Reisegewerbe, Minderhandwerk, Freie Tätigkeiten, Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb, Handwerksähnliche Gewerbe, Zulassungsfreie Gewerbe, Ausnahmebewilligungen, Altgesellenregelung, Meisterprüfung, Probleme mit Behörden?
Der Gerüstbau darf von zahlreichen anderen Berufen ausgeübt werden. Dabei handelt es sich um zulassungspflichtige und zulassungsfreie Handwerke.
Dies ist in dem Übergangsgesetz aus Anlaß des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 25. März 1998 (BGBl. I S. 596), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) geregelt.
Dort heißt es:
§ 1 Abs. 4:
Die wesentliche Tätigkeit Aufstellen von Arbeits- und Schutzgerüsten des Gewerbes Nummer 11 Gerüstbauer der Anlage A zur Handwerksordnung wird auch den Gewerben Nummer 1 Maurer und Betonbauer, Nummer 3 Zimmerer, Nummer 4 Dachdecker, Nummer 5 Straßenbauer, Nummer 6 Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer, Nummer 7 Brunnenbauer, Nummer 8 Steinmetzen und Steinbildhauer, Nummer 9 Stukkateure, Nummer 10 Maler und Lackierer, Nummer 12 Schornsteinfeger, Nummer 13 Metallbauer, Nummer 18 Kälteanlagenbauer, Nummer 23 Klempner, Nummer 24 Installateur und Heizungsbauer, Nummer 25 Elektrotechniker, Nummer 27 Tischler und Nummer 39 Glaser der Anlage A zur Handwerksordnung als wesentliche Tätigkeit zugeordnet. Die wesentliche Tätigkeit Aufstellen von Arbeits- und Schutzgerüsten des Gewerbes Nummer 11 Gerüstbauer der Anlage A zur Handwerksordnung dürfen auch die Gewerbe Nummer 1 Fliesen-, Platten und Mosaikleger, Nummer 2 Betonstein- und Terrazzohersteller, Nummer 3 Estrichleger, Nummer 33 Gebäudereiniger sowie Nummer 53 Schilder- und Lichtreklamehersteller der Anlage B Abschnitt 1 zur Handwerksordnung ausüben, mit der Maßgabe, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 der Handwerksordnung insoweit nicht anzuwenden ist.
Das Gerüstbauhandwerk darf also von insgesamt 19 anderen Berufen ohne Eintragung in die Handwerksrolle für den Gerüstbau ausgeübt werden.
Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber klar gemacht, dass er es nicht als gefahrenträchtig ansieht, wenn andere Handwerker als die Gerüstbauer Gerüste aufstellen.
Aus dem Gesetzestext können wir nicht entnehmen, dass diese 19 Berufe die Gerüste nur für die eigenen Arbeiten aufstellen dürfen. Deswegen gehen wir davon aus, dass jeder, der einen der 19 Berufe angemeldet hat auch für andere Gerüste aufstellen darf. Selbst wenn dies jemand bestreiten würde, so könnte auf alle Fälle der Gerüstbau im Rahmen eines unerheblichen handwerklichen Nebenbetriebs ausgeführt werden.
Unter den Berufen, die ihre Gerüste ohne Eintragung in die Handwerksrolle aufstellen dürfen, gehören auch 4 zulassungsfreie Handwerke. Diese dürfen ohne Meisterbrief ausgeübt werden.
Für die Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufsausübung muss es immer eine Begründung geben.
Mit der Handwerksnovelle 2004 wurde als Regelungszweck für den Meisterzwang der Schutz vor Gefahr für Gesundheit und Leben Dritter festgelegt.
Wenn 19 Berufe ohne den Nachweise von Kenntnissen und Fertigkeiten im Gerüstbau dieses Handwerk ausüben dürfen, kann kaum behauptet werden, dass der Gesetzgeber ernsthaft behauptet, für andere Berufe sei es nicht möglich dieses Handwerk auszuüben ohne diese Gefahren zu umgehen.
Für diese Argumentation spricht auch, dass 1998, als der Gerüstbau in die Anlage A der HwO aufgenommen wurde, die Frage der Gefahrengeneigtheit keine Rolle gespielt hat. Damals wurde mit der hohen Ausbildungsleistung argumentiert, die im Gerüstbau ohne Meisterzwang bestand. Deswegen wurde damals der Gerüstbau aufgenommen.
Wirtschaftspolitisch hat sich nach der Aufnahme des Gerüstbaus in die Anlage A der HwO gezeigt, dass dies dem Betriebsbestand äußerst abträglich war.
Am 27. Juni 2003 sagte der Bundestagsabgeordnete Christian Lange hierzu:
Von 1970 bis 1998 konnte die Zahl der Gerüstbauer in der Anlage B aufgrund des freien Marktzugangs eine ganz besondere Dynamik nehmen und expandieren. Nach der 1998 erfolgten Überführung in die Anlage A schrumpfte die Zahl der Betriebe aufgrund der Marktzugangsregelung, die wir alle gemeinsam hier im Deutschen Bundestag beschlossen haben, innerhalb von vier Jahren von 7.138 auf 4.934, das heißt um 35 Prozent.
Die weitere Argumentation von Herrn Lange, dass wegen der angeblichen Gefahrengeneigtheit des Gerüstbaus dieser für diesen der Meisterzwang gerechtfertigt sei ist absurd wenn gleichzeitig 19 andere Handwerke diese Tätigkeiten ausführen dürfen.
Weder die Abwehr von Gefahren, noch die Ausbildung, noch die Stabilisierung von Betrieben kann als Argument für den Meisterzwang im Gerüstbau vorgebracht werden.
Stichtag | Gerüstbau Betriebe |
Veränderung zum Vorjahr |
Veränderung zum Vorjahr in % |
---|---|---|---|
01.01.1999 | 7138 |
||
01.01.2000 | 6207 |
-931 |
-13,0 |
01.01.2001 | 5651 |
-556 |
-9,0 |
01.01.2002 | 5241 |
-410 |
-7,3 |
31.12.2002 | 4934 |
-307 |
-5,9 |
Stichtag | Sozialversicherungspflichtig beschäftigten Gerüstbauer |
Veränderung zum Vorjahr |
Veränderung zum Vorjahr in % |
---|---|---|---|
01.01.1998 | 18.788 |
|
|
01.01.1999 | 19.504 |
716 |
3,81 |
01.01.2000 | 18.493 |
-1.011 |
-5,18 |
01.01.2001 | 16.978 |
-1.515 |
-8,19 |
Quelle: ZDH und Handwerkskammern, aufbereitet durch den BUH
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