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Monopolkommission zum Meisterzwang 2004

WETTBEWERBSPOLITIK IM SCHATTEN
"NATIONALER CHAMPIONS"

Fünfzehntes Hauptgutachten
der Monopolkommission
gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 GWB
– 2002/2003 –

Aus der Pressemitteilung der Monopolkommission:

Die Monopolkommission begrüßt die durch zwei Ende 2003 verabschiedete Gesetze vorgenommene Novellierung der Handwerksordnung mit der Beschränkung des Meisterzwangs von früher 94 auf nunmehr 41 Handwerke, der Erleichterung des Marktzugangs im meisterpflichtigen Handwerk für Altgesellen und der Erleichterung der selbständigen Ausführung einfacher handwerklicher Tätigkeiten. Sie sieht darin einen wichtigen ersten Schritt zur Liberalisierung des Marktzutritts im Handwerk und bedauert, dass der Einspruch des Bundesrats die von der Bundesregierung zunächst angestrebte weitergehende Liberalisierung verhindert hat. Von der Freigabe sind 90 % der bisherigen Meisterbetriebe nicht betroffen.

Während die Beschränkung der Berufsfreiheit in der Vergangenheit mit dem Gemeinschaftsgut der Qualitätssicherung begründet wurde, stellt der Gesetzgeber nunmehr auf die "Gefahrengeneigtheit" und die "Ausbildungsleistung" ab. Damit wird erneut die Frage nach der verfassungsrechtlichen Reichweite und Zulässigkeit der Beschränkungen aufgeworfen. Die Monopolkommission spricht sich weiterhin für eine gänzliche Abschaffung des Meisterzwangs als Marktzugangsvoraussetzung aus. Eine Sonderstellung des Handwerks ist auch nicht durch eine Gefahrenabwehr stichhaltig zu begründen.

Novellierung der Handwerksordnung

Ein Auszug aus der Kurzfassung

81.* Zur Reform des Handwerksrechts wurden Ende 2003 zwei Gesetze verabschiedet. Kernstück der Neuregelung sind

82.* Als Ziel der Novelle wird in der Begründung des Gesetzentwurfs die Überwindung der Strukturkrise im Handwerk genannt. Den ursprünglichen Gesetzeszweck, das "Interesse an der Erhaltung und Förderung eines gesunden leistungsfähigen Handwerksstandes als Ganzen", hat das Bundesverfassungsgericht als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gesehen und die mit der Handwerksordnung verbundene Einschränkung der Berufsfreiheit in seinem Grundsatzurteil von 1961 als vereinbar mit der Verfassung angesehen. Die Gesetzesbegründung zur Novelle der Handwerksordnung stellt heute allerdings nur noch auf die "Gefahrengeneigtheit" und die Ausbildungsleistung als Zulassungsschranke im Handwerk ab. Damit liegen für eine Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Handwerksordnung nicht mehr die Grundlagen vor, die für das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1961 maßgeblich waren.

83.* Die Monopolkommission sieht nach wie vor die Gefahrengeneigtheit im Handwerk nicht als stichhaltige Begründung für marktregelnde Zulassungsbeschränkungen an. Für Gesellen in gefahrengeneigten Handwerksberufen erscheint eine besondere Zusatzqualifikation nicht erforderlich. Wenn man das geltende Haftungsrecht nicht für ausreichend hält, so ist die Verpflichtung zu regelmäßigen gefahrenspezifischen Aus- und Fortbildungen zielführender als eine einmalig zu absolvierende Meisterprüfung. Auch für die Ausbildungsleistung sind Anforderungen in Form einer Meisterqualifikation unverhältnismäßig.

84.* Die Negativ-Abgrenzung der "wesentlichen Tätigkeiten" als Kriterium für meisterfreies selbständiges Handwerk, die letztlich nur den Ergebnissen der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung trägt, schafft nach Auffassung der Monopolkommission keine rechtliche Klarheit. Die Unbestimmtheit der Rechtsbegriffe macht es dem selbständigen Handwerker im Einzelfall schwierig bis unmöglich, die Rechtmäßigkeit der von ihm im zulassungspflichtigen Handwerk ohne Meisterbrief ausgeführten Arbeiten zu beurteilen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 7. April 2003 den Anspruch eines Gewerbetreibenden auf Klärung von Zweifelsfragen zur rechtlichen Zulässigkeit seiner Tätigkeit bestätigt. Es hat in diesem Zusammenhang das Recht auf effektiven Rechtsschutz betont, da es einem Betroffenen nicht zuzumuten sei, "die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen auf der Anklagebank erheben zu müssen."

