Parteien und der Meisterzwang, BUH-Stellungnahmen, Argumente gegen den Meisterzwang, Studien zum Meisterzwang
Freiheitliche Handwerkspolitik der FDP?
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Dr. Wolfgang Gerhardt war Anfang 2008
mit dem Beitrag "Für eine freiheitliche Politik nach innen und nach außen"
an die Öffentlichkeit getreten. In dem Beitrag spricht sich Gerhardt für
eine Deregulierung bei Berufsordnungen aus.
Es heißt dort:
Es gibt Politikentwürfe mit dem Ziel die Welt geradezu abzubremsen.
Dazu hat auch die Große Koalition eine fatale Neigung. Politik kann sich aber
nicht vom Management des Status quo erschöpfen. Sie braucht die Kraft zur
Veränderung. Sie muß Chancen ermöglichen und die Menschen befähigen die
Chancen zu nutzen. Das Rad ist vor der Bremse erfunden worden. Nahezu das
glatte Gegenteil zu all dem was die Große Koalition Deutschland jetzt
vorsetzt und vorführt ist notwendig:
- …
- Deregulierung …, bei den Berufsordnungen, …
Dies ist eine sehr allgemeine Forderung, bei der der BUH nachgefragt hat, was Dr. Gerhardt damit meint.
Der Ruf nach Deregulierung von Berufsordnungen ist wohlfeil solange offen
bleibt, was dereguliert werden soll. "Soll der Meisterzwang abgeschafft werden
oder ist der Ruf nach Deregulierung eine bloße Pflichtübung ohne jegliche
Bedeutung im politischen Handeln?" so fragte der BUH am 9.1.2008 Herrn Gerhardt.
Bisher hat die FDP leider keine klare Position zum Meistzwang bezogen.
- Die Jungen Liberalen haben
mehrmals die Abschaffung des Meisterzwangs gefordert.
- Walter Döring (damals Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg)
hatte beim Landesparteitag
der Baden-Württemberger FDP am 5.1.2003 die Abschaffung des Meisterzwangs
gefordert, in dem er sagte: "Ich fordere die Vertreter des Handwerks dazu
auf, sich nicht als Bremser auf dem Weg zur Selbständigkeit zu betätigen,
sondern die Reformvorschläge von Professor Hellwig, dem Vorsitzenden der
Monopolkommission und der Bundesregierung aktiv zu begleiten, um damit
mehr Gründungswilligen den Weg in die Selbständigkeit zu erleichtern und
damit auch mehr Arbeitsplätze zu schaffen." Und weiter: "Wir haben in der
Vergangenheit vielleicht zu wenig Vertrauen in den Wettbewerb gehabt. …
Ja zum Meisterbrief als freiwilliges Zertifikat und als ganz besonderes
Gütesiegel, aber nicht zur Verhinderung zur Schaffung von Arbeitsplätzen".
- Im Gegensatz zu dieser Forderung hat gerade das Wirtschaftsministerium von
Baden-Württemberg in der weiteren Diskussion um den Meisterzwang in 2003 den
Meisterzwang vehement verteidigt.
- Guido Westerwelle äußerte unverbindlich in seiner Positionsschrift
"Für die freie und faire Gesellschaft"
im November 2003: "Es ist unfair, wenn jeder einen Laden aufmachen kann, um
Computer zu reparieren, aber derjenige, der einen Laden aufmacht, um Schuhe
herzustellen, einen Meisterbrief braucht. Fair ist, wenn im Handwerk Regeln
gelten, die Qualität sichern und Selbständigkeit fördern." Ist es nach Ansicht
von Herrn Westerwelle unfair, dass der Schuhmacher einen Meisterbrief brauchte
oder dass zum Computer reparieren kein Meisterbrief gebraucht wird? Wie kommt
Herr Westerwelle darauf, dass man zum Computer reparieren keinen Meisterbrief
braucht? Wurde nicht gerade unter der Federführung von FDP Staatssekretär im
Wirtschaftsministerium Heinrich Kolb 1998 die Computerbranche vom Handwerk
vereinnahmt und (mit Ausnahme der strukturierten Verkabelung) unter den Meisterzwang
gestellt? Viele Computerreparaturen laufen möglicherweise unter dem Begriff
Einbau genormter Baufertigteile und mit einem unerheblichen handwerklichen
Nebenbetrieb oder die Unternehmen werden von den Kammern wegen der Absurdität
nicht belästigt.
- Die Position der FDP in der der Diskussion um die Handwerksnovelle 2003
hat Guido Westerwelle in der FTD vom 21.12.2003 den Titel des Reformbremsers eingebracht.
- Herrn Brüderle wurde 2006 ein
ZDH-Handwerkszeichen in Gold verliehen. ZDH Präsident Kentzler würdigte bei
der Verleihung die "Verdienste" seines Mitstreiters bei der letzten Novellierung
der Handwerksordnung besonders. Herr Brüderle hatte sich intensiv für die Beibehaltung
des Meisterzwangs engagiert und damit hunderttausende von Handwerker um ihre
Berufsfreiheit gebracht.
- Walter Hirche (FDP Wirtschaftsminister von Niedersachsen) hat über den Bundesrat einen
Gesetzentwurf eingebracht, durch den Ordnungsbehörden Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss
beim Verdacht der unerlaubten Handwerksausübung ermöglicht werden sollen
(BT-Drs. 16/521). Dass dies ein Bruch der Verfassung bedeutet, nach der Durchsuchungen
unter einem strengen Richtervorbehalt stehen, ficht Herrn Hirche nicht an. Gerade Niedersachsen
ist dafür bekannt, dass die Mitarbeiter der Ordnungsbehörden an Bußgelder prozentual
beteiligt werden. Nach Durchsuchungen - bisher mit richterlichem Beschluss aber nichts desto
weniger rechtswidrig, wie wir nach 13 in 2007 gewonnen Verfassungsbeschwerden wissen -
werden die Betroffenen vor die Wahl gestellt, entweder ein Bußgeld mit sofortigem
Rechtsmittelverzicht zu akzeptieren oder sich mit einer Kundenbefragung das Unternehmen
zerstören zu lassen. Einen vergleichbaren Fall hat das Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg im Verfahren VfGBbg 87/02 vom 25.10.2002 entschieden. Solche Praktiken
zu verhindern, dass Bußgelder rechtsstaatlich überprüft werden können, das ist
insbesondere in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen weit verbreitet - die FDP
Regierungsbeteiligung lässt grüßen.
In diese Reihe der großen Ankündigungen und des darauf folgenden freiheitsfeindlichen
Handels reihen sich auch die Forderung "Für eine freiheitliche Politik nach innen
und nach außen" von Dr. Wolfgang Gerhardt. Eine Antwort, was Herr Gerhardt bei Berufsordnungen
Deregulieren will, blieb er uns bis heute schuldig.
Weitere Informationen
Bei Anmerkungen und Kritik freut sich der BUH über email, Post oder FAX an die Geschäftsstelle.
BUH e.V.: Artilleriestr. 6, 27283 Verden,
Tel: 04231-9566679, Fax: 04231-9566681,
mail: BUHev-Buro
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