmt. Ob es sich um ein Einmann-Unternehmen handelt oder nicht, ist nicht entscheidungsrelevant."Die weiteren Ausführungen des OLG machen nur Sinn, wenn auch Einmann-Unternehmen unerhebliche handwerkliche Nebenbetriebe haben können.
Das "Merkblatt zur Abgrenzung Handwerk/Industrie - hier: Schwarzarbeit oder zulässige gewerbliche Tätigkeit?" der IHK Köln benennt folgende Beispiele für unerhebliche handwerkliche Nebenbetriebe:
"Damit wird deutlich, dass zulassungspflichtige handwerkliche Tätigkeiten auch Unternehmen gestattet sind, die nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind. Eine Schwarzarbeit liegt hier nicht vor, denn das Unternehmen arbeitet legal." - so die IHK Köln.
Dem ist nur hinzuzufügen, dass des Begrenzungs auf 1664 Studnen pro Jahr so nicht im Gesetz enthalten ist. Dort heißt es in § 3 Abs. 2: "Eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 ist unerheblich, wenn sie während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebs des betreffenden Handwerkszweigs nicht übersteigt." Bei Selbstständige liegt die Arbeitszeit in der Regel deutlich über den 8 Stunden pro Tag, die den 1664 Stunden zugrundegelegt sind. Wir gehen also davon aus, dass im unerhelbichen handwerklichen Nebenbetrieb auch mehr als 1664 Stunden pro Jahr gearbeitet werden können.
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
Startseite | Nachrichten | Handwerkspolitik | Presse | Handwerksrecht | Archiv/Suche | Links | Kontakt/Impressum