Der Bundesverband unabhängiger Handwerkerinnen und Handwerker hatte nach einer Umfrage festgestellt, dass weder die zuständigen Bundes- und Landesministerien noch die zuständigen Ordnungsbehörden Hinweise liefern konnten, die für eine Auflistung "wesentlicher Tätigkeiten", für deren selbständige Ausübung ein Meisterzwang besteht, brauchbar waren.

85.* Die Monopolkommission sieht die Handwerksnovelle 2004 als wichtigen – wenn auch nicht als abschließend anzusehenden – Schritt zur weiteren Liberalisierung des Handwerks. Von der Freigabe von 53 der früher 94 zulassungspflichtigen Handwerke sind 90 % der Betriebe nicht betroffen.

Durch die Umwidmung des Gesetzeszwecks ist die Frage nach der verfassungsrechtlichen Reichweite und Zulässigkeit einer Beschränkung des Berufszugangs im Handwerk wieder offen. Weder die Gefahrengeneigtheit noch die Ausbildungsleistung in verschiedenen Handwerken rechtfertigt nach Auffassung der Monopolkommission eine Marktzugangsbeschränkung.

Die neuen Vorschriften zur Auflockerung des Meisterzwangs enthalten bestimmte Risiken für eine effektive Durchsetzung infolge von Interessenkollisionen. Die Abgrenzung zwischen meisterpflichtigen und zulassungsfreien Tätigkeiten werden in der Regel von den Handwerkskammern vorgenommen. Diese besitzen einerseits die erforderliche Sachkunde, verfügen aber wegen ihres gesetzlichen Auftrags, die Interessen der Kammerangehörigen zu vertreten, nicht über die für die Sache gebotene Neutralität; dies geht zulasten der potentiellen Unternehmensgründer. Die Erleichterung der selbständigen Betriebsführung für Altgesellen ist nur insoweit zu begrüßen, weil sie die Inländerdiskriminierung, für die es weiterhin keine sachliche Rechtfertigung gibt, auch in den Anlage-A-Handwerken abbaut; eine Gleichstellung mit den Voraussetzungen, unter denen sich EU-Bürger in Deutschland als Handwerker selbständig betätigen dürfen, wäre nach Auffassung der Monopolkommission für den Gesetzgeber der richtige Weg gewesen. Dies gilt umso mehr, als das Problem der Inländerdiskriminierung infolge der Osterweiterung der Europäischen Union an Brisanz zunehmen wird. Die Altgesellen- Regelung setzt den Nachweis vorheriger selbständiger Tätigkeit voraus; wenn dieser Nachweis durch eine Bestätigung des früheren Arbeitgebers geführt werden muss, dann entscheidet dieser über einen möglichen künftigen Konkurrenten in der gleichen Branche und eventuell innerhalb der gleichen Region. Nach Auffassung der Monopolkommission sollte der unbestimmte Rechtsbegriff der leitenden Tätigkeit durch objektiv nachprüfbare Kriterien konkretisiert werden, deren Anwendung nicht dem Meister und auch nicht den Handwerksorganisationen überlassen wird.

86.* Die Monopolkommission spricht sich weiterhin für die gänzliche Abschaffung des Meisterzwangs als Voraussetzung für den Marktzugang im Handwerk aus. Sie hatte bereits früher darauf verwiesen, dass die Verhältnisse im Handwerksgewerbe keine wirtschaftliche Sonderstellung und damit auch keine rechtlichen Ausnahmen innerhalb der Gewerbeordnung rechtfertigen. Das gilt gleichermaßen auch im Rahmen der heutigen, veränderten gesetzlichen Begründungen in einigen – weniger gewordenen – Handwerksbereichen. Ausländische Erfahrungen, aber auch der Vergleich von Handwerken mit und ohne Meisterzwang in Deutschland lassen die Begründung für eine Fortsetzung der Regulierung als wenig stichhaltig erscheinen. Die Einführung einer Meisterprüfung auf freiwilliger Basis in den nicht zulassungspflichtigen Handwerken trägt dem Bedürfnis, in der Öffentlichkeit und im handwerklichen Wettbewerb ein Qualitätssignal zu geben, Rechnung und ist daher – übereinstimmend mit früheren Empfehlungen der Monopolkommission – eine wichtige Verbesserung der rechtlichen Rahmen bedingungen für das Handwerk. Die mit der gegenwärtigen Novellierung der Handwerksordnung seitens der Regierungsfraktion verbundene Erwartung, das Handwerksrecht "zukunftsfähig, zukunftssicher und europafest zu machen", könnte um so mehr in Erfüllung gehen, würde man noch stärker auf die Liberalisierung setzen und gänzlich auf eine Regulierung in Form des Meisterzwangs verzichten.

